Förderung der Dekarbonisierung industrieller Prozesswärme – EU veröffentlicht finale Terms & Conditions zur ersten Prozesswärmeauktion

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​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 17. Oktober 2025


Die Europäische Kommission hat am 10. Oktober 2025 die finalen Terms & Conditions (T&Cs) für die IF25 Heat Auction veröffentlicht und dabei das Programm damit auch für den Mittelstand attraktiver gestaltet. Mit einem Budget von 1 Mrd. Euro wird erstmals im großen Umfang elektrifizierte und direkt-erneuerbare Prozesswärme in der Industrie gefördert. Im Folgenden fassen wir die wichtigsten Eckpunkte zusammen. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Business Case der Flexibilisierung – also darauf, wie die neuen Rahmenbedingungen die wirtschaftliche Planung und Umsetzung elektrifizierter Prozesswärmeprojekte beeinflussen und welche Aspekte dabei besonders zu beachten sind. Der Start der Auktion ist für Anfang Dezember geplant,​ mit voraussichtlicher Frist zur Antragsstellung bis Ende Februar.


Das Grundkonzept der Förderung bleibt unverändert: Die IF25 Heat Auction basiert auf einer Fixprämie pro vermiedener Tonne CO2, die über einen Zeitraum von fünf Jahren halbjährlich ausgezahlt wird – leistungsbasiert (output-based) und damit abhängig von der tatsächlich erzeugten erneuerbaren Prozesswärme. Unternehmen geben ein Gebot in EUR/t CO2 ab. Den Zuschlag erhalten jene Projekte, die die Förderkriterien erfüllen und den niedrigsten Preis pro vermiedener Tonne CO2 bieten („Pay-as-Bid-Prinzip“).

Weitere Hintergründe zum Fördermodell finden Sie in unserem vorangegangenen Artikel zur Prozesswärmeauktion.

Die IF25 Heat Auction verfolgt zwei eng miteinander verbundene Ziele:

  1. Die Dekarbonisierung industrieller Prozesswärme durch den Ersatz fossiler Wärmeerzeugung mit elektrifizierten oder direkt erneuerbaren Lösungen wie Wärmepumpen, E-Boilern, Solar- oder Geothermieanlagen.
  2. Die Systemintegration elektrifizierter Prozesswärme, um Lastspitzen im Stromsystem zu vermeiden und die Nutzung erneuerbarer Energien zu fördern. Hintergrund ist, dass der Stromverbrauch während Spitzenlastzeiten in vielen europäischen Stromgebotszonen mit fossiler Stromerzeugung und hohen Systemkosten (z. B. Redispatch) verbunden ist.

Die IF25 Heat Auction zielt daher konkret auf den Business Case der Flexibilisierung ab – d.h. darauf, dass elektrifizierte Prozesswärme nicht nur CO2-ärmer, sondern auch systemdienlich erzeugt wird. Diese Zielsetzung spiegelt sich unmittelbar in den Rahmenbedingungen der Förderung wider: So ist im Standardfall die Förderung auf 70 % der jährlichen Volllaststunden (bezogen auf die installierte thermische Nennleistung) begrenzt. Damit will die EU vermeiden, dass Projekte im Bandlastbetrieb laufen und Strom auch in emissionsintensiven Stunden verbrauchen.

Eine Förderung von mehr als 70 % der möglichen Volllaststunden ist nur möglich, wenn ein technischer Nachweis von Flexibilität bereits in der Bewerbungsphase erbracht wird durch:

  • Nachweis der Möglichkeit der flexiblen Laststeuerung, also die Möglichkeit, die Leistung an Stromangebot und Preisentwicklungen anzupassen. In diesem Fall würde die Restriktion auf 80 % steigen.
  • Nachweis, dass Strom- oder Wärmespeicher genutzt werden, die 20 % des Verbrauchs/Bedarfs innerhalb 1 Stunde für 4 Stunden ersetzen können. Die Volllaststundenbeschränkung würde in diesem Fall vollständig aufgehoben werden. 
  • Bei Wärmepumpen mit einem Leistungskoeffizienten (COP) von mindestens 2,0 oder dem Einsatz von direkten erneuerbaren Wärmequellentechnologien wird die Volllaststundenbeschränkung ebenfalls vollständig aufgehoben. 

Was ist im Falle der Flexibilisierung zu beachten?

Die Auszahlung im Rahmen der IF25-Auktion erfolgt leistungsbasiert. Die Prämie wird halbjährlich ausgezahlt und richtet sich nach der real erzeugten erneuerbaren Prozesswärmemenge, nicht nach Prognosewerten. Im Rahmen der Antragsstellung ist jedoch die erwartete durchschnittliche jährliche Produktionsmenge anzugeben, also die Menge der künftig erzeugten elektrifizierten oder direkt erneuerbaren Prozesswärme. Diese Angabe ist von zentraler Bedeutung, da durch die in den Rahmenbedingungen definierte Ober- und Untergrenze das Fördervolumen innerhalb einer bestimmten Bandbreite fixiert wird.

  • Obergrenze – Maximales Fördervolumen

    Wird in einem Halbjahr mehr erneuerbare Prozesswärme erzeugt als im Antrag angegeben, werden die zusätzlichen Mengen so lange gefördert, bis das im Fördervertrag definierte maximale Fördervolumen ausgeschöpft ist. Das maximale Fördervolumen ergibt sich aus folgender Berechnungsformel:

    Max. Fördervolumen = [Gebotspreis] ∗ [erwartete jährliche CO2-Einsparung] ∗ 5 Jahre

    Im Antrag ist dabei eine durchschnittliche jährliche Produktionsmenge anzugeben, die als Grundlage für die Berechnung der CO2-Einsparung dient. Fällt die tatsächliche Produktion in einzelnen Halbjahren höher aus, erhöht sich zwar die Auszahlung in diesen Perioden, der Förderzeitraum verkürzt sich jedoch faktisch, da das Budget schneller ausgeschöpft wird. Im fünften Jahr kann die Auszahlung folglich geringer ausfallen oder vollständig entfallen, sobald das maximale Fördervolumen erreicht wurde.
  • Untergrenze – Mindestproduktion

    Bleibt die tatsächliche Wärmeerzeugung über drei aufeinanderfolgende Jahre mehr als 30 % unter dem im Antrag angegebenen Produktionsvolumen, kann die Fördervereinbarung (Grant Agreement) beendet oder das Fördervolumen reduziert werden.

    Die Completion Guarantee wird in diesem Zusammenhang jedoch nicht mehr gezogen, da sie ausschließlich der Absicherung der Projektumsetzung dient. Gemäß den Förderbedingungen kann die Garantie durch die Granting Authority nur dann gezogen werden, wenn das Projekt:

    i. nicht innerhalb von zwei Jahren nach Zuschlag den Financial Close erreicht oder
    ii. nicht innerhalb von vier Jahren nach Unterzeichnung des Grant Agreement in Betrieb genommen wird.

    Eine Unterproduktion während des laufenden Betriebs fällt somit nicht unter diese Auslösebedingungen, da das Projekt zu diesem Zeitpunkt bereits in Betrieb ist und der Financial Close erreicht wurde.

Gerade bei der strombasierten Wärmeerzeugung ist die tatsächliche Jahresproduktion schwer prognostizierbar. Sie hängt stark von den Strompreisen und auch von den Preisen fossiler Energieträger ab. Durch die definierte Ober- und Untergrenze der Förderung ergibt sich für Antragstellende ein strategischer Zielkonflikt:

  • Zu hohe Produktionsannahmen erhöhen das Risiko, das Mindestvolumen zu verfehlen, mit der möglichen Folge einer Förderbeendigung.
  • Zu niedrige Annahmen begrenzen den möglichen finanziellen Mehrwert, da bei Mehrproduktion keine zusätzliche Förderung über die Maximalgrenze hinaus erfolgt.

Da das Risiko einer Förderbeendigung bei Unterschreitung der Mindestproduktion schwerer wiegt als der potenzielle Verlust zusätzlicher Fördersummen bei einer höheren Produktion, sollte das im Antrag angegebene Produktionsvolumen eher konservativ und realistisch angesetzt werden. 

Neue Basket-Struktur – Öffnung für mittelständische Industrieprojekte

Eine der zentralen Änderungen in den finalen T&Cs betrifft die Struktur der Auktionskörbe (Baskets). Statt wie bislang zwei Temperaturbereiche zu unterscheiden, sieht die finale Ausschreibungsfassung nun drei separate Themenbereiche vor. Die neue Struktur gliedert sich wie folgt:



Bleiben in einzelnen Baskets Mittel ungenutzt, kann die Kommission diese zwischen den Themenbereichen umverteilen, um eine vollständige Mittelverwendung sicherzustellen. Mit der zusätzlichen Kategorie für mittelgroße Anlagen (3–5 MWth) wird die Relevanz der Auktion deutlich über Großindustrien hinaus erweitert. Damit erhalten nun auch mittelständische Unternehmen Zugang zur Förderung, die bislang aufgrund geringerer Produktionskapazitäten und Prozessgrößen von einer Teilnahme ausgeschlossen gewesen wären.

Reduzierte Completion Gurantee

Eine weitere Anpassung betrifft den Sicherheitsnachweis für die Projektfertigstellung (Completion Guarantee). Der erforderliche Bürgschaftsrahmen wurde in den finalen T&Cs von 8 % auf 6 % der maximalen Fördersumme reduziert.

Trotz dieser Absenkung haben nicht zuletzt die Erfahrungen aus der Wasserstoffauktion gezeigt, wie wichtig ein wirtschaftlich tragfähiges und umsetzbares Projektkonzept für den Erfolg der Förderung ist. Laut einer aktualisierten Liste der Kommission haben sich insgesamt sieben der ursprünglich bezuschlagten Projekte aus der Wasserstoffauktion zurückgezogen. Nach Angaben der EU war hierfür insbesondere das Risiko der Inanspruchnahme der Completion Guarantee ausschlaggebend​. Bei einigen Projekten hätte diese im mittleren zweistelligen Millionenbereich gelegen. Die betroffenen Unternehmen stellten im Zuge der Vertragsverhandlungen fest, dass sie den Financial Close oder die fristgerechte Inbetriebnahme nicht sicherstellen konnten, und zogen ihre Angebote daher noch vor Vertragsunterzeichnung zurück. Diese Beispiele unterstreichen die Bedeutung einer fundierten Projektkalkulation und realistischen Zeitplanung.

Fazit & Ausblick

Mit den finalen Rahmenbedingungen konkretisiert die EU ihre Erwartungen an eine wirtschaftlich tragfähige, flexible und systemdienliche Dekarbonisierung industrieller Prozesswärme. Die Auktion soll Anfang Dezember geöffnet werden. Unternehmen, die eine Teilnahme prüfen, sollten bereits jetzt mit der Vorbereitung beginnen, um rechtzeitig zum Ausschreibungsstart antragsfähig zu sein.

Mit unserem spezialisierten Leistungsangebot unterstützen wir Ihre Projekte entlang des gesamten Antragsprozesses:


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