Elektronisches Archiv: Voraussetzung für digitale Prozesse – Hebel für Arbeitszeiteinsparung

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veröffentlicht am 20. März 2019 

 

Der wirtschaftliche Nutzen eines elektronischen Archivs wird meist unterschätzt. Dabei besteht allein in der Einkaufsfunktion für eine mittlere Pflegeeinrichtung leicht ein Potenzial von etwa einer Vollzeitkraft. In heterogenen Systemlandschaften liegt im elektronischen Archiv zugleich die Keimzelle für eine wirksame Vernetzung der unterschiedlichen Systeme.

 

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Die Gesundheitswirtschaft ist mit einem Gesamtvolumen von ca. 374 Mrd. Euro einer der größten deutschen Wirtschaftszweige. Gleichzeitig ist unstrittig, dass die vorhandenen Möglichkeiten zur Nutzung der Digitalisier­ung ausgeschöpft werden. Eine Studie der Bertelsmann Stiftung kommt aktuell zu dem Ergebnis, dass Deutsch­land unter 17 verglichenen Staaten mit der Digitalisierung seines Gesundheitssektors auf dem vorletzten Platz landet. Viele Sozialunternehmen, Pflegeeinrichtungen, Pflegedienste, Krankenhäuser und Arztpraxen werden für ihr eigenes Unternehmen bei ehrlicher Betrachtung zu einem ähnlich nüchternen Befund kommen.

 

In den Medien werden mit dem Thema „Digitalisierung der Gesundheitswirtschaft” meist mehr oder minder spektakuläre Themen in Verbindung gebracht – von Robotik in der Pflege über Wearables, Virtual Reality bis hin zur digitalen Patientenakte. Nach den langjährigen und umfassenden Erfahrungen von Rödl & Partner in der Gesundheitswirtschaft zu urteilen, liegen die dringendsten Defizite allerdings in ganz alltäglichen Funktionen. Solange für die hunderttausendfach ausgeführten Kernprozesse, für das „Brot- und Buttergeschäft” des Sozialunternehmens, die Möglichkeiten der Digitalisierung nicht annähernd genutzt werden, stellt sich die Frage nach der Nutzung weiterführender Technologien kaum ernsthaft.

 

Dabei kommt dem Archiv, einer ganz unspektakulären Funktion also, unvermutet eine Schlüsselfunktion zu. Denn das in einem Archiv aufbewahrte und von dort aus abgerufene Dokument wird regelmäßig in einer Vielzahl unterschiedlicher Prozesse, von den unterschiedlichsten Unternehmensfunktionen und zu den unter­schiedlichsten Zeitpunkten benötigt. Daher liegt es nahe, bei der Ermittlung der Nutzenpotenziale einer Digi­talisierungsstrategie bei dieser Schlüsselfunktion des elektronischen Archivs anzusetzen.

 

Funktionen Pflegeeinrichtung

Abbildung 1: Beispielhafte Funktionen einer Pflegeeinrichtung


Nutzen am Beispiel eines Beschaffungsvorganges

Am Beispiel eines alltäglichen Beschaffungsvorgangs in einer Pflegeeinrichtung lässt sich diese Schlüssel­funktion unmittelbar nachvollziehen. Oft erfolgt im Zusammenhang mit der Pflegeplanung auch die Bevorrat­ung der Pflegeverbrauchsmittel. Bei Unterschreiten von Mindestvorräten erfolgt eine Nachbestellung, entweder direkt beim Lieferanten oder über eine zentralisierte Einkaufsabteilung mithilfe einer Beschaffungsanforderung. Bei Wareneingang wird dieser im Fibu-System verbucht. Auf dem Lieferschein vermerkt die Pflegedienstleitung das Ergebnis der Wareneingangsprüfung sowie die Kostenstellenzuordnung und/oder Kontierung. Bei dem späteren Rechnungseingang vergleicht die Beschaffung die Rechnungsangaben mit dem Lieferschein und den darauf angebrachten Vermerken, vermerkt die Informationen auf der Rechnung und nimmt den Eintrag für den Zahlungslauf vor. Bei der Ausführung des Zahlungslaufes sowie bei der Zahlungsfreigabe wird durch Finanz­buch­haltung und durch die Geschäftsführung bei Bedarf nochmals Einsicht in die Belege genommen, ebenso nach Durchführung des Zahllaufs zur Verbuchung sowie ggf. später, z.B. bei der Abschlussprüfung oder der Belegprüfung.

 

Bei einem herkömmlichen, also papiergebundenen Archiv, ist mit jeder dieser Bearbeitungen und Einsicht­nahmen ein Zeitaufwand dafür verbunden, den Beleg aufzufinden, ihn für diesen Prozessschritt nutzbar zu machen (also beispielsweise ihn der Zahlungsfreigabeliste in der Unterschriftenmappe beizufügen) und ihn anschließend wieder in der dafür vorgesehenen Ablage zu verwahren. Hinzu kommt das Risiko von Fehlablage, Belegverlusten durch Versehen, Unordnung auf Schreibtischen usw.. In der Folge verursacht der Papierbeleg außerdem mittelbare, verborgene Aufwände in der Archivierung.

 

Zeitersparnis entspricht der Arbeitszeit einer Vollzeitkraft

Sofern die jeweils originär genutzten Systeme (Pflegeplanung, Warenwirtschaft, ERP/Fibu, Controlling usw.) an ein zentrales Dokumentenarchiv angebunden sind, reduzieren sich die mit der Belegnutzung verbundenen Zeiten drastisch. Die Analyse konkreter Beispielfälle zeigt, dass die gesamte Arbeitszeit­ersparnis für einen Beleg allein in dem geschilderten Beschaffungsprozess bei Umstellung auf ein digitales Archiv über 20 Minuten beträgt. Im Fall besonderer Schwierigkeiten, beispielsweise fehlender Kosten­stellen­zuordnung auf dem Beleg, erhöht sich dieser Wert sogar noch. Da sich diese Zeiten allerdings auf zahlreiche Prozessschritte und unter­schiedliche Beteiligte verteilen, fällt es aus dem Alltag heraus oft schwer, die Dimension wahrzunehmen. Schon bei einer mittleren vierstelligen Anzahl von Beschaffungsvorgängen pro Jahr entspricht das leicht dem Zeitvolumen einer Vollzeitkraft.

 

Die Vielseitigkeit eines elektronischen Archivs macht den Nutzen

Für die meisten Volumenprozesse in Sozialunternehmen, sei es im Krankenhaussektor, in der Pflege oder bei komplexen Sozialträgern, sind jeweils spezifische Systeme im Einsatz. Gerade in einer heterogenen IT-Struktur bedeutet das elektronische Archiv, auf das alle im Einsatz befindlichen Systeme gemeinsam zugreifen, das Herzstück der Vernetzung dieser oft höchst unterschiedlichen Systeme. Je nach der Komplexität der Abläufe und der Intensität der Belegnutzung besteht ein zumeist sehr hohes und regelmäßig unterschätztes Nutzen­potenzial, das in der Investitionsberechnung berücksichtigt werden sollte.

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Christoph Naucke

Betriebswirt (Berufsakademie), Zertifizierter Compliance Officer, Datenschutzbeauftragter DSB-TÜV, Prüfer für Interne Revisionssysteme (DIIR), Datenschutzauditor (TÜV), IT-Auditor IDW

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