Kommt die Solarpflicht auf Neubauten – und wenn ja, was dann?

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​veröffentlicht am 14. Oktober 2021

 

Der Ausbau der Erneuerbaren Energien begegnet nach wie vor vielfältigen rechtlichen Hürden und Investitionsbarrieren. Um den Ausbau im Photovoltaik-Bereich zu beschleunigen, haben bereits einzelne Bundesländer eine Solarpflicht in ihren Klimaschutzgesetzen verankert (wir berichteten).


Das Bundeskabinett hat am 23. Juni 2021 das Klimaschutz-Sofortprogramm 2022 beschlossen, im Zuge dessen sollen weitere 8 Mrd. Euro für konkrete Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele bereitgestellt werden. Das Sofortprogramm wurde gemeinsam mit dem Entwurf für den Bundeshaushalt 2022 beschlossen.


Um dem höheren Strombedarf durch beschleunigte Sektorenkopplung und zugleich den Minderungszielen des Energiesektors bis zum Jahr 2030 effektiv begegnen zu können, sieht das Sofortprogramm unter anderem eine Erhöhung der Ausbauziele in den Bereichen Wind- und Solarenergie vor. Während die Bundesregierung im Hinblick auf den Ausbau der Windenergie an Land von einem Bedarf von 95 GW installierter Leistung bis 2030 ausgeht, wurden die Ausbauziele für Photovoltaik mit 150 GW formuliert.

 

Es steht außer Frage, dass für die Beschleunigung des Ausbaus von EE-Anlagen ein Abbau der Komplexität und Verfahrensdauer der einschlägigen Planungs- und Genehmigungsverfahren dringend überfällig ist. Zusätzlich sah das Sofortprogramm zunächst vor, dass im Rahmen der auf Anfang 2022 vorzuziehenden Überprüfung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) eine PV- bzw. Solarthermie-Installationspflicht für alle Neubauten und bei größeren Dachsanierungen in das GEG aufgenommen werden sollte. Von diesem Ziel scheint die Bundesregierung zuletzt wieder abgerückt zu sein. So titelte die WirtschaftsWoche bereits im Juni, in einem überarbeiteten Entwurf des „Sofortprogramm Klimaschutz 2022” solle die Pflicht wieder gestrichen worden sein. Und in der Tat findet sich die Solarpflicht in der zuletzt vom Finanzministerium veröffentlichten Zusammenfassung des Sofortprogramms nicht mehr.


Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat zuletzt einen Gesetzesentwurf zur Beschleunigung des Ausbaus von Solaranlagen zur Stromerzeugung auf Gebäuden (Solaranlagenausbaubeschleunigungsgesetz – SolarBeschlG) vorgelegt. Demnach sollen Eigentümerinnen und Eigentümer verpflichtet werden, auf für die Solarnutzung geeigneten Dachflächen von Neubauten Solaranlagen zur Stromerzeugung zu installieren und zu betreiben. Die Solarpflicht soll für Neubauten gelten, für die nach dem 01.06.2022 eine Baugenehmigung beantragt wird oder ab diesem Zeitpunkt die vollständigen erforderlichen Unterlagen eingereicht sind. Darüber hinaus soll die Regelung auch für Bestandsbauten gelten, wenn nach dem 01.06.2022 mit der Erneuerung der Dachhaut begonnen wird. Die in § 1 Abs. 1 und 2 des Gesetzesentwurfs vorgesehenen Pflichten sollen auch durch Übertragung der Aufgabe auf Dritte, beispielsweise durch Verpachtung der Dachfläche, erfüllt werden können.


Der Gesetzesentwurf sieht außerdem auch Ausnahmen von der Solarpflicht vor – etwa, wenn Denkmalschutz oder eine Dachbegrünung nicht mit den Solar-Paneelen vereinbar wären oder die Installation für die Eigentümerinnen und Eigentümer mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden sind. Von der Vorschrift befreit werden soll im Übrigen, wenn auf den angrenzenden Außenanlagen des Gebäudes bereits Solaranlagen oder Solarthermie zur Stromerzeugung eingesetzt werden.


Für die Solarbranche ist der Gesetzesentwurf allenfalls ein erster Schritt in die richtige Richtung. BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig fordert zusätzlich und vordringlich den Abbau von Marktbarrieren für Solarstromerzeuger und Eigenversorger. Auch könnten laut König eine schnelle Aufstockung der Fördertöpfe für Solardächer sowie die Anpassung des Auktionsvolumens für Solarparks an den rasant wachsenden Bedarf an Ökoenergie nicht mehr warten.


Für Energieversorger und örtliche Stadtwerke bleibt es daher ebenso spannend wie für Unternehmen und private „Häuslebauer”. Neben Finanzierung werden sich auch künftig Fragen zu den denkbaren Vermarktungsmöglichkeiten stellen.  Noch ist unklar, ob und wann eine Solarpflicht auf Bundesebene eingeführt wird. Allerdings ist davon auszugehen, dass noch weitere Bundesländer dem Beispiel von Hamburg und Berlin folgen werden. Zuletzt hat Baden-Württemberg im Herbst 2021 sein Klimaschutzgesetz novelliert. Wer ein neues Haus bauen möchte, ist ab 01.05.2022 dazu verpflichtet, eine Solaranlage auf seinem Dach installieren zu lassen. Zudem müssen Hausbesitzer vom 1. Januar 2023 an bei einer grundlegenden Dachsanierung eine Photovoltaikanlage einbauen lassen.


Doch abgesehen von einer Pflicht müssen PV-Anlagen für den Eigenbedarf heutzutage gerade bei Neuprojekten von Beginn an mitgedacht werden. Eine wirtschaftliche Nutzung des Stromes ist (meist) gegeben, das Erscheinungsbild des Unternehmens somit „modern” und „ökologisch” – damit geht also auch immer eine Investition in die Attraktivität der Immobilie einher. Wenn dann auch noch weitere Nutzungen des Stromverbrauchs für Kühlen und Heizen (mittels Wärmepumpe) und ggfs. Installationen für Elektromobilität geplant sind, ergänzt eine PV-Anlage bei einem Neuprojekt optimal das Gebäude.


Die Solarwende ist in vollem Gange und auch auf Bundesebene werden hier in den kommenden Monaten Entwicklungen mit positiven Impulsen erwartet. Ein Wachstumsszenario sieht die Installation von 10 GWp pro Jahr in Deutschland für die nächsten 10 Jahre voraus – Zielsetzung aktuell sind 2,5 GWp – somit ein Vervierfachung des Marktes. Es bleibt der neuen Regierung überlassen, welche Instrumente Sie einsetzen will, dies zu erreichen – die Solarpflicht ist somit eine von vielen.

 

 

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