Rentnergesellschaft als Antwort auf niedrige Zinsen?!

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In Zeiten niedriger Zinsen geraten Pensionsrück­stellungen immer stärker in den Fokus der Unternehmen und ihrer Geschäfts­partner. Schon das Sinken des Rechnungs­zinses alleine sorgt für eine deutliche Erhöhung der Pensionsrückstellung. Diesem Effekt will die Bundesregierung zwar entgegenwirken: Sie beabsichtigt, den Referenzzeitraum, aus dem sich der Rechnungs­zins als Mittelwert ergibt, zu verlängern und so das Absinken des Rechnungszinses zu bremsen. Das wird ihr jedoch nicht nachhaltig gelingen, wenn – wie zu erwarten ist – die Zinsen weiter auf niedrigem Niveau stagnieren.
 
Warum also nicht die Bilanz um die Pensionsrückstellung bereinigen?
 

Abspaltung einer Rentnergesellschaft …

Ein Weg zu einer solchen Bereinigung der Bilanz um die Pensionsrückstellungen ist die Abspal­tung der Pensionsverpflichtungen gegenüber Rentnern und ehemaligen Arbeitnehmern, die mit unverfallbarer Anwartschaft ausgeschieden sind. Durch diesen rein gesellschaftsrechtlichen Vorgang entsteht eine zweite, nicht operativ tätige Gesellschaft, auf die gemäß § 123 Abs. 3 Umwandlungsgesetz (UmwG) besagte Verpflichtungen ausgegliedert werden. Die Zustimmung der Versorgungsberechtigten oder des Pensionssicherungsvereins a. G. ist für diesen Schritt nicht erforderlich. Ebenso steht den Rentnern und Anwärtern kein Widerspruchsrecht zu.

Bilanziell ist damit die Pensionsrückstellung nicht länger in der operativen Gesellschaft, sondern in der Rentnergesellschaft abzubilden. Entscheidend ist jedoch, dass die neu geschaffene Rentnergesellschaft finanziell hinreichend gut ausgestattet ist, um die übernommenen Pensions­verpflichtungen auch nachhaltig erfüllen zu können. Ist das nicht der Fall, bleibt zwar gesellschaftsrechtlich die Zuordnung der Versorgungsverbindlichkeiten zur Rentnergesellschaft bestehen. Jedoch billigt die Rechtsprechung den Rentnern Schadenersatzansprüche gegen den ehemaligen Arbeitgeber, dessen Bilanz durch die Abspaltung bereinigt wurde, zu, wenn die Rentnergesellschaft aufgrund mangelnder finanzieller Dotierung absehbar nicht in der Lage ist, die übernommenen Verpflichtungen, zu denen auch regelmäßig Rentenanpassungen gehören, zu erfüllen. Denkbar sind sogar Schadenersatzansprüche gegen die (ehemalige) Geschäftsführung persönlich. Daneben haftet der alte Arbeitgeber aus § 133 Abs. 3 Satz 2 UmwG ohnehin die ersten 10 Jahre nach der Abspaltung als Gesamtschuldner neben der Rentnergesellschaft.

So oder so: Alle Beteiligten haben ein ausgeprägtes Eigeninteresse an einer ausreichenden finanziellen Ausstattung der Rentengesellschaft von Beginn an. Wann aber ist die Rentnergesellschaft ausreichend dotiert?

 

… mit dem richtigen Dotierungsrahmen

Hierzu hat die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts inzwischen Kriterien geschaffen, die sich an einer von Vorsicht geprägten Bewertung der Pensionsverpflichtung orientieren. So sind bspw. nicht die aus der Bilanzierung bekannten Sterbetafeln von Heubeck zugrunde zu legen, sondern die der Versicherungswirtschaft, die einen Risikozuschlag enthalten.

Gravierender ist jedoch die Wahl des Rechnungszinses. Er nimmt den größten Einfluss auf die Bewertung, denn je kleiner der Rechnungszins, umso höher fällt die Bewertung aus. Schon in seinem Urteil vom 11. März 2008 ging das Bundesarbeitsgericht davon aus, dass bei der gebotenen Bewertungsvorsicht der Zinssatz zu wählen ist, der die Untergrenze der auf einer vernünftigen kaufmännischen Beurteilung beruhenden Bandbreite darstellt (damals 3 Prozent). Im heutigen, doch stark veränderten Zinsumfeld, dürfte sogar ein noch niedrigerer Zinssatz heranzuziehen sein.

Bei der Höhe der Dotierung ist auch eine Anpassung der Betriebsrenten nach § 16 Betriebs­rentengesetz (BetrAVG) zu berücksichtigen. Die ausgegliederte Rentnergesellschaft muss nicht nur die laufenden Betriebsrenten zahlen können, sondern diese auch alle 3 Jahre um jeweils den Prozentsatz erhöhen können, der dem durchschnittlichen Kaufkraftschwund der letzten 20 Kalenderjahre entspricht.

In der Praxis liegt eine Bewertung unter diesen Kriterien deutlich über dem handelsbilanziellen Ansatz der Pensionsrückstellungen, so dass der Auflösung der Pensionsrückstellung eine unter Umständen erheblich höhere Schmälerung des Umlaufvermögens gegenübersteht.
 

Fazit

Die Bewertungskriterien des Bundesarbeitsgerichts mögen hart erscheinen, dienen jedoch als Anhaltspunkt für eine „faire” Bewertung der bereits eingegangenen Verpflichtung. Arbeitgeber sind gut beraten, bei der Finanzierung der Pensionsverpflichtungen mit dieser Bewertung zu kalkulieren und entsprechendes Planvermögen anzusparen. Ob dann eine Saldierung mit der Pensionsrückstellung oder eine Abspaltung auf eine Rentnergesellschaft zur Bilanzbereinigung vorzugswürdig ist, ist unter anderen Gesichtspunkten zu bewerten. Der Vorteil der Rentner­gesellschaft liegt sicherlich darin, dass nach der einmaligen Dotierung in ausreichender Höhe das Risiko auch rechtlich abschließend ausgelagert wurde – somit ist dann nicht nur die Bilanz bereinigt.

zuletzt aktualisiert am 06.04.2016

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Dr. Michael S. Braun

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Wirtschaftsjurist (Univ. Bayreuth)

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