Rahmenbedingungen für Auslandsinvestitionen im Energiesektor in China

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zuletzt aktualisiert am 7.10.2015
von Dr. Martin Seybold
 
Auch in Zukunft ist zu erwarten, dass China innovative Technologien im Energiesektor fördern wird, insbesondere um sich von der hohen Kohleabhängigkeit zu lösen. Das eröffnet auch ausländischen Unternehmen gute Möglichkeiten für Geschäfte in China. Allerdings ist nicht zu erwarten, dass sich die Rahmenbedingungen für ausländische Investitionen im Energiesektor in China künftig grundlegend ändern werden.
 
Chinas rasantes Wirtschaftswachstum sowie die voranschreitende Industrialisierung führten in den vergangenen Jahren zu einem ebenso stark ansteigenden Energiehunger. Mittlerweile zählt das Reich der Mitte zu den Ländern mit dem weltweit höchsten Energiebedarf[1], was China zugleich zum weltweit größten CO2-Emittenten und Kohleverbraucher werden ließ.[2] Bis 2030 soll sich der Energiebedarf noch einmal verdoppeln.[3] Parallel dazu stieg die Abhängigkeit von Öl- und Gasimporten. China muss bereits jetzt mehr als 50 Prozent seines Öls importieren und ist damit sehr stark vom Weltmarkt und dessen Preisen abhängig.[4]
 
Der chinesischen Führung ist schon länger bewusst, dass ein grundlegender Kurswechsel hin zu einer schrittweisen Unabhängigkeit von Energieimporten und zu mehr Umweltschutz nötig ist. Sie hat der Umweltindustrie deshalb bereits während der Weltwirtschaftskrise 2008 einen hohen Stellenwert innerhalb des chinesischen Konjunkturprogramms beigemessen. Der Entwurf des New Energy Industry Development Plan sah Investitionen in Erneuerbare Energien in Höhe von 5 Billionen RMB (ca. 714 Milliarden Euro) und einen jährlichen Zuwachs des Produktionswerts von 1,5 Billionen RMB vor. Als Resultat der immensen Investitionen in den letzten Jahren wuchs der Anteil der Umweltindustrie am Bruttoinlandsprodukt auf über 3 Prozent.
 
Zukünftig wird die chinesische Führung den Ausbau und die Entwicklung des Umweltsektors in China voraussichtlich noch stärker fördern: Zwar debattiert die politische Führung aktuell noch über den Inhalt des 13. Fünfjahresplans (dann gültig von 2016–2020), es scheint jedoch schon jetzt relativ gesichert, dass China auch in den nächsten Jahren weiter auf eine Verbesserung des Umweltschutzes, der Energieeffizienz und der verstärkten Förderung von Erneuerbaren Energien setzen wird, um für eine sauberere Umwelt für die eigene Bevölkerung zu sorgen und die Abhängigkeit von den fossilen Energieträgern – allen voran der Kohle – abzubauen.
 
Die nötigen Anreize zur schnellen Weiterentwicklung der Erneuerbaren Energien in China hat die Regierung in den letzten Jahren geschaffen, indem sie einen Einspeisevorrang für Strom aus regenerativen Quellen, Feed-in-Tarife (FiTs; Einspeisevergütungen) sowie auch steuerliche Vergünstigungen eingeführt hat. So wird beispielsweise die Mehrwertsteuer aus dem Verkauf von aus Windenergie gewonnenem Strom zu 50 Prozent erstattet, beim Verkauf von selbst erzeugtem Biodiesel sogar zu 100 Prozent. Auch Unternehmen, die sich mit den entsprechenden innovativen Technologien und Dienstleistungen im Energiesektor befassen, können Steuerbefreiungen oder -erleichterungen erhalten.
 
Zusätzliche Gebühren auf den Stromverbrauch fließen in Fonds, die der Finanzierung von Förderprogrammen im Bereich der Erneuerbaren Energien dienen. Auch die chinesischen Banken haben mit speziellen Kreditvergabeprogrammen für Umweltprojekte und umweltfreundliche Industrien zum Ausbau der Erneuerbaren Energien in China beigetragen.
 
Das alles hat offenbar dazu geführt, dass es 2012 zu einer bemerkenswerten Veränderung in Chinas Energiemix kam: Erstmals lösten die Nuklear-, Wind- und Hydroenergie den Posten Rohöl als zweitgrößte Energiequelle ab.[5]
 


Mit der Strukturreform des Stromsektors im Jahre 2002 kam es schrittweise zu einer wettbewerbsorientierten Liberalisierung des chinesischen Strommarktes. Allerdings kommt der Sicherstellung der Energieversorgung und dem Aufrechterhalten der Preisstabilität in China nach wie vor ein hoher Stellenwert zu, weshalb der chinesische Energiemarkt auch weiterhin unter weitreichender staatlicher Kontrolle und Aufsicht steht. In den Upstream-Märkten wie Kohle- oder Rohölförderung können sich die Preise zwar relativ frei bilden, in verbrauchernahen Märkten (Downstream) wie Haushaltsstrom, Erdgasheizung oder Benzin unterliegt die Preisbildung aber noch immer staatlicher Kontrolle.[6]
 
Des Weiteren sind die Errichtung und der Betrieb von Stromnetzen fest in den Händen der beiden großen staatlichen Netzgesellschaften State Grid Corporation of China (SGCC) und China Southern Grid Company (CSG). Auf der Erzeugerseite befinden sich fünf staatseigene Unternehmen – auch die „Big Five” genannt –, die den Großteil des Stroms produzieren.[7]
 
Grundsätzlich ist bei jeder Investition in China der Catalogue for the Guiding of Foreign Investment (sog. „Investitionslenkungskatalog”) zu beachten. Er reguliert den Zufluss ausländischen Kapitals und unterteilt die verschiedenen Wirtschaftszweige in die Kategorien „bevorzugt”, „beschränkt” und „verboten”. In der neuesten Auflage des Investitionslenkungskataloges von 2015 sollen insgesamt zwölf Industriesektoren und 345 Branchen gefördert werden. Im Vergleich zu dem Katalog von 2011 bestehen weitaus weniger Beschränkungen, so hat sich z. B. die Zahl der Wirtschaftszweige in der Kategorie „beschränkt” von 79 auf 38 und in der Kategorie „verboten” von 38 auf 36 reduziert.
 
Bei aller Euphorie über die Investitionsmöglichkeiten und Förderprogramme im Bereich Umweltschutz und Erneuerbare Energien ist allerdings nach wie vor zu bedenken, dass die allgemeinen Investitionsbedingungen für ausländische Unternehmen in China als nicht sehr positiv, teilweise sogar als eher schwierig einzustufen sind. So besteht in wesentlichen Bereichen des Energiesektors das Erfordernis, chinesische Partner einzubinden, und die Zuständigkeit verschiedenster Behörden bringt in der Praxis erhebliche Investitionsbarrieren mit sich.
 
Zum Bau von Kraftwerken ist beispielsweise meist eine lokale Gesellschaft erforderlich. Vor der Projektrealisierung müssen unter anderem eine Machbarkeitsstudie vorgelegt und Verträge mit der lokalen Regierung geschlossen werden. Ein Energieversorger muss zudem eine Genehmigung zur Stromversorgung bei der jeweiligen für elektrische Energie zuständigen Verwaltung beantragen – das ist je nach Versorgungsgebiet entweder die Provinzregierung, die autonome Region oder die Zentralverwaltung der ihr unterstehenden Gemeinde –, bevor er den Betrieb aufnehmen darf.
 
Für deutsche Investoren gibt es allerdings auch gute Neuigkeiten: Um die selbst gesetzten Ziele auch zu erreichen, ist man in China nach wie vor intensiv auf innovative Technologien und das Know-how aus dem Ausland angewiesen. Damit eröffnen sich auch in Zukunft gute Chancen für ausländische Unternehmen auf dem chinesischen Markt, etwa im Bereich des Kraftwerkbaus durch Zulieferung benötigter Komponenten oder mit dem Engineering und Projektmanagement ganzer Anlagen. Hingegen erscheint das selbstständige Betreiben von Kraftwerken oder Stromnetzen aufgrund des regulatorischen Umfeldes und der strikten Kontrolle seitens der chinesischen Regierung weiterhin ungünstig bis eher unrealistisch. Mit dem richtigen Set-up und den entsprechenden Vorkehrungen können aber auch zukünftig Projekte vor allem im Bereich der Erneuerbaren Energien lohnende Geschäfte für deutsche Unternehmen sein.
 

[1] EIA, China Overview, http://www.eia.gov/countries/cab.cfm?fips=ch; Abruf: 28. Juli 2015.

[2] IWR, Energiebedarf verdoppelt sich bis 2030: China setzt weiter auf Kohle – und auf Erneuerbare, http://www.iwr.de/news.php?id=24433; Abruf: 28. Juli 2015.

[3] Solarify, China verdoppelt Energiebedarf bis 2030, http://www.solarify.eu/2013/09/13/176-china-verdoppelt-energiebedarf-bis-2030/; Abruf: 28. Juli 2015.

[4] The Diplomat, China's Changing Oil Calculus, http://thediplomat.com/2013/04/chinas-changing-oil-calculus/; Abruf: 28. Juli 2015.

[5] Energieherstellung 2012, National Bureau of Statistics of China, China Statistical Yearbook 2013, http://www.stats.gov.cn/tjsj/ndsj/2013/indexeh.htm; Abruf: 27. Juli 2015

[6] EnergyComment, Chinesische Energiepolitik – eine Einführung, http://www.energycomment.de/chinesische-energiepolitik-eine-einfuhrung/; 28.7.2015

[7] Schuma, S. NDRC White Paper, Improving China’s Existing Renewable Energy Legal Framework: Lessons from the International and Domestic Experience, Abruf: 27.7.2015

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