Gemeinsame Verrechnungspreisdokumentation versus ungarische Vorschriften

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veröffentlicht am 20. Juni 2017

 

Der mittlerweile bereits seit mehr als 10 Jahren bestehende, vom Rat der Europäischen Union verabschiedete „Verhaltenskodex zur Verrechnungspreisdokumentation für verbundene Unternehmen in der Europäischen Union” wird kontinuierlich an die aktuellen Entwicklungen und Bedürfnisse angepasst. Die EU-Dokumentation besteht demnach aus zwei Hauptteilen:
  • dem sog. „Masterfile”, welches die einheitlichen und standardisierten Informationen für alle in der Europäischen Union ansässigen Konzerngesellschaften beinhaltet, sowie
  • den „landesspezifischen Dokumentationen”, welche die Informationen zu den einzelnen Geschäftsbeziehungen und Märkten beinhalten.

 

Ziel des Verhaltenskodexes war es, den Konzernen die Erstellung einer Gesamtdokumentation für alle in der EU ansässigen Konzerngesellschaften mit allgemeingültigen Informationen über den Konzern zu ermöglichen, sowie auch eine EU-weit standardisierte Dokumentation für die einzelnen Länder zu erstellen, welche die spezifischen Informationen zu den konkreten Geschäftsbeziehungen und dem Marktumfeld beinhaltet.


Die Umsetzung des Verhaltenskodex erfolgte zwar durch die Mitgliedsstaaten, allerdings können sich auch weiterhin erhebliche Unterschiede bezüglich der länderspezifischen Anforderungen an die Verrechnungspreisdokumentationen ergeben, von denen wir einige wesentliche anhand der ungarischen Bestimmungen darstellen.


Die derzeitigen Anforderungen an eine Verrechnungspreisdokumentation in Ungarn werden insbesondere in der Verordnung des Finanzministeriums Nr. 22/2009 (nachfolgend: VO)geregelt. In dieser wurde auch die Möglichkeit der Erstellung einer gemeinsamen Dokumentation, bestehend aus einem „Masterfile” und einem sog. „spezifischen File” aufgenommen. Auch ist die Anfertigung der Dokumentationen in einer Fremdsprache möglich (bevorzugt englisch, deutsch, französisch), allerdings können die Behörden in diesen Fällen u.U. eine Übersetzung anfordern.


In den zahlreichen von uns begutachteten und überarbeiteten „gemeinsamen Dokumentationen”, welche in der Regel von den Konzernobergesellschaften im Ausland erstellt wurden, können u.a. folgende häufige Mängel im Verhältnis zu den ungarischen Anforderungen festgestellt werden:
  • Laut § 3 Abs. 1 VO ist je Geschäftsvorfall eine gesonderte Dokumentation zu erstellen. Eine gemeinsame Behandlung ist nur bei Geschäftsvorfällen möglich, die den gleichen Sachverhalt haben, oder die miteinander in unmittelbarer Verbindung stehen.
  • Gemäß § 18 Abs. 5 des Körperschaftsteuergesetzes ist die Verrechnungspreisdokumentation spätestens zum Zeitpunkt der Einreichung der jährlichen Steuererklärung zu erstellen (Begründung des Gesetzgebers: um die Berücksichtigung eventueller Auswirkungen auf die Steuerbemessungsgrundlage sicherzustellen). Eine nachträglich, ggf. für mehrere Jahre erstellte Dokumentation reicht nicht aus.
  •  Laut § 5 Abs. 1 (a) VO sind in der landesspezifischen Dokumentation neben den Namen und dem Sitz der involvierten Gesellschaften die jeweilige Steuernummer, bzw. Handelsregister-nummer und die Bezeichnung des zuständigen Registergerichtes anzugeben.
  • Laut § 5 Abs. 1 (c) sind Angaben zu der Vertragsausgestaltung zu machen (u.a. Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und Dauer, Vertragsänderungen, Darstellung der Transaktionen, Geschäftsvolumen, Lieferbedingungen, Haftungs-verhältnisse), d.h., die Aussage, „es wurde mündlich ein Vertrag geschlossen” reicht nicht aus.
  • Darüber hinaus ist die Nutzung/Erstellung von gemeinsamen Dokumentationen in der jährlichen Steuererklärung anzugeben. Erfolgt dies nicht, sind eigenständige Dokumente zu erstellen.

 

Aus der Auflistung wird ersichtlich, dass sich auch nach Umsetzung des EU-Verhaltenskodex in den einzelnen Mitgliedsländern erhebliche Unterschiede bezüglich der Ausgestaltung und der Fristen für die Erstellung der Dokumentationen ergeben können. Insbesondere die ungarische Fristsetzung zur Erstellung der Dokumentation und die Anforderung an gesonderte Dokumentationen je Geschäftsvorfall und Geschäftsjahr dürften im Verhältnis zu vielen anderen Ländern strenger sein. Bei länderübergreifenden Aktivitäten von Konzernen sollte somit eine rechtzeitige Abstimmung über die landesspezifischen Anforderungen erfolgen.

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