Erbschaftsteuerreform: Ergebnis des Vermittlungsausschusses

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7 Stunden Verhandlungen hat es gebraucht, bis sich der Vermittlungsausschuss in der Nacht vom 21. zum 22. September 2016 auf ein gemeinsames Konzept zur Reform der Erbschaftsteuerbegünstigung für Unternehmensnachfolger geeinigt hat.
 

Sehr viel hat sich zu dem vom Bundestag am 24. Juni 2016 beschlossenen Gesetz nicht geändert. Einige Anpassungen wurden vorgenommen, das eigentliche Konzept jedoch beibehalten. Neue Modelle wie eine „Flat-Tax auf alles” wurden endgültig verworfen.
 

Keine Änderungen gab es bei der Abschmelzung des Verschonungsabschlages bei großen Unternehmen ab 26 Mio. Euro Wert des übertragenen Anteils. Die Abschmelzzone verläuft weiterhin bis zu einem Wert von 90 Mio. Euro. Zudem bleiben gewerblich geprägte Personengesellschaften begünstigungsfähig.
 

Der Anwendungszeitpunkt des neuen Rechts bleibt bestehen. Das bedeutet, dass für Übertragungen nach dem Stichtag 30. Juni 2016 das neue Recht gelten wird.

 

Welche Änderungen enthält nun das Kompromisspaper?

Abschlag bei Familienunternehmen

Eine gute Nachricht: Der Abschlag bleibt erhalten! Bei Vorliegen von 3 Voraussetzungen wird ein Abschlag von maximal 30 Prozent auf das begünstigte Vermögen gewährt. Der Gesellschaftsvertrag oder die Satzung muss Bindungen zur Gewinnentnahme, zur Übertragbarkeit der Anteile und zur Beschränkung der Abfindung enthalten, die auch den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen müssen.
 

  • Verschärft wurde die Bindung bei Gewinnentnahme. Die Entnahme/Ausschüttung muss auf höchstens 37,5 Prozent des Nachsteuer-Gewinns beschränkt sein, wobei Entnahmen für Zwecke der Einkommensteuerzahlung nicht angerechnet werden
  • Die Verfügung über die Beteiligung an der Personengesellschaft oder den Anteil an der Kapitalgesellschaft bleibt auf Angehörige, eine Familienstiftung und auch auf Mitgesellschafter zulässig.
  • Keine Änderung auch bei der Abfindungsbeschränkung: Jegliche Beschränkung wird unabhängig vom Umfang anerkannt, da der Grad der Beschränkung unmittelbar die Höhe des Abschlags bis max. 30 Prozent vorgibt.
  • Die Vor- und Nachfristen für die Beibehaltung der Beschränkungen bleiben unverändert. Sie waren aber auch schon im vom Bundestag beschlossenen Gesetz sehr streng gefasst (2 Jahre Vorfrist, 20 Jahre Nachfrist).
     

Verwaltungsvermögensquote

Voraussetzung für die Gewährung der Steuerbefreiung in der Optionsverschonung (von 100 Prozent) wird wie im bisherigen Recht ein Verwaltungsvermögenstest sein: Das begünstigungsfähige Vermögen darf zu maximal 20 Prozent aus Verwaltungsvermögen bestehen. Ansonsten wird lediglich die Regelverschonung (85 Prozent) gewährt.
 

Es bleibt dabei, dass Verwaltungsvermögen allgemein nicht in die Begünstigungen einbezogen wird, sondern immer zu versteuern ist.
 

Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen

Nicht zum Verwaltungsvermögen gehören die Teile des begünstigungsfähigen Vermögens, die ausschließlich und dauerhaft aus der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen bestehen. Zugriff darauf dürfen nur die daraus berechtigten Gläubiger haben. Die Befreiung wird auf die Höhe des gemeinen Wertes der entsprechenden Verbindlichkeiten begrenzt.
 

(Nicht) begünstigtes Vermögen

Der Möglichkeit, privat genutzte oder motivierte Wertgegenstände in das Betriebsvermögen zu verlagern und hierfür die Erbschaftssteuerbegünstigung zu erlangen, wird ein Riegel vorgeschoben: Der Vermögensverwaltungskatalog wird um Briefmarkensammlungen, Oldtimer, Yachten, Segelflugzeuge und sonstige typischerweise der privaten Lebensführung dienende Gegenstände ergänzt. Eine Ausnahme besteht nur, wenn sie den Hauptzweck des Betriebes bilden (z.B. Handel).
 

Die Nutzungsüberlassung von Grundstücken an Dritte ist nicht schädlich, wenn sie im Rahmen von Lieferungsverträgen dem Absatz von eigenen Erzeugnissen und Produkten dient. Damit wird diese Erleichterung auf die Fälle der Verpachtungen bei Brauerei-Gaststätten oder Tankstellen zurückgenommen.
 

Finanzmitteltest

Der Abzug von 15 Prozent des Unternehmenswertes findet nur Anwendung, wenn das begünstigungsfähige Vermögen nach seinem Hauptzweck einer originär gewerblichen Tätigkeit dient. Für typische Wohnungsgesellschaften, die keine gewerbliche Tätigkeit unterhalten, bedeutet das, dass der gesamte Finanzmittelbestand als Verwaltungsvermögen zu behandeln ist.
 

Stundungsregelung

Eine Stundung ist bei Erwerben von Todes wegen auf Antrag nur noch bis zu 7 Jahren möglich. Das erste Jahr ist zinslos, danach werden Zinsen von derzeit 6 Prozent/Jahr fällig.
 

Kapitalisierungsfaktor

Auch diese Regelung zugunsten kleiner und mittlerer Unternehmen bei der Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens bleibt bestehen, wurde jedoch pragmatisch gestaltet: Der Kapitalisierungsfaktor wird auf 13,75 festgelegt. Eine Änderung aufgrund der Entwicklung des Zinsniveaus erfolgt nicht mehr automatisch zu Jahresbeginn, sondern ist durch die Rechtsverordnung des Bundesfinanzministeriums möglich. Gegenüber der bisherigen Überbewertung mit einem Faktor von aktuell 17,85 bedeutet das eine Annäherung an realistischere Verkehrswerte für kleine und mittlere Unternehmen, die sich eine Unternehmensbewertung nicht leisten können. Der neue Faktor soll bereits für Bewertungen ab 1. Januar 2016 gelten.

  

Der Kompromiss im Vermittlungsausschuss wurde am 29. September 2016 von Bundestag und am 14. Oktober 2016 von Bundesrat bestätigt. Damit tritt die Reform rückwirkend zum 1. Juli 2016 in Kraft. Es ist aber zu erwarten, dass auch das neue Erbschaftsteuergesetz vor dem Bundesverfassungsgericht geprüft werden wird, denn die komplizierten Regelungen weisen Begünstigungslücken auf und auch Erben von nicht-begünstigtem Vermögen werden erneut die Gerechtigkeitsfrage stellen. 

zuletzt aktualisiert am 24.10.2016 

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