Erleichterungen für einbezogene Gesellschaften nach BilRUG-RegE

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§ 264 Abs. 3 bzw. § 264b HGB sehen vor, dass Kapital- bzw. Personenhandelsgesellschaften ohne natürliche Person als persönlich haftender Gesellschafter unter bestimmten Voraussetzungen keinen Jahresabschluss und Lagebericht nach den für diese Gesellschaften geltenden strengeren Vorschriften aufstellen, prüfen lassen und offenlegen müssen. Im Rahmen des BilRUG ist geplant, bei diesen Voraussetzungen Anpassungen vorzunehmen.

Befreiungen für Kapitalgesellschaften

Bisher verlangt § 264 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 HGB, dass das Mutterunternehmen einer zu befreienden Kapitalgesellschaft zur Verlustübernahme nach § 302 AktG oder nach dem für das Mutterunternehmen maßgeblichen Recht verpflichtet ist oder eine solche Verpflichtung freiwillig übernommen hat. Im Referentenentwurf (RefE) sollte es – im Unterschied zur bisherigen Regelung – nicht mehr darauf ankommen, ob eine Pflicht zur Verlustübernahme durch das Mutterunternehmen besteht oder eingegangen wurde. Vielmehr sollte sich das Mutterunternehmen bereit erklären, für die von dem Tochterunternehmen eingegangenen Verpflichtungen einzustehen und damit eine Außenhaftung für sämtliche Verpflichtungen des Tochterunternehmens zu begründen. Dies ließ unklar, welche rechtliche Qualifikation diese Erklärung aufweisen muss und ob eine solche Erklärung Auswirkungen auf den Jahresabschluss des Mutterunter-nehmens (ggf. Angabe als Eventualverbindlichkeit, §§ 251, 268 Abs. 7 HGB-E) hat.
 
Der Regierungsentwurf (RegE) konkretisiert die Anforderung nun dahingehend, dass sich das Mutterunternehmen bereit erklären muss, für die vom Tochterunternehmen eingegangenen Verpflichtungen aus dem jeweiligen Geschäftsjahr einzustehen. Die Begründung zum RegE stellt hierzu – auch im Hinblick auf die bis dato unklare rechtliche Qualifikation dieser Erklärung – folgendes klar:
  • Notwendig ist zumindest, dass das Mutterunternehmen etwaige Verluste (Jahresfehlbeträge) wie nach § 302 AktG ausgleicht.
  • Darüber hinaus muss das Mutterunternehmen Engpässe in der Liquidität des Tochterunternehmens – auch beim Ausweis eines Jahresüberschusses – ausgleichen.
  • Ein unmittelbarer Schuldbeitritt ist nicht erforderlich.
  • Die Verpflichtung kann z.B. durch eine Nachschusspflicht oder eine Patronatserklärung begründet werden.
  • Die Einstandspflicht des Mutterunternehmens muss zu dem Zeitpunkt bestehen, zu dem das Tochterunternehmen die Befreiungsmöglichkeit nutzen will.

 

Festzuhalten bleibt, dass durch die explizite Nennung von Tochterunternehmen eine „Selbstbefreiung” des befreienden Mutterunternehmens nun endgültig ausscheidet. Im Einzelfall zu klären ist, welche Auswirkungen eine solche Erklärung auf den Jahresabschluss des Mutterunternehmens hat (z.B. Haftungsverhältnis nach §§ 251, 268 Abs. 7 HGB, sonstige finanzielle Verpflichtung nach § 285 Nr. 3 HGB, ggf. Rückstellungsbildung nach § 249 HGB).
 
Zum „Zeitpunkt …, zu dem das Tochterunternehmen die Befreiungsmöglichkeit nutzen will” führt die Begründung aus, dass bei Verzicht auf die Offenlegung des Jahresabschlusses zumindest während der gesetzlichen Offenlegungsfrist (und damit auch zur Zeit der entfallenden Aufstellung, Prüfung und Feststellung des Jahresabschlusses) durchgehend eine Einstandspflicht des Mutterunternehmens bestehen müsse. Damit dürfte der Zeitraum von einem Jahr nach dem Abschlussstichtag gemeint sein, innerhalb dessen nach § 325 Abs. 1a HGB-E festgestellter oder gebilligter Jahresabschluss, Lagebericht und Bestätigungs-/Versagungsvermerk beim Bundesanzeiger einzureichen sind. Auf welchen Zeitpunkt bzw. Zeitraum bei isolierter Inanspruchnahme von Aufstellungserleichterungen, etwa dem Verzicht auf die Aufstellung eines Anhangs oder Lageberichts oder bei Verzicht auf die Pflichtprüfung abzustellen ist, wird nicht erläutert. Denkbar wäre es, entsprechend an dem Zeitraum von maximal 3 bzw. (für kleine Gesellschaften 6) Monaten für die Aufstellung gem. § 264 Abs. 1 Satz 3 HGB abzuknüpfen. Da jedoch andererseits nicht unmittelbar einsichtig ist, warum für einen unterschiedlichen Umfang der Inanspruchnahme der Befreiungsmöglichkeit unterschiedliche Zeitpunkte bzw. Zeiträume maßgeblich sein sollen, wäre eine weitere Präzisierung durch den Gesetzgeber wünschenswert.
 

Befreiungen für Personenhandelsgesellschaften

Durch die im RefE gewählte Formulierung des § 264b HGB könnte die bislang in Praxis und Literatur anerkannte Befreiungsmöglichkeit für eigene Abschlüsse (sog. Selbstbefreiung) von Personenhandelsgesellschaften nicht mehr angewendet werden, die gleichzeitig Mutterunternehmen sind. Im RegE wurde § 264b HGB neu formuliert. Eine Personenhandelsgesellschaft i.S.d. § 264a Abs. 1 HGB ist nun von der Verpflichtung befreit, einen Jahresabschluss und einen Lagebericht nach den Vorschriften für Kapitalgesellschaften aufzustellen, prüfen zu lassen und offenzulegen, wenn folgende Punkte kumulativ erfüllt sind:
1. Die betreffende Gesellschaft ist einbezogen in den Konzernabschluss und in den Konzernlagebericht
    a. eines persönlich haftenden Gesellschafters der betreffenden Gesellschaft oder
    b. eines Mutterunternehmens mit Sitz in der EU oder einem anderen EWR-Vertragsstaat, wenn in diesen 
        Konzernabschluss eine größere Gesamtheit von Unternehmen einbezogen ist.
2. Die in § 264 Absatz 3 S. 1 Nr. 3 bis 5 HGB genannten Voraussetzungen sind erfüllt.
 
Über § 264b Nr. 1 (b) HGB soll nunmehr wohl die Möglichkeit zur Selbstbefreiung bestehen bleiben. Dies geht auch aus der Begründung zum RegE hervor: „Möglich bleibt weiterhin, dass die Personenhandelsgesellschaft selbst den Konzernabschluss mit befreiender Wirkung aufstellt; notwendig ist aber auch in diesem Fall eine größere Gesamtheit von in den Konzernabschluss einbezogenen Unternehmen.” Kritisch zu hinterfragen ist in diesem Zusammenhang allerdings § 264b Nr. 2 HGB mit dem darin enthaltenen Verweis auf § 264 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 und 5 HGB, denn darin wird explizit auf Tochterunternehmen abgestellt, was die eigentliche Intention der Neuformulierung unterlaufen dürfte. Dies sollte vor der endgültigen Verabschiedung des Gesetzes geklärt werden.
 

Doppelte Offenlegungspflicht

Im RefE war durch das Einfügen einer Nr. 5 in Abs. 3 des § 264 HGB vorgesehen, dass zusätzlich zur Offenlegung des Konzernabschlusses durch das Mutterunternehmen auch das Tochterunternehmen verpflichtet werden soll, den Konzernabschluss des Mutterunternehmens offen zu legen. Insofern wäre es bei Anwendung der Erleichterungen des § 264 Abs. 3 HGB künftig zu einer doppelten Offenlegungspflicht mit entsprechenden Kostenbelastungen für die Konzerngesellschaften gekommen.
 
Der RegE regelt nun, dass für den Fall, dass das Mutterunternehmen einzelne oder alle der in § 264 Abs. 3 Nr. 5 HGB bezeichneten Unterlagen offengelegt hat, das Tochterunternehmen die betreffenden Unterlagen nicht erneut offenzulegen braucht, wenn sie im Bundesanzeiger unter dem Tochterunternehmen auffindbar sind. Die Begründung zum RegE stellt diesbzgl. klar:
  • Es ist notwendig und ausreichend, wenn Dritte im Bundesanzeiger unter dem Tochterunternehmen den offengelegten Konzernabschluss, den Konzernlagebericht und den Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers oder der Abschlussprüfungsgesellschaft auffinden können.
  • Es genügt, wenn bei der Suche nach dem Tochterunternehmen im Bundesanzeiger der Konzernabschluss und die anderen Unterlagen des Mutterunternehmens angezeigt werden und diese Unterlagen für den Einsicht nehmenden Dritten dort auf die gleiche Weise zugänglich sind wie ein ordnungsgemäß nach § 325 HGB offengelegter Einzelabschluss.
      
    zuletzt aktualisiert am 23.01.2015

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Prof. Dr. Bernd Keller

Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, IT-Auditor IDW

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