Erweiterte strafrechtliche Verantwortlichkeit juristischer Personen

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  • Juristische Personen in der Tschechischen Republik, also auch Handelsgesellschaften, trifft ab der zweiten Jahreshälfte 2015 möglicherweise eine erweiterte strafrechtliche Verantwortlichkeit. Dies sieht ein Entwurf des Justizministeriums der Tschechischen Republik vor, der von der Regierung am 27.08.2014 beschlossen wurde und der das Gesetz Nr. 418/2011 Slg. über die strafrechtliche Verantwortung juristischer Personen (nachfolgend nur „GStVjP”) novellieren soll.
Falls dieser Gesetzentwurf verabschiedet wird, wird der zentrale § 7 GStVjP bereits keine abschließende Aufzählung von Straftaten mehr enthalten, für die eine juristische Person verfolgt und verurteilt werden kann, sondern es wird eine hiervon völlig abweichende Konzeption gewählt. Eine juristische Person soll dann grundsätzlich alle Straftatbestände gemäß dem besonderen Teil des Strafgesetzbuches erfüllen können, mit Ausnahme derer, die in dieser Bestimmung § 7 GStVjP abschließend aufgeführt sind.
 
Dieses Änderungsgesetz lässt sich auch als Reaktion auf die Methylalkohol-Affäre und fehlende Straftatbestände in der Aufzählung des § 7 GStVjP verstehen, für die eine juristische Person bislang nicht belangt werden konnte (in erster Linie Untreue). Nicht nur natürliche Personen, sondern auch juristische Personen haben künftig die Pflicht bestimmte Straftaten zu vereiteln und anzuzeigen, anderenfalls begehen sie selbst eine Straftat. Handelsgesellschaften und Genossenschaften werden auch für Straftaten gegen Leib und Leben zur Verantwortung gezogen werden können. Dies betrifft in der Praxis vor allem Unternehmen im Gesundheitssektor oder Logistikunternehmen bei Verkehrsunfällen, Havarien oder Arbeitsunfällen, bei denen ein Straftatbestand erfüllt wird.
 
Einer juristischen Person kann grundsätzlich alles zugerechnet werden: Handeln, Entscheidungen, Unterlassen von Organen oder leitenden Angestellten oder Aufsicht (sog. faktische Führungskräfte), oder Arbeitnehmern oder Personen in ähnlichen Positionen. 
 
Die Ausweitung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit juristischer Personen wird u.a. auch einen Einfluss auf gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen haben, insbesondere im Rahmen z.B. von Umwandlungen. Bei einem Unternehmenskauf geht künftig der Käufer ein höheres Risiko ein, da die strafrechtliche Verantwortlichkeit einer juristischen Person von Gesetz wegen auf alle ihre Rechtsnachfolger übergeht. Der Käufer eines Unternehmens weiß häufig nicht, dass er die strafrechtliche Verantwortlichkeit mit kaufen kann, da diese auf den übernehmenden Rechtsträger ohne Rücksicht darauf übergeht, ob dieser von der strafrechtlichen Verantwortung wusste oder wissen konnte.
 
Abschließend ist zu betonen, dass das Thema der strafrechtlichen Verantwortlichkeit juristischer Personen eine ganze Reihe ungeklärter Fragen mit sich bringt, zum Beispiel, ob das GStVjP nicht nur noch ein weiteres Instrument im Rahmen eines unlautereren Wettbewerbs wird – neben schikanösen Insolvenzanträgen. Darüber hinaus steht zu erwarten, dass durch die Erweiterung des Katalogs von Straftaten sowohl die Zahl der Strafverfahren gegen juristische Personen als auch die Überlastung der Strafkammern und die Verfahrensdauer zunehmen wird. 

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JUDr. Thomas Britz

Attorney at Law (Tschechische Rep.)

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