Notfallplanung für Stromausfallszenarien

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veröffentlicht am 22. September 2022

 

Die europäische Energiekrise hat zunehmend Auswirkungen auf den Strommarkt. Im bevorstehenden Winter drohen Engpässe nicht nur bei der Erdgasversorgung, sondern auch bei der Versorgung mit Strom. Viele Unternehmen und Kommunen bereiten sich daher auf Stromausfälle vor. Damit stellen sich auch regulatorische Fragen. Welche gesetzlich verankerten Mechanismen greifen, wenn die Versorgungssicherheit mit Elektrizität in Deutschland gefährdet ist oder eine akute Unterdeckung des Strommarktes droht?


Für die Gasmangellage gibt es – wie in den letzten Monaten auch in der Öffentlichkeit diskutiert – umfangreiche Regelungen für Notfälle. Dies ist insbesondere der Notfallplan Gas für die Bundesrepublik Deutschland, der drei Krisenstufen (Frühwarnstufe, Alarmstufe, Notfallstufe) vorsieht und das Vorgehen regelt, wenn sich die Versorgungslage in Deutschland deutlich zu verschlechtern droht.


Für Strommangellagen fehlen vergleichbare Mechanismen. Einen „Notfallplan Strom“, der drohenden Störungs- bzw. Mangellagen mit zentral gesteuerten, staatlichen Schutzmaßnahmen begegnet, gibt es in Deutschland nicht. Ebenso fehlt es an einer einzelnen, spezialisierten Behörde, die mit der Notfallplanung für Stromausfallszenarien befasst ist. Dies hat die Bundesregierung vor kurzem in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage im Bundestag noch einmal klargestellt (Bundestags-Drs. 20/3022).


Stromausfälle und Katastrophenschutz


Ein großflächiger überregionaler Stromausfall unterfällt dem Katastrophenschutz. Dieser liegt nach dem Grundgesetz bei den Ländern. Der Bund selbst hat im Katastrophenschutz keine unmittelbaren Zuständigkeiten. Er kann auf Anforderung eines Landes oder bei Betroffenheit von mehr als einem Land Katastrophenhilfe durch Unterstützung von Bundespolizei, der Bundeswehr oder Kräften anderer Verwaltungen auf Grundlage von Art. 35 Absatz 2, und Absatz 3 GG leisten.


Staatliche Akteure in Bund, Ländern und Kommunen setzen jeweils in eigener Zuständigkeit Maßnahmen des Notfallmanagements um. Gleiches gilt für die Betreiber kritischer Infrastrukturen.
Bei der Notfallplanung für Stromausfallszenarien geht es vor allem darum, Rückfallebenen und Redundanzen zu schaffen. Sie sollen immer dann greifen, wenn die übergeordnete Stromversorgung durch die Übertragungsnetzbetreiber unterbrochen ist. Hierunter kann beispielsweise die Bildung von Inselnetzen fallen. Dabei handelt es sich um lokale, abgegrenzte Stromnetze auf Ebene der Stadtwerke. Auch die Planung der Verteilung von Notstromaggregaten auf kommunaler Ebene kann dazugehören. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe hat Leitfäden und Empfehlungen für die Bevölkerung, Unternehmen und Behörden für den Fall eines Stromausfalls erarbeitet und veröffentlicht.


Pflicht zur Gewährleistung eines sicheren und zuverlässigen Netzes durch die Übertragungsnetzbetreiber


Daneben stehen die Übertragungsnetzbetreiber nach dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) in der Pflicht, einen sicheren, zuverlässigen und leistungsfähigen Betrieb des Energieversorgungsnetzes zu gewährleisten. Die zentrale Rechtsnorm hierfür ist § 13 EnWG, welche die zu ergreifenden netz- und marktbezogenen Schutz- und Abwehrmaßnahmen sowie den Einsatz von Reserven aufzählt. Zu den gesetzlich geschaffenen Reserven gehören die Netzreserve, die Kapazitätsreserve und die Sicherheitsbereitschaft.


Soweit die Maßnahmen nicht ausreichen, um eine Gefährdung oder Störung der Sicherheit oder Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems zu beseitigen, sind die Übertragungsnetzbetreiber verpflichtet, Ein- und Ausspeisungen sowie Stromtransporte anzupassen oder solche zu verlangen, um einen sicheren Netzbetrieb aufrechtzuerhalten.


Kommt es zu einem Ausfall in der Stromversorgung, ist es oberste Priorität, die Stromversorgung möglichst schnell wieder sicherzustellen. Dazu halten die Übertragungsnetzbetreiber geeignete Netz- und Versorgungswiederaufbaupläne vor, die auch den Fall eines flächendeckenden Ausfalls abdecken. Darüber hinaus führt die Bundesnetzagentur in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz fortlaufend ein Monitoring der Versorgungssicherheit auf Grundlage von § 51 EnWG durch, welches Märkte und Netze umfasst.


Auf Grundlage des Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz wurden befristet bis zum 31. März 2024 weitere Maßnahmen in das EnWG eingeführt, die die Versorgungssicherheit steigern. Dazu gehört, dass die Bundesregierung künftig ermächtigt ist, per Rechtsverordnung zuzulassen, dass die Kraft-werke für einen festgelegten Zeitraum aus der Reserve heraus am Strommarkt teilnehmen können. Außerdem wurde die Sicherheitsbereitschaft modifiziert. Diese soll künftig bereits früher als bisher abrufbar sein. Mit Ende der Sicherheitsbereitschaft sollen die Braunkohlekraftwerke temporär in eine neue Versorgungsreserve überführt werden, welche per Rechtsverordnung der Bundesregierung abgerufen werden kann.


Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Notfallregelungen für den Strommarkt deutlich von den gesetzlichen Vorgaben für den Gasmarkt unterscheiden:

  • Einen mehrstufigen Notfallplan, der auf der Notfallstufe eine zentrale Steuerung durch einen Bundeslastverteiler vorsieht, gibt es für den Strommarkt nicht.
  • Etwaige Stromabschaltmaßnahmen werden daher dezentral vorgenommen.
  • Eine „regulatorische“ Vorsorge ist daher für Unternehmen nicht einfach. Sofern es zu Abschaltungen und in der Folge zu Schäden kommt, müssen diese vorrangig im Verhältnis zwischen Verbraucher und Versorger geklärt werden.


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