EEG-Umlage-Wegfall: Die BesAR-EEG ist tot – es lebe die BesAR-EnUG ?

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veröffentlicht am 19. Mai 2022

 

Mit dem Wegfall der EEG-Umlage ist die wirtschaftliche Bedeutung der BesAR-EEG zurückgegangen. Die weiterhin bestehenden Entlastungsmöglichkeiten von der KWKG- und Offshore-Umlage setzen aber nach wie vor ein Entlastungsantragsverfahren nach den neuen Vorgabe des Energie-Umlagen-Gesetz (EnUG) voraus. Vor allem stromkostenintensive Unternehmen mit hohen Stromverbräuchen sollten sich deshalb frühzeitig auf die neuen Anforderungen und deren Auswirkung auf die Unternehmensorganisation einstellen, um erforderlichenfalls rechtzeitig die zur Erfüllung des neuen Entlastungstatbestand nötigen Voraussetzungen, wie z.B. der Branchenzugehörigkeit, Gegenleistung oder Umstrukturierungsrahmenbedingungen, gestalten zu können.


EEG-Umlage entfällt zum 01.07.2022

Als einer der zentralen politischen Ziele der Koalitionsvereinbarung wird die Streichung der EEG-Umlage nicht nur wie angekündigt umgesetzt, sondern unter dem Eindruck der Energiepreiskrise sogar bereits zum 01.07.2022 angewandt. Gesetzestechnisch wurde dieses Vorhaben mit der Verringerung der EEG-Umlage auf 0 für die Zeit vom 01.07. bis 31.12.2022 in § 60 Abs. 1a – 1c EEG n.F. durch das Gesetz zur Absenkung der Kostenbelastungen durch die EEG-Umlage und zur Weitergabe dieser Absenkung an die Letztverbraucher (BT-DrS 20/1544) umgesetzt, welches am 28.04.2022 bereits in 3. Lesung vom Bundestag verabschiedet wurde. Danach ist damit zu rechnen, dass ein kurzfristiges Inkrafttreten vor dem 01.07.2022 voraussichtlich nur noch eine Frage der weiteren förmlichen Anforderungen des Gesetzgebungsverfahrens ist.

 

Die dauerhafte Reduzierung der EEG-Umlage und die daran geknüpften Fragen der Entlastung von stromkostenintensiven Unternehmen (sog. „besondere Ausgleichsregelung EEG” (besAR-EEG)) und des Eigenstromverbrauchs (sog. „EEG-Eigenstromprivileg”) soll dagegen im neuen Energie-Umlagen-Gesetz (EnUG) geregelt werden, welches als Artikel 3 Bestandteil des Gesetzes zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiteren Maßnahmen im Stromsektor – auch als sog. „Osterpaket” bekannt – ist. Hierzu liegt bisher lediglich der Entwurf der Bundesregierung (BT-DrS 20/1630) (nachfolgend (EnUG-RegE)) vor, sodass noch mit weiteren inhaltlichen Änderungen im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu rechnen ist. Insofern ist geplant, dass das EnUG zum 01.01.2023 in Kraft treten soll (vgl. Art. 20 Sofortmaßnahmengesetz).


Die BesAR-EEG ist tot – Wozu eine BesAR-EnUG ?

Mit dem Entfall der EEG-Umlage fehlt es an einer Belastung energiekostenintensiver Unternehmen. Damit wäre zu erwarten gewesen, dass diese von dem erheblichen bürokratischen Aufwand und den hiermit verbundenen wirtschaftlichen Risiken entlastet würden.


Der Gesetzgeber hat sich jedoch nicht zu einer uneingeschränkten Streichung der EEG-Umlage durchringen können. Zwar werden die Kosten der Förderungen Erneuerbarer-Energien-Anlagen nach dem Erneuerbaren Energien Gesetz (EEG) zukünftig vollständig aus dem Sondervermögen des Bundes ”Energie- und Klimafonds” (EKF) finanziert (§ 6 Abs. 1 EnUG-RegE). Mit der Ausgestaltung als „Soll”-Regelung, dem ausdrücklichen Ausschluss eines Rechtsanspruchs (§ 6 Abs. 2 EnUG-RegE), Rechtsmittelbeschränkungen und Widerrufsvorbehalte für die jährliche Festsetzung des EEG-Finanzierungsbedarfs durch Bescheid (§ 7 EnUG-RegE) kann kein Vertrauensschutz auf einen dauerhaften Wegfall der EEG-Umlage entstehen.

 

Vor allem aber hat sich die Politik nicht dazu durchringen können, die bisher an die BesAR-EEG geknüpfte KWKG-Umlage (Bundesnetzagentur - Preise und Tarife - KWKG-Umlage) (vgl. §§ 26 KWKG 2020 ff.) und Offshore-Netzumlage Umlage (Netztransparenz > EnWG > Offshore-Netzumlage > Offshore-Netzumlagen-Übersicht) (§§ 17 EnWG f.) ebenfalls aus dem EKF zu finanzieren. Danach besteht immer noch eine Benachteiligung stromkostenintensiver Unternehmen im internationalen Wettbewerb, sodass nach wie vor eine Entlastung zur Vermeidung der Verlagerung der Produktion zu ausländischen Standorten mit niedrigeren umweltpolitisch motivierten Steuerungsabgaben (sog. „Carbon Leakage”) erforderlich ist.
Zwar ist die Belastung aus der KWKG-Umlage und Offshore-Umlage gegenüber der EEG-Umlage (0,378 ct/kWh + 0,419 ct/kWh = 0,797 ct/kWh (2022) gegenüber 6,5 ct/kWh (letzte rein Umlagefinanzierte EEG-Umlage (2021)) nahezu um den Faktor 10 geringer. Dennoch wird die Belastung bei einem eingeschränkten Kreis von Unternehmen mit hohen Stromverbräuchen immer noch eine wesentliche wirtschaftliche Bedeutung haben
(z.B.: 10 GWh/a x 0,797 ct/kWh = 79.700 €/a).


Es lebe die neue BesAR-EnUG – Was ist neu ?

Danach ist es für stromkostenintensive Unternehmen in der aktuellen Antragsperiode in der Regel noch zweckmäßig, für die Entlastung von der KWKG- und Offshore-Umlage im Entlastungsjahr 2023 innerhalb der gesetzlichen Ausschlussfrist bis zum 30.06.2022 einen Entlastungsantrag nach den noch gültigen Regelungen der §§ 64 EEG 2021 ff. zu stellen.

 

Ab 2023 wird das bisher in den §§ 64 EEG 2021 ff. geregelte Antragsverfahren voraussichtlich durch die in den §§ 28 EnUG-RegE ff. vorgenommene Neuregelung ersetzt. Danach müssen sich stromkostenintensive Unternehmen für die nächste Antragsperiode 2023 auf deutliche veränderte Anforderungen einstellen.

 

Dabei wird zunächst der Kreis der entlastungsberechtigten Branchen entsprechend der Vorgaben aus der EU-Klima-, Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien (KUEBLL) gegenüber dem bisherigen, nach EEG 2021 entlastungsberechtigten Branchen deutlich beschränkt (Anlage 2 EnUG-RegE). Ähnlich wie bei der BEHG-Carbon Leakage-Verordnung wird deshalb die Frage der Zuordnung zu einer entlastungsfähigen Branche zukünftig eine zentrale Rolle spielen. In der Unternehmenspraxis finden sich in Unternehmen nebeneinander oder aufeinander folgend häufig eine Vielzahl von Tätigkeiten, die sich unterschiedlichen Klassifizierungen der maßgeblichen Klassifizierung der Wirtschaftszweige 2008 (WZ 2008) zuordnen lassen. Danach ist häufig fraglich, ob Unternehmen bisher überhaupt der richtigen Haupttätigkeit zugeordnet worden sind oder durch selbständige Unternehmensteile oder Tochterunternehmen zumindest für einen Teil der Tätigkeiten die Entlastung erhalten können.

 

Für eine Entlastung ist zukünftig keine Überschreitung einer Stromkostenintensitätsschwelle mehr erforderlich (§ 30 EnUG-RegE). Damit ist die problematische Anknüpfung der Entlastung an die Bruttowertschöpfung immerhin teilweise bereinigt.
Dafür erfordert der Entlastungsanspruch nunmehr die voraussichtlich nicht weniger einfach zu bestimmenden Voraussetzung von Gegenleistungen durch Energieeffizienz- oder Dekarbonisierungsinvestitionen in Höhe von 50% der Entlastung oder einer regenerativen Strommindestquote in Höhe von 30% des Stromverbrauchs (§ 30 Nr. 3 EnUG-RegE). Insofern sollten Unternehmen, welche die BesAR-EnUG zukünftig weiter in Anspruch nehmen wollen, bereits jetzt ihre Dekarbonisierungsstrategie auf das Erfordernis der Gegenleistung ausrichten.
Darüber hinaus ist die Ermittlung der durchschnittlichen Bruttowertschöpfung als Datengrundlage der Entlastungshöhe nach wie vor erforderlich (§ 32 Abs. 1 c) EnUG-RegE). Dabei wird Höchstbegrenzung des sog. „SuperCap” (0,5 % der Bruttowertschöpfung) nicht mehr an eine besonders hohe Stromkostenintensität, sondern an den vollständigen EE-Strombezug gebunden (§ 31 Nr. 3 b aa) EnUG-RegE). Dafür ist die Regelhöchstzahlungspflicht (sog. „Cap”) von bisher 4 % der Bruttowertschöpfung auf 1% der Bruttowertschöpfung gesenkt worden (§ 31 Nr. 3 b) bb) EnUG-RegE).


BesAR-EnUG in Umstrukturierungsprozessen – Neue Umstrukturierungshindernisse oder alles ganz einfach

In der Praxis haben die bisherigen Regelungen des EEG 2021 zur Ermöglichung von Umstrukturierungen zu erheblichen Auslegungsfragen und Rechtsstreitigkeiten geführt. Darüber hinaus waren sie mit einem hohen Nachweisaufwand verbunden und waren häufig mit den praktischen Erfordernissen der übertragenden Insolvenzsanierung nur eingeschränkt vereinbar. Insofern ist zu begrüßen, dass das Fremddatenverwendungsrecht (§ 67 Abs. 1 EEG 2021) mit dem Umwandlungsbegriff des § 3 Nr. 45 EEG 2021, der Übertragungsanspruch nach § 67 Abs. 3 EEG 2021 und Differenzierung zwischen neu gegründeten Unternehmen (§ 64 Abs. 4 EEG 2021) und umgewandelten Unternehmen (§ 3 Nr. 45 EEG 2021) aufgegeben worden ist.


Stattdessen räumt das EnUG nun einen Anspruch auf Verkürzung des Datenreferenzzeitraums auf ein gewillkürtes Rumpfgeschäftsjahr (§ 33 EnUG-RegE) mit einer verlängerter Antragsfrist bis zum 30.09. des Antragsjahres (§ 40 Abs. 2 EnUG-E) ein.
Als einzige Antragsvoraussetzung darf lediglich bis zum 30. April des Antragsjahres noch kein abgeschlossenes handelsrechtliches (Rumpf- oder volles) Geschäftsjahr vorliegen.
Das gewillkürte Rumpfgeschäftsjahr muss nach den gesetzlichen Vorgaben mit der erstmaligen Stromabnahme zu Produktionszwecken beginnen und vor Ablauf der Antragsfrist enden. Danach findet eine Überprüfung der Entlastung auf der Grundlage des ersten abgeschlossenen, vollständigen handelsrechtlichen Geschäftsjahres statt.


Danach sollten sich die Parteien einer Umstrukturierung zukünftig darüber einigen, ob noch der Verkäufer einen regulären Entlastungsantrag bis zum 30.06. stellt und diesen überträgt oder der Käufer je nach Zeitpunkt des wirtschaftlichen Übergangs noch ausreichend Zeit hat, um für das Nachfolgeunternehmen bis zum 30.09. einen eigenen privilegierten Entlastungsantrag nach §§ 33, 42 EnUG zu stellen.

 

Der Anspruch auf Übertragung des Begrenzungsbescheids knüpft allerdings immer noch an den für die Praxis der übertragenden Sanierung häufig nicht erfüllbaren unbestimmten Rechtsbegriff des Einheitserhalts an (§ 41 Satz 1 EnUG-RegE). Insofern stellt die BesAR-EnUG immer noch ein Umstrukturierungshindernis dar, wenn die zeitlichen Voraussetzungen des § 33 EnUG zum Beispiel aus insolvenzrechtlichen Zwängen (v.a. zeitliche Begrenzung der Insolvenzgeldzahlungen) nicht erfüllt werden können.


Immerhin hat das EnUG einige weitere praktische Fragen der Umstrukturierung geklärt: So trägt der Verkäufer und ursprüngliche Begrenzungsbescheidadressat immer die Zahlung auf den Selbstbehalt (§ 41 Satz 3 EnUG-RegE). Wollen Parteien hier eine abweichende Regelung treffen – eine kalenderjahreszeitanteilige Teilung erscheint hier gerechter –, bedarf es insofern einer ausdrücklichen Regelung im Unternehmenskaufvertrag.


Dagegen führt das EnUG die in der Praxis umstrittene gesetzliche Stundung der EEG-Umlage-Zahlungspflicht bis zu einer Entscheidung über den Übertragungsantrag ohne eine weitere Klärung oder Begründung fort (§ 41 Satz 4 und 5 EnUG-RegE).

 

Gerne stehen wir für die Erstellung von Wirtschaftsprüferbescheinigungen für die BesAR-EEG und BesAR-EnUG sowie zur Beratung bei Ihren Fragen BesAR-EEG und BesAR-EnUG mit unserer Expertise zur Verfügung.

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