Unterschiede zwischen BPO-Dienstleistungen in den USA und Deutschland

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veröffentlicht am 10. Oktober 2022 | Lesedauer ca. 4 Minuten


Business Process Outsourcing (BPO) hat das Ziel, Unternehmen bei der wichtigsten aller Aufgaben zu unterstützen: ihr Geschäft zu führen. Da die Geschäftspraktiken im internationalen Kontext variieren, zeigt der folgende Artikel einige der wichtigsten Unterschiede bei der Erbringung von BPO-Dienstleistungen in den USA und in Deutschland auf. 



Als Beispiel dienen das fiktive Unternehmen XYZ, Inc. (XYZ) und die drei wichtigen Angebote Buchhaltung, Lohn­buchhaltung und indirekte Steuern –insbesondere Sales Tax in den USA und Umsatzsteuer (VAT) in Deutschland.
 
Als typischer amerikanischer BPO-Mandant ist die Gesellschaft XYZ ein US-Unternehmen, das vor Kurzem gegründet wurde und eine deutsche Muttergesellschaft, die XYZ GmbH, hat. Die rechtliche Strukturierung der XYZ wurde von einem Rechtsanwalt außerhalb von Rödl & Partner USA durchgeführt, da es amerikanischen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften untersagt ist, ihren Mandanten Rechtsberatung zu leisten. Die XYZ plant, mit ein bis drei Mitarbeitern in den USA ihre Tätigkeit aufzunehmen, von denen keiner ein Buchhalter sein wird. Ihre Aufgabe ist es, das Geschäft der XYZ in den USA aufzubauen; die Aufgabe von BPO ist es, als das Back-Office der XYZ zu handeln. Die Bücher der XYZ werden in QuickBooks geführt, einer in den USA weit verbrei­teten Buchhaltungssoftware für kleine und mittlere Unternehmen. Der Zugang zur Software kann sowohl für das Unternehmen als auch für BPO eingerichtet werden, aber zunächst werden die BPO-Mitarbeiter die Datei des Mandanten selbständig einrichten und darin Daten speichern. Die BPO-Mitarbeiter können den Standard­kontenplan von QuickBooks verwenden und ihn an die Bedürfnisse des Geschäfts der XYZ und die mit ihren ausländischen Geschäftspartnern abgewickelten Geschäfte anpassen. Im Falle der XYZ wird der Kontenplan so eingerichtet, dass er den Kontenplan der Muttergesellschaft widerspiegelt, um den Konsolidierungsprozess zu erleichtern.
 
Die Lohn- und Gehaltsabrechnung wird für die XYZ ein wichtiges Thema sein, wenn sie ihre ersten Mitarbeiter in den USA einstellt oder die bereits vorhandenen Talente zu halten beabsichtigt. In den USA werden Lösungen für wichtige Leistungen wie Krankenversicherung und Altersvorsorge in der Regel vom privaten Sektor ange­bo­ten, was für mittelständische Unternehmen, die neu auf dem US-Markt sind, verwirrend sein kann. BPO-Mit­ar­beiter auf dem US-Markt erstellen die Gehaltsabrechnungen nicht intern. Stattdessen handeln sie als Binde­glied zwischen dem Mandanten und Drittanbietern von Lohn- und Gehaltsabrechnungen wie ADP, Paychex, professionellen Arbeitgeberorganisationen (PEOs) und eingetragenen Arbeitgebern. Die für die Lohn­buch­hal­tung zuständige Gesellschaft kümmert sich um die Bezahlung der Mitarbeiter der XYZ und um die Einreichung der mit der Lohnabrechnung zusammenhängenden Lohn- und Gehaltsberichte (eng. wage reports) auf Bundes- und Staatenebene.  Die für die Lohnbuchhaltung zuständige Gesellschaft kann auch bei der Einrichtung des Leistungspakets der XYZ eine wichtige Rolle spielen. Dieses Unternehmen schließt einen eigenen Vertrag mit der XYZ ab und stellt seine Leistungen separat in Rechnung. Die BPO-Mitarbeiter können sicherstellen, dass die Mitarbeiter der XYZ im System des Lohn- und Gehaltsabrechnungsanbieters ordnungsgemäß eingerichtet sind, sie können Vergütungsbestandteile angemessen kodieren und die Lohn- und Gehaltsabrechnung ent­sprechend der vom Mandanten gewählten Häufigkeit und unter Einhaltung der staatlichen Anforderungen abwickeln, z.B. zweiwöchentlich, halbmonatlich oder monatlich. Bei Mandanten wie der XYZ kommt es häufig zu Änderungen in der Lohn- und Gehaltsabrechnung (z.B. Neueinstellungen, die außerhalb des Zyklus be­gin­nen, oder Prämien- und Provisionszahlungen), so dass die BPO-Mitarbeiter nur selten die Lohn- und Gehalts­abrechnung eines Mandanten auf automatische Zahlung umstellen können.
 
Die bundesstaatliche Sales and Use Tax (das amerikanische Pendant zur deutschen Umsatzsteuer) ist ein weiterer Bereich, in dem die XYZ als Neueinsteiger auf dem US-Markt auf das Fachwissen der BPO-Mitarbeiter angewiesen ist. Da die Gesellschaft materielle Güter verkaufen wird, einschließlich Verkäufen an Endver­brau­cher, werden die BPO-Mitarbeiter sie zunächst in dem Bundesstaat, in dem sie ansässig ist, für die Sales und Use Tax anmelden. In den meisten Bundesstaaten wird dies eine monatliche Einreichung und Zahlung der Sales und Use Tax erfordern. Der XYZ wird empfohlen, von allen Kunden Bescheinigungen über die Befreiung von der Sales Tax anzufordern; die XYZ ist auch verpflichtet, auf Rechnungen an Kunden, die in dem/den Staat(en), in dem/denen die Gesellschaft registriert ist, nicht steuerbefreit sind, die Sales Tax auszuweisen. Zusätzlich zur Sales Tax ist die Gesellschaft verpflichtet, beim Kauf von Gütern, auf die keine Sales Tax er­hoben wird und die in dem Staat, in dem diese Güter verwendet werden und nicht von der Steuer befreit sind, die Use Tax zu erheben und abzuführen. Im Allgemeinen handelt es sich dabei um persönliches Geschäfts­ver­mögen, das nicht an Kunden weiterverkauft oder als integraler Bestandteil des Herstellungsprozesses be­trach­tet wird. Die BPO-Mitarbeiter können die fällige Sales und Use Tax berechnen, die monatliche(n) Erklärung(en) im Bereich der Sales und Use Tax für die Gesellschaft vorbereiten und im Namen des Mandanten und mit dessen Zustimmung online einreichen und bezahlen.
 
Jeder Staat hat etwas andere Regeln zur Sales und Use Tax, und die Steuersätze können von Staat zu Staat, von Bezirk zu Bezirk, von Kreis zu Kreis und von Stadt zu Stadt erheblich variieren. Wenn die Gesellschaft wächst und Umsätze oder Mitarbeiter in anderen Bundesstaaten hat, können die BPO-Mitarbeiter der XYZ dabei helfen, festzustellen, ob sie sich in einem bestimmten Bundesstaat für die Sales und Use Tax anmelden und entsprechende Steuererklärungen abgeben muss. Es gibt bestimmte Kriterien, darunter Schwellenwerte für die Höhe des Umsatzes und das Geschäftsvolumen, die berücksichtigt werden, und die BPO-Mitarbeiter werden häufig einen Steuerberater zu Rate ziehen, um zu beurteilen, ob die Gesellschaft sich in einem bestimmten Staat registrieren lassen und Erklärungen im Bereich der Sales und Use Tax abgeben muss.
 
Die BPO-Mitarbeiter erfassen alle Finanzgeschäfte und erstellen die Monatsabschlüsse für die XYZ sowie die von der deutschen Muttergesellschaft geforderten zusätzlichen Berichte. Andere Mandanten benötigen vielleicht nur vierteljährliche, halbjährliche oder jährliche Abschlüsse.
 
Am Ende des Geschäftsjahres erstellen die BPO-Mitarbeiter den Jahresabschluss für die XYZ und sammeln weitere Informationen, die für die jährliche(n) Einkommensteuererklärung(en) auf Bundes- und Staatenebene benötigt werden. Die Jahresabschlüsse stellen die Grundlage für die Erstellung der Einkommensteuer­er­klärungen dar. Die BPO-Mitarbeiter erstellen keine Einkommensteuererklärungen, sie arbeiten jedoch eng mit den Steuerberatern von Rödl & Partner zusammen, um alle Fragen zu beantworten, die bei der Erstellung der Steuererklärungen auftreten.
 
Die BPO-Arbeit ist flexibel: wenn die Gesellschaft im Laufe der Geschäftsentwicklung der XYZ beschließt, einen Teil der Buchhaltungsaufgaben selbst zu übernehmen, können die BPO-Mitarbeiter je nach Bedarf Schulungen und die Übergabe durchführen und weiterhin der Hauptansprechpartner für den Mandanten sein.
   
Im Gegensatz dazu könnten sich die BPO-Leistungen für die Muttergesellschaft in Deutschland in folgender Weise von den oben beschriebenen Leistungen für die XYZ unterscheiden. Die Muttergesellschaft der XYZ, die XYZ GmbH, ist ein mittelständisches Unternehmen mit Sitz in Deutschland. In Deutschland werden die Lohn- und Gehaltsabrechnungen einmal im Monat erstellt und ausgezahlt, und das Unternehmen ist verpflichtet, die Daten zur Lohn- und Gehaltsabrechnung monatlich an die Krankenkassen und das deutsche Finanzamt zu übermitteln. Während größere Unternehmen für die Lohn- und Gehaltsabrechnung und die Buchhaltung oft eigene Mitarbeiter beschäftigen, ist es in Deutschland durchaus üblich, diese Aufgaben an Steuerberater aus­zulagern. Der Steuerberater erstellt die monatliche Lohnabrechnung und übermittelt die Daten elektronisch an die Krankenkassen und das Finanzamt. Die XYZ GmbH erhält die Lohn- und Gehaltsabrechnungen und zahlt die Löhne und Gehälter an die Arbeitnehmer aus. In den meisten Fällen werden die Zahlungen an das Finanz­amt und die Krankenkassen von diesen im Lastschriftverfahren eingezogen. Im Vergleich zu den USA sind die Leistungen der deutschen Krankenversicherung stark geregelt und für Arbeitnehmer gesetzlich vorgeschrieben, mit Ausnahme derjenigen, die ein bestimmtes Einkommensniveau überschreiten, wie z.B. leitende Angestellte.
  
Neben der Lohn- und Gehaltsabrechnung muss die XYZ GmbH jeweils bis zum 10. des Folgemonats die Mon­ats­abschlüsse und die monatliche Umsatzsteuervoranmeldung beim Finanzamt einreichen. Der Steuerberater erstellt die Monatsabschlüsse und reicht die Umsatzsteuervoranmeldung elektronisch ein. In den meisten Fällen wird die Umsatzsteuer per Lastschrift vom Bankkonto der XYZ GmbH eingezogen (oder auf dieses er­stattet). Im Gegensatz zu den amerikanischen Sales and Use Taxes wird die deutsche Umsatzsteuer auf Bundesebene erhoben und die Steuersätze sind in Deutschland einheitlich. Nach Jahresende erstellt der Steuerberater die jährliche Umsatzsteuererklärung, und etwaige Ausgleiche werden zu diesem Zeitpunkt gezahlt oder erstattet. 
  
Die meisten Steuerberatungskanzleien in Deutschland nutzen Datev-Softwarelösungen, die Lohn-, Finanz- und Steuerbuchhaltung in einem Programm vereinen, so dass die Daten integriert sind, die manuelle Eingabe von Lohnjournalbuchungen entfällt und relevante Daten problemlos elektronisch an das Finanzamt und die Krankenkassen übermittelt werden können.
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