Stadt Kassel muss zu Unrecht erhobene Wassergebühren zurückzahlen

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​veröffentlicht am 26. Januar 2024

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat Ende November 2023 entschieden, dass die Erhebung von Wassergebühren auf der Grundlage der Wasserversorgungssatzung der Stadt Kassel aus dem Jahr 2012 rechtswidrig ist. Mehrere Bürger hatten gegen die Erhebung von Wassergebühren auf der Grundlage der Satzung aus dem Jahr 2012 geklagt. Der für das Abgabenrecht zuständige 5. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs hat nunmehr die Rechtswidrigkeit der, auf der Grundlage der Wasserversorgungssatzung aus dem Jahr 2012 erhobenen, Wassergebühren festgestellt.1

Ausgangspunkt des Rechtsstreits war eine von der Stadt Kassel vorgenommene Rekommunalisierungsgestaltung und die Frage, ob die mit dem Pacht- und Dienstleistungsentgelt mitgezahlte Konzessionsabgabe beim Eigenbetrieb in die Gebührenkalkulation eingestellt werden darf oder nicht. Hierzu hatten wir in den Jahren 2019 und 2021 berichtet (HessVGH Kassel: Rekommunalisierungs-Eigenbetrieb darf in Pacht- und Dienstleistungsentgelt enthaltene Konzessionsabgabe nicht auf Gebühren umlegen bzw. BVerwG hebt Urteil des HessVGH vom 11.12.2018 zu Wassergebühren in Kassel auf – Frage der Gebührenfähigkeit der durch den Rekommunalisierungs-Eigenbetrieb gezahlten Konzessionsabgaben wieder offen).

Mit seinem Urteil vom 23.03.2021 (9 C 4.20) hat das Bundesverwaltungsgericht bestätigt, dass die Konzessionsabgabe im Rahmen des vom Eigenbetrieb an die Städtische Werke Netz und Service GmbH geleisteten Pacht- und Dienstleistungsentgelts preisrechtlich zulässig ist. Die letzte Entscheidung zu der Frage, ob die mit dem Pacht- und Dienstleistungsentgelt mitgezahlte Konzessionsabgabe beim Eigenbetrieb in die Gebührenkalkulation eingestellt werden darf, wurde allerdings nicht getroffen. Die Sache wurde 2021 zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
In seiner mündlichen Urteilsbegründung hat der 5. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs am 30. November 2023 Folgendes ausgeführt: Der Ansatz der Konzessionsabgabe unter Berücksichtigung der insoweit bindenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts war zwar aus preisrechtlichen Gründen nicht zu verneinen. Die von der Stadt vereinnahmte Konzessionsabgabe hätte jedoch auch auf der Einnahmenseite gebührenmindernd berücksichtigt werden müssen. Es sei insoweit eine gesamtwirtschaftliche Betrachtungsweise hinsichtlich der, bei der Stadt im Zusammenhang mit der Wasserversorgung stehenden Einnahmen und Ausgaben geboten.2

Da seitens der Stadt Kassel die Einnahmen der Konzessionsabgabe bei der Gebührenkalkulation nicht gebührenmindernd in Ansatz gebracht wurden, ist in diesem Zusammenhang ein erheblicher Fehler aufgetreten, der zu einer Kostenüberschreitung und zur Unwirksamkeit der Wasserversorgungssatzung führt.
Die Stadt Kassel lässt das aktuelle Urteil von Juristen prüfen. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat eine Revision nicht zugelassen. Der Kommune steht jedoch offen, gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht zu erheben.

Sollte das Urteil rechtskräftig werden, müssen die zu Unrecht erhobenen Wassergebühren an die Bürgerinnen und Bürger zurückgezahlt werden. Die Stadt Kassel darf die Gebühren nicht rückwirkend durch eine Nachkalkulation rechtfertigen, wie der Senat in seinem schriftlichen Urteil ausführt.3

Die Höhe der zu erwartenden Rückzahlung für jeden Haushalt hängt von dem jeweiligen Verbrauch und den gezahlten Grundgebühren ab. Wenn das Urteil rechtskräftig wird, müssten Mieter ihre Ansprüche bei ihrem Vermieter geltend machen. Weil die vom Gericht festgestellte Überhöhung der Gebühren für alle Bescheide bis zum Jahr 2017 Auswirkung hätte, müssten viele Mieter – wenn sie in diesem Zeitraum umgezogen sind – ihre Ansprüche vermutlich auch bei früheren Vermietern anmelden.4

Ein rechtskräftiges Urteil hätte für die Stadt Kassel noch weitere Folgen: Sie müsste die Trinkwassergebühren zeitnah neu kalkulieren, ohne den Aufschlag einer Konzessionsabgabe.


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Quelle:

1 Vgl. Wassergebührenbescheide der Stadt Kassel sind rechtswidrig | Verwaltungsgerichtsbarkeit (hessen.de), zuletzt aufgerufen am 23.01.2024
2 Vgl. Wassergebührenbescheide der Stadt Kassel sind rechtswidrig | Verwaltungsgerichtsbarkeit (hessen.de), zuletzt aufgerufen am 23.01.2024
3 Vgl. Wassergebührenbescheide der Stadt Kassel sind rechtswidrig | Verwaltungsgerichtsbarkeit (hessen.de), zuletzt aufgerufen am 23.01.2024
4 Vgl. Wassergebührenbescheide der Stadt Kassel sind rechtswidrig | Verwaltungsgerichtsbarkeit (hessen.de), zuletzt aufgerufen am 23.01.2024

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