Revision der Europäischen Kommunalabwasserrichtlinie – Verabschiedung im Frühjahr 2024 geplant

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​veröffentlicht am 27. Oktober 2023


Kommunales Abwasser, das nicht ordnungsgemäß gesammelt und behandelt wird, ist eine der Hauptquellen für die Wasserverschmutzung. Die derzeit geltende Europäische Kommunalabwasser-Richtlinie 91/271/EWG ist jedoch mehr als 30 Jahre alt. Ziel der Richtlinie ist es, die Umwelt vor schädlichen Einwirkungen durch nicht ausreichend gereinigtes kommunales Abwasser zu schützen. Um dies zu erreichen, stellt die Richtlinie Anforderungen an die Mitgliedstaaten für das Sammeln und Reinigen von Abwasser aus Siedlungsgebieten einer bestimmten Größe. Seit ihrer Verabschiedung hat sich die Qualität der Flüsse, Seen und Meere in Europa erheblich verbessert. In den Mitgliedstaaten wurden mithilfe von EU-Mitteln Kanalisationen und Kläranlagen gebaut. Die Richtlinie wird in der gesamten EU in hohem Maße eingehalten.1


Der EU-Umweltausschuss hat sich nun mit der Überarbeitung der Kommunalabwasserrichtlinie beschäftigt, deren Neufassung im Frühjahr 2024 verabschiedet werden soll. Die Revision der Vorschrift für die Behandlung von kommunalem Abwasser zielt darauf ab, die Gesundheit der Europäerinnen und Europäer sowie die Umwelt noch besser zu schützen. Im Mittelpunkt der Überarbeitung stehen dabei folgende Themen:

 

  • Energieneutralität des Abwassersektors

Um sicherzustellen, dass der Abwassersektor nicht nur die Wasserqualität verbessert, sondern sich auch in Richtung Klimaneutralität und Kreislauforientierung bewegt, wird mit der Überarbeitung auf Ebene der Mitgliedstaaten ein verbindliches Ziel für die Energieneutralität des gesamten Sektors festgelegt. Dies bedeutet, dass kommunale Kläranlagen ihren Energieverbrauch deutlich senken und Energie aus erneuerbaren Quellen erzeugen oder zukaufen müssen (z. B. Erzeugung von Solar- und Windenergie und insbesondere Biogaserzeugung).

 

  • Verpflichtung der Industrie zur Behandlung giftiger Mikroschadstoffe (Verursacherprinzip)

Die Hersteller von Arzneimitteln und Kosmetika werden verpflichtet sein, die Kosten für die Entfernung von Mikroschadstoffen, die aus ihren Produkten stammen und in das Abwasser gelangen, zu tragen und damit das Verursacherprinzip umzusetzen. Für beide Sektoren gibt es ausreichende Belege für das Vorhandensein von Mikroschadstoffen im Abwasser, die aus diesen Produkten stammen. Zudem existieren Behandlungen zur Beseitigung ihrer schädlichen Rückstände. Die EU-Umweltminister fordern, dass die Hersteller von Arzneimitteln und Kosmetika in Zukunft 100 Prozent der Kosten für die Entfernung von Mikroschadstoffen aus dem Abwasser tragen sollen.

 

  • Verbesserung des Zugangs zur Sanitärversorgung

Ein Schlüsselelement des Vorschlags besteht in der Verbesserung des Zugangs zur Sanitärversorgung, insbesondere für schutzbedürftige und marginalisierte Personen in der gesamten EU. Zu diesem Zweck sollten die Mitgliedstaaten die Schaffung von sanitären Einrichtungen in öffentlichen Räumen und für die am stärksten betroffenen Personen in Betracht ziehen, die diesen Personen kostenfrei oder kostengünstig zur Verfügung gestellt würden.

 

  • Verpflichtung zur Überwachung der Gesundheitsparameter im Abwasser

Die jüngsten Erfahrungen mit dem SARS-CoV-2-Virus haben gezeigt, dass seine Verbreitung im Abwasser mit hoher Zuverlässigkeit nachverfolgt werden kann, wodurch wertvolle Informationen für den Umgang mit Pandemien oder anderen Bedrohungen der öffentlichen Gesundheit gewonnen werden können. Die überarbeitete Richtlinie sieht vor, die EU-Länder dazu zu verpflichten, im kommunalen Abwasser Gesundheitsparameter in Bezug auf das SARS-CoV-2-Virus und seine Varianten, aber auch in Bezug auf das Poliovirus und Grippeviren, neue Krankheitserreger, zunehmend besorgniserregende Schadstoffe und andere Parameter der öffentlichen Gesundheit zu überwachen, die von den zuständigen nationalen Behörden als relevant erachtet werden.

 

 

Für die zwei großen Verbände im Bereich Abwasser, VKU und BDEW, ist der neue EU-Ansatz eine längst überfällige Maßnahme, um die Verursacher der Gewässerbelastungen in die Pflicht zu nehmen und auftretende Schadstoffe frühzeitig zu minimieren. Die Hoffnung ist groß, dass die neue Richtlinie dafür sorgen wird, dass die Hersteller in Zukunft auf weniger belastende Produkte setzen werden.

 

Es bleibt jedoch zu prüfen, auf welche Anlagen die Umsetzung der Herstellerverantwortung zutrifft, denn die notwendige neue Technik wird hohe Investitionskosten mit sich bringen, ebenso wie das Ziel der Klimaneutralität.

 

Die EU-Umweltminister haben damit die allgemeine Ausrichtung zur Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser vorgenommen. Nachdem das Europäische Parlament Anfang Oktober seine Position festgelegt hat, können nun die Trilog-Verhandlungen zwischen den beiden Institutionen beginnen. Diese sind Anfang 2024 angesetzt. Eine Verabschiedung der neuen Richtline ist bis April/Mai 2024 geplant.2

 

Es bleibt also spannend, wie die finale Kommunalabwasserrichtlinie aussehen wird. Sicher ist, dass sich in Zukunft einiges ändern wird und der Umweltgedanke eine weitaus größere Rolle spielen wird als in der Vergangenheit.

 

 


 



Quelle:

1 Europäische Kommission 2022: Fragen und Antworten zu den neuen EU-Vorschriften für die Behandlung von kommunalem Abwasser, Brüssel, 26. Oktober 2022, Neue EU-Vorschriften für die Behandlung von kommunalem Abwasser (europa.eu), zuletzt aufgerufen am 25. Oktober 2023:

 2 Vgl.: Kommunalabwasserrichtlinie: Hersteller sollen 100 Prozent der Kosten tragen (ZfK) vom 17.10.2023: Kommunalabwasserrichtlinie: Hersteller sollen 100 Prozent der Kosten tragen: Zeitung für kommunale Wirtschaft (zfk.de)

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