OLG Rostock zur Vergabe zusammenfassender Fachlose

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​​​​​​veröffentlicht am 2. Juni 2025


Der öffentliche Auftraggeber muss sich mit dem grundsätzlichen Gebot der Fachlosvergabe einerseits und den im konkreten Fall dagegensprechenden Gründen auseinandersetzen und sodann eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Belange treffen, als deren Ergebnis die für eine zusammenfassende Vergabe sprechenden technischen und wirtschaftlichen Gründe überwiegen müssen (Oberlandesgericht Rostock, Beschluss vom 18. Juli 2024 – 17 Verg 1/24).

  • Bei der Prognose der Vor- und Nachteile der Losvergabe, deren Gewichtung und der Abwägung steht dem öffentlichen Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zu. Die Entscheidung der Vergabestelle über die Gesamtvergabe ist deshalb nur dahingehend justiziabel, ob sie auf vollständiger und zutreffender Sachverhaltsermittlung und nicht auf einer Fehlbeurteilung beruht, namentlich auf Willkür. 
  • Mehrere Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern (§ 97 Abs. 4 Satz 3 GWB). Darunter sind solche zu verstehen, die eine Integration aller Leistungsschritte in einer Hand zur Erreichung des vom öffentlichen Auftraggeber angestrebten Qualitätsniveaus notwendig machen. Das ist etwa der Fall, wenn für ein Bauwerk spezifische Bauteile oder eine besondere Abstimmung der Errichtungsschritte aufeinander erforderlich sind, die bereits während des Erstellungsprozesses besondere Maßnahmen aus einer Hand erfordern (Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 27.11.2008 – Verg W 15/08).
  • Dabei sind technische Gründe alle Aspekte, die zu einem vom öffentlichen Auftraggeber vorgegebenen Leistungsprofil in einem unauflöslichen Zusammenhang stehen. Sie liegen vor, wenn bei getrennten Ausschreibungen das nicht durch die inhaltliche Gestaltung der Vergabeunterlagen vermeidbare Risiko besteht, dass der öffentliche Auftraggeber Teilleistungen erhält, die zwar jeweils ausschreibungskonform sind, aber nicht zusammenpassen und deshalb in ihrer Gesamtheit nicht geeignet sind, den Beschaffungsbedarf in der angestrebten Qualität zu befriedigen (OLG Koblenz, Beschl. v. 4.4.2012 – 1 Verg 2/11). Dies kann auch bei komplexen, miteinander verflochtenen Dienstleistungen der Fall sein oder wenn die Aufteilung in Fachlose unverhältnismäßige Kostennachteile mit sich bringen oder zu einer starken Verzögerung des Vorhabens führen würde.
  • Wirtschaftliche Gründe liegen vor, wenn eine Aufteilung in Lose mit wirtschaftlich nachteiligen Folgen für den öffentlichen Auftraggeber verbunden ist, die über das übliche in Kauf zu nehmende Maß hinausgehen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.8.2024 – Verg 7/24). Wirtschaftliche Gründe können auch darin liegen, dass es sich um ein eilbedürftiges Vorhaben wie z. B. die Fertigstellung eines Bauabschnitts einer vielbefahrenen Autobahn handelt. Weil es sich um auftragsbezogene Besonderheiten handelt, kann die mit einer Gesamtvergabe verbundene Straffung und Beschleunigung der Abläufe das Vorliegen von § 97 Abs. 4 Satz 3 GWB begründen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.3.2020 – Verg 10/20: Verzögerung um mehrere Jahre und Folgekosten in Millionenhöhe). 
  • Der mit einer Losvergabe allgemein verbundene Ausschreibungs-, Prüfungs- und Koordinierungsmehraufwand sowie die Vermeidung von Gewährleistungsschnittstellen können eine Gesamtvergabe für sich allein nicht rechtfertigen. Es handelt sich dabei um einen Losvergaben immanenten und damit typischerweise verbundenen Mehraufwand, der nach dem Gesetzeszweck in Kauf zu nehmen ist (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.8.2024 – Verg 7/24).


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23. Nürnberger Vergabere​c​htstag​ am 4. Dezember 2025​

AUSZEICHNUNGEN

  • ​JUVE Handbuch 2024/2025 – Verkehrssektor/Vergaberecht (F. Weber)
  • Best Lawyers Germany 2024 „Public Law“ (H. Schröder)​
  • Handelsblatt „Die besten Anwälte des Jahres 2024 – Öffentliches Wirtschaftsrecht“ (H. Schröder)
  • 2./3./5. Preisträger Deutsches Vergabenetzwerk (DVNW) Award 2019/2015/2020 (H. Schröder)
  • WirtschaftsWoche-Topkanzleien 2018 Vergaberecht (H. Schröder)​

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