Erneute Genehmigungs-Hängepartie für KWK-Anlagen – EEG-Umlagereduzierung für KWK-Eigenstrom ab 1. Januar 2018 offen

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Am 31. Dezember 2017 läuft die befristete Genehmigung für das EEG-Eigenstromprivileg neuer KWK-Anlagen aus, ohne dass eine Folgeregelung getroffen wurde. Aufgrund der hohen finanziellen Belastung und ungeklärten Rechtsfolgen ist Streit zu befürchten, der nur durch eine schnelle politische Einigung zwischen Kommission und Bundesregierung noch vermieden werden könnte.

 

Trotz Inkrafttreten des KWKG 2016 zum 1. Januar 2016 bestand bis zur beihilferechtlichen Genehmigung im Oktober 2016 Rechtsunsicherheit über die Vollziehbarkeit des Gesetzes, sodass keine ausreichende Investitionssicherheit für die KWK-Branche bestand. Eine ähnliche Hängepartie bahnt sich nun für KWK-Anlagen, die seit dem 1. August 2014 in Betrieb genommen worden sind, für das EEG-Eigenstromprivileg (anteilige Zahlungspflicht der EEG-Umlage in Höhe von nur 40 Prozent) erneut an:


Die EU-Kommission hatte die beihilferechtliche Genehmigung des EEG-Eigenstromprivilegs für KWK-Neuanlagen (§ 61 Abs. 1 EEG 2014) und für KWK-Bestandsanlagen (§ 61 Abs. 3 und Abs. 4 EEG 2014) ausdrücklich bis zum 31. Dezember 2017 befristet (C(2014) 5081 final, Ziffer 5. 2. Spiegelstrich, S. 79). Entsprechend sah § 98 Abs. 1 Nr. 3 EEG 2014 einen jährlichen Monitoringbericht zum Eigenstromprivileg und § 98 Abs. 3 EEG 2014 eine Überprüfung der Bestandsanlagenregelung durch die Bundesregierung bis zum Jahr 2017 mit einem „rechtzeitigen” Vorschlag zur Neugestaltung vor.


§ 61 EEG 2014 ist dann auch bereits mit Wirkung zum 1. Januar 2017 durch eine umfassende Neuregelung ersetzt worden. Dabei wurde die Überprüfungspflicht ersatzlos gestrichen und nur noch für die neue Eigenstrom-Rechtsnachfolgeregelung (§ 61f EEG 2017), die Sonderregelungen für Scheibenkraftwerke und für Anfahrts- und Stillstandsstrom ein ausdrücklicher beihilferechtlicher Genehmigungsvorbehalt aufgenommen (§ 104 Abs. 7 EEG 2017).


Weiterhin ist das EEG 2017 noch vor Inkrafttreten beihilferechtlich genehmigt worden (C(2016) 8789 final vom 20. Dezember 2016). Allerdings umfasste diese Genehmigung nur das neue Ausschreibungsfördersystem des EEG-Änderungsgesetzes, nicht jedoch die erst mit dem KWKG-Änderungsgesetz in das EEG 2017 eingeführte Neuregelungen zum EEG-Eigenstromprivileg. Dem Gesetzestext des EEG 2017 ist im Widerspruch hierzu jedoch kein Hinweis auf die Genehmigungsbedürftigkeit oder fehlende Vollziehbarkeit der Eigenstromregelungen zu entnehmen.


Danach mussten KWK-Anlagenbetreiber bisher davon ausgehen, dass die Bundesregierung mit der Neufassung des EEG 2017 eine europarechtskonforme Anschlussregelung für § 61 Abs. 1, Abs. 3 und 4 EEG 2014 gefunden habe. Vollkommen überraschend hat das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) deshalb Anfang Dezember angekündigt, dass es nach wie vor an einer beihilferechtlichen Genehmigung für sog. „neue” hocheffiziente KWK-Anlagen fehle und nur für die sog. „Bestandsanlagen” nach § 61c EEG 2017 und „älteren Bestandsanlagen” nach § 61d EEG 2017 mit einer beihilferechtlichen Genehmigung der Kommission noch vor Ablauf des 31. Dezember 2017 zu rechnen sei.


Das BMWi strebt jetzt eine differenzierte Neuregelung an, mit der zumindest für einen Teil der KWK-Anlagen die 40-prozentige EEG-Umlage erhalten bleiben soll. Diese Kompromisslösung soll möglichst noch in 2018 genehmigt werden, müsste dann noch durch ein neues Gesetz in nationales Recht umgesetzt werden und soll rückwirkend zum 1. Januar 2018 in Kraft treten.


Das BMWi rät Netzbetreibern nach einer Verbandsmitteilung des Verbands Kommunaler Unternehmen (VKU) unter Verweis auf das beihilferechtliche Vollzugsverbot davon ab, neue KWK-Anlagen nach dem 1. Januar 2018 weiter von 60 Prozent der EEG-Umlage zu entlasten. Das beihilferechtliche Vollzugsverbot des § 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV richtet sich aber ausschließlich an den Mitgliedstaat. Da die EEG-Umlagebefreiung nach §§ 61 EEG 2017 ff. weder auf Grundlage eines Verwaltungsakts, noch durch einen zivilrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Vertrag gewährt wird, ist aber fraglich, ob das beihilferechtliche Vollzugsverbot gegenüber Netzbetreibern und KWK-Anlagenbetreibern unmittelbar wirkt.


Im Zivilrecht ist jedenfalls anerkannt, dass § 134 BGB nicht für Gesetze gilt, sodass auch das gesetzliche Schuldverhältnis des EEG wohl nicht durch das Vollzugsverbot unwirksam wird. Solange § 61b Nr. 2 EEG 2017 nicht aufgehoben wird, sind Netzbetreiber unseres Erachtens deshalb grundsätzlich verpflichtet, das Gesetz anzuwenden, d.h. (wie bisher) nur die verringerte EEG-Umlage von KWK-Anlagenbetreibern geltend zu machen. Zwar besteht in Bezug auf die Änderung von gesetzlichen Privilegierungen für die Zukunft nur eingeschränkter Vertrauensschutz, auch wenn hierdurch die Grundlagen einer Investitionsentscheidung erschüttert werden (sog. „unechte Rückwirkung”). Für eine rückwirkende Änderung zum 1. Januar 2018 läge jedoch ein Fall sog. „echter Rückwirkung” vor, sodass eine rückwirkende EEG-Umlagebelastung hohe verfassungsrechtliche Anforderungen überwinden müsste.


2018 wird deshalb ein spannendes Jahr: Netzbetreiber, die die volle EEG-Umlage einfordern, müssen sich auf Zahlungsverweigerungen der KWK-Anlagenbetreiber und Feststellungsklagen einstellen. Zwar könnte der Netzbetreiber die EEG-Umlageforderungen mit KWK-Zuschlagsforderungen des KWK-Anlagebetreibers eventuell aufrechnen (§ 61i Abs. 5 EEG 2017 analog). Dann werden KWK-Anlagenbetreiber aber erst Recht Zahlungsklage erheben.


Erhebt der Netzbetreiber nicht die volle EEG-Umlage, setzt er sich seinerseits dem Risiko einer Geltendmachung der vollen EEG-Umlage durch den Übertragungsnetzbetreiber aus (§ 61j Abs. 2 EEG 2017). Insbesondere bei Netzbetreibern, die gleichzeitig KWK-Anlagenbetreiber sind, könnte die Konfliktlinie deshalb auch zwischen Verteilnetzbetreiber und Übertragungsnetzbetreiber verlaufen.


Schließlich ist es fraglich, ob und wie das BMWi Netzbetreiber, die die volle EEG-Umlage nicht einfordern, zu einer beihilferechtskonformen Aussetzung des § 61b Nr. 2 EEG 2017 zwingen kann. Eine kurzfristige Aufhebung oder Vollzugsaussetzung des § 61 Nr. 2 EEG 2017 durch ein Gesetz dürfte in der Sondersituation einer fehlenden Regierungsbildung unabhängig von den zeitlichen Anforderungen für die Durchführung eines Gesetzgebungsverfahrens unwahrscheinlich sein. Anderseits könnte das sonst wahrscheinliche Vertragsverletzungsverfahren der Kommission die Bundesregierung motivieren, alle noch irgendwie rechtlich vertretbaren Möglichkeiten zur Durchsetzung des beihilferechtlichen Vollzugsverbots anzuwenden – danach werden auch hier wohl nur die Gerichte Klarheit über den richtigen Weg schaffen können.


Insbesondere KWK-Anlagenbetreiber, deren Wirtschaftlichkeit durch den Wegfall der anteiligen EEG-Umlagereduzierung nicht mehr gegeben ist, sind gut beraten, über ihre Verbände auf eine Einbeziehung ihrer Anlagen in eine Kompromisslösung hinzuwirken. Dabei werden politische Lösungen häufig auch erst durch breit aufgestellte rechtliche Gegenwehr möglich, sodass wir uns (nicht nur als Prozessvertreter der KWK-Branche) eine geschlossene Zahlungsverweigerungshaltung und viele KWK-Klagen für 2018 wünschen.

 

Allen (Energierechts-)Widrigkeiten zum Trotz wünschen wir Ihnen und Ihren Familien frohe Weihnachten und viel Erfolg im neuen Jahr 2018!

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Joachim Held

Rechtsanwalt, Mag. rer. publ.

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