Singapur als Erneuerbare-Energien-Technologiezentrum und Hub für ASEAN

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zuletzt aktualisiert am 9. Januar 2019


Singapur will sich als attraktiver Standort für Erneuerbare Energien weltweit und v.a. in der süd­ostasiatischen Staatengemeinschaft „ASEAN” präsentieren. Der Stadtstaat lockt Unternehmen aus der Branche mit hervorragenden rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen. Gleichzeitig dürfte sich ein Engagement in Singapur aber auch für Unternehmen lohnen, die den hochdynami­schen ASEAN-Markt für Erneuerbare Energien im Blick haben.




   
„We need the greenery of nature to lift our spirits” – so lautet das Erfolgskonzept des 2015 verstorbenen Staatsgründers Lee Kuan Yew. Die nachhaltige Entwicklung des ehemals britischen Handelspostens zu einer sauberen und „grünen” Weltmetropole bildet daher seit Langem einen wichtigen Pfeiler der singapurischen Politik. Für den industrialisierten tropischen Stadtstaat ohne nennenswerte natürliche Energievorkommen und mit einer Gesamtbevölkerung von etwa 5,62 Mio. Einwohnern auf 721,5 km2 ist das eine große, aber auch unvermeidbare Herausforderung, um als attraktiver und wettbewerbsfähiger Standort bestehen zu können.


Gleichzeit liegt Singapur inmitten einer in Hinblick auf Energie unterversorgten Region. So haben in Südostasien rund 120 Mio. Menschen keinen Zugang zu Strom, allein in der ASEAN-Region sind es ca. 65 Mio. Menschen. Gleichzeitig wächst nicht nur die Bevölkerung der Anrainerstaaten, sondern auch deren Wirtschaft rasant, was für einen stetig steigenden Energiebedarf sorgt.


„Lebendes Labor” Singapur: Forschung, Finanzierung, Regulierung

Seit Jahren betreibt Singapur eine aktive Standortpolitik für den Bereich Erneuerbare Energien und bezeichnet sich für die Unternehmen der Branche als „lebendes Labor”, in dem die Unternehmen im Rahmen von Public-Private-Partnerships auf städtische Infrastruktur zurückgreifen können, um ihre Produkte zu entwickeln und zu erproben. Der Staat fördert zudem die Forschung im Erneuerbare-­Energien-­Sektor und stellt umfangreiche Finanzierungsmittel zur Verfügung. Seit 2011 hat die singapurische Regierung mehr als 467 Mio. Euro an öffentlichen Mitteln für Forschung, u.a. im Bereich Energie, aufgewendet. In den kommenden 5 Jahren möchte Singapur nach einer Verlautbarung aus dem Jahr 2016 den öffentlichen Forschungs- und Entwicklungsbereich für urbane Lösungsansätze und Nachhaltigkeit mit rund 600 Mio. Euro finanzieren. Wichtige Forschungs­ein­richtungen für den Erneuerbare-Energien-Bereich sind das „Solar Energy Research Institute of Singa­pore” (SERIS) – das Teil der renommierten National University of Singapore ist – und das „Energy Research Institute @ NTU” (ERI@N), das gemeinsam mit Unternehmen u.a. auf den Gebieten Windenergie, Brenn­stoff­zellen und intelligente Stromnetze forscht.


Singapur hat sich über Jahre hinweg als internationales Finanzzentrum etabliert. Insbesondere für die Region ist Singapur das Hub für Projektentwicklung und -finanzierung im Erneuerbare-Energien-Sektor. So wurden gezielt die „Renewable Energy Desks” von internationalen Finanzinstituten für deren Finanzierungs­geschäfte in Asien angelockt. Ebenfalls werden neue Finanzierungsinstrumente – wie Projektanleihen und „Green Business Trusts” – ins Leben gerufen. Laut der Internationalen Energieagentur sind im asiatischen Raum bis zum Jahre 2040 Investitionen in Energie i.H.v. knapp 2,9 Billionen US-Dollar erforderlich. Daran dürften sich neben Banken und regierungsnahen Organisationen v.a. auch Private-Equity-Fonds und andere Privatunternehmen, die verstärkt Interesse an Erneuerbaren Energien zeigen, beteiligen. Für Unternehmen aus der Branche dürfte sich die Nähe zu Finanzdienstleistern bei der Planung und Finan­zierung ihrer Investitionen in Singapur und insbesondere der ASEAN-Region bezahlt machen.

 

Weiterhin strebt die Regierung mit der mit dem Haushalt 2018 eingeführten sog. „Carbon Tax” (CO2-Steuer) einen weiteren Schritt in Richtung sauberer Energie an. Die Carbon Tax betrifft alle Einrichtungen, die jährlich 25.000 Tonnen oder mehr Treibhausgase produzieren. Die Carbon Tax i.H.v. 5 Singapur-Dollar wird, basierend auf den Emissionen von 2019, erstmals 2020 erhoben und soll bis 2023 gelten. Ab dem Jahr 2023 soll die CO2-Steuer erhöht werden, sodass sie bis zum Jahr 2030 zwischen 10 bis 15 Singapur-Dollar pro Tonne Treibhausgas betragen soll.


Energiemix mit der Solarenergie im künftigen Fokus

Mit einem Anteil von über 95 Prozent bildet flüssiges Naturgas die primäre Energiequelle, was v.a. auf die geografischen und klimatischen Bedingungen zurückzuführen ist – wie z.B. Freiflächenproblematik, geringe durchschnittliche Windgeschwindigkeit und fehlender Küstenraum aufgrund stark frequentierter Häfen. Die Energiegewinnung aus Solarenergie und Biobrennstoffen bietet allerdings ein großes Zukunftspotenzial. Insbesondere der Solarenergie wird ein großer Stellenwert eingeräumt, da Singapur mit seiner Lage am sog. „asiatischen Sonnengürtel” rund 50 Prozent mehr Sonneneinstrahlung als etwa Deutschland aufweist. Der Stadtstaat hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2020 5 Prozent der Stromnachfrage über Solarenergie zu bedienen, was einer Leistung von 350 MWp entsprechen würde. Laut SERIS könnte Singapur 2050 bis zu 20 Prozent seines Energiebedarfs über die Solarenergie decken. Schwierigkeiten bereitet in dem Zusammenhang jedoch die Landknappheit. Daher muss an Alternativen zur Freiflächenphotovoltaik gearbeitet werden, z.B. der Verwendung freier Dachflächen und der Nutzung der Wasserflächen der 17 vorhandenen Süßwasser-Reservoirs mittels schwimmender Photovoltaik-Anlagen. Weitere innovative Ansätze und Finanzierungsmodelle für Solarenergie in Singapur sind etwa Solar-Leasingprojekte und Offsite-Power-Purchase Agreements.

 

Bereits jetzt setzen einige Unternehmen ambitionierte Ziele in Bezug auf Solarenergie um. Nachdem das Unternehmen Apple seit 2016 seinen gesamten Energiebedarf aus Solarenergie bezieht, setzt nun auch Microsoft darauf. Anfang März verkündete das Unternehmen, dass es seinen Energiebedarf über Solarenergie von Sunseap, einen Anbieter für Erneuerbare Energie, decken wird. Zudem hat sich StarHub, ein großer Telekommunikationsanbieter aus Singapur, mit Sunseap zusammengeschlossen, um seit April 2018 singa­purischen Haushalten Solarstrom anzubieten. Es werden dabei 2 verschiedene Modelle angeboten: Über das Modell „Green Life” können Haushalte ihren gesamten Strombedarf ohne weitere Kosten aus Solarstrom beziehen und über das Modell „Green Save” erhalten Haushalte 5 Prozent ihres Stroms aus Erneuerbaren Energien und erhalten dafür einen 20-Prozent-Rabatt auf den Stromtarif.


Chancen für die Erneuerbare-Energien-Branche

Obgleich Singapur nur einen verhältnismäßig kleinen Absatzmarkt für Unternehmen bietet und der Anteil an Erneuerbaren Energien trotz des beachtlichen Wachstumspotenzials kurz- bis mittelfristig nur einen über­schau­baren Anteil des Gesamtenergiebedarfs abdeckt, sehen wir – ähnlich wie in anderen Branchen – großes Potenzial für Direktinvestitionen in den singapurischen Markt. Das scheinen viele Unternehmen aus dem Erneuerbare-Energien-Sektor genauso zu sehen, denn in den vergangenen Jahren haben sich bereits 100 solcher Unternehmen in Singapur angesiedelt. V.a. für Forschung, Entwicklung und Vertrieb von Erneuerbare-Energien-Produkten bietet Singapur exzellente Investitionsbedingungen – selbst in Erneuerbare-Energien-Sparten, die mit Blick auf den singapurischen Absatzmarkt weniger von Interesse sind, wie z.B. Windkraft oder Meeresenergie. Die Gründe dafür sind vielfältig: Allgemein bietet Singapur aufgrund
  • seiner geopolitischen Lage,
  • der liberalen und unternehmensfreundlichen Wirtschaftspolitik,
  • seiner politischen Stabilität und exzellenten Infrastruktur,
  • der transparenten und umfassenden regulatorischen Rahmenbedingungen,
  • dem attraktiven Steuersystem
  • sowie der hervorragend ausgebildeten Arbeitskräfte

 

günstige und verlässliche Geschäftsbedingungen für ausländische Investoren. Investitionsbeschränkungen für ausländische Investoren bestehen praktisch nicht. So sieht das bspw. auch die „Doing Business 2018”-Studie der Weltbank, die Singapur seit 2008 9 Mal in Folge als investitionsfreundlichste Volkswirtschaft der Welt ausgezeichnet hat und Singapur seit 2017 auf Platz 2 hinter Neuseeland rankt. Nach dem aktuellen Bericht des World Economic Forum rangiert Singapur im Ranking der wettbewerbsfähigsten Volkswirtschaften der Welt auf Platz 2 hinter den USA.


Singapur als Sprungbrett in den ASEAN-Markt 

Singapur bietet sich für Unternehmen der Erneuerbare-­Energien-­Branche als hervorragender Ausgangs­punkt für weitere Expansionen in den ASEAN-Markt an. Mit seiner zentralen Lage und seiner hervorra­genden Infrastruktur bietet der Stadtstaat perfekte Bedingungen für Markterkundungen, Lobby-Maßnahmen, Teilnahme an Ausschreibungen und nicht zuletzt für eine Kontaktaufnahme zu Regierungs­einrichtungen und Unternehmen in der Region. Neben den einzelnen Mitgliedsstaaten sollte dabei auch ASEAN als politische Ebene Aufmerk­samkeit erfahren. Kooperationen im Erneuerbare-Energien-Sektor innerhalb ASEANs unterstützt das ASEAN Centre for Energy aktiv. Der aktuelle Aktionsplan 2016 – 2025 spricht u.a. die Integration der Stromnetze, die Harmonisierung von Standards im Bereich der Energieeffizienz und auch die verbesserte Zusammenarbeit im Bereich der Forschung und der Finanzierung von Erneuerbare-Energien-Projekten an. Für Unternehmen der Branche dürfte sich der Standort Singapur auch als Schaufenster für neue Produkte und Lösungen anbieten. Bewährte Lösungen könnten sich so in andere Ballungszentren der Region – wie Bangkok, Jakarta und Manila – exportieren lassen. Für Möglichkeiten des „Netzwerkens” bietet Singapur bereits jetzt die perfekte Grundlage. So fanden alleine im Jahr 2018 u.a. die „International Green Building Conference” und der „Asia Clean Energy Summit” in Singapur statt.


Insgesamt lohnt es sich deshalb, einen Blick auf Singapur als Markt für Erneuerbare Energien und als Sprung­brett in den dynamischen ASEAN-Markt zu wagen.

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