Neue Mechanismen der Elektrizitätsvermarktung in Kasachstan: Investitionstarif und Beteiligung des Nationalen Wohlstandsfonds

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​​​​​​​veröffentlicht am 20. Oktober 2025


Seit Juni 2025 gelten in Kasachstan zwei neue Mechanismen für die Vermarktung von Elektrizität. Beide Maßnahmen verfolgen das Ziel, den Energiesektor zu modernisieren und Investitionen, insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energien, planbar abzusichern.


Für ausländische Investoren – darunter deutsche und europäische Unternehmen –​​ sind diese Entwicklungen besonders relevant, da sie sowohl die Bedingungen für den Strombezug als auch langfristige vertragliche Verpflichtungen und die Kapitalrückführung betreffen.

Der erste Mechanismus ist der sogenannte Investitionstarif. Hierbei handelt es sich um einen stundenbasierten Tarif, zu dem Großabnehmer Elektrizität vom „Abrechnungs- und Finanzzentrum zur Unterstützung erneuerbarer Energien“ erwerben. Zweck des Tarifs ist die Deckung von Investitionsverpflichtungen für Projekte, die vor dem 1. Juli 2023 begonnen wurden. Die Berechnung des Tarifs richtet sich nach einer von der Regierung Kasachstans mit Verordnung Nr. 606 vom 12. August 2025 festgelegten Formel. Berücksichtigt werden dabei die Kosten für den Erwerb von Elektrizität zum Höchsttarif, die Aufwendungen des „Abrechnungs- und Finanzzentrums zur Unterstützung erneuerbarer Energien“ für den Import von Elektrizität und die Förderung erneuerbarer Energien sowie der Verbrauchsanteil des jeweiligen Abnehmers.

Begünstigte des Investitionstarifs können ausschließlich in Kasachstan registrierte juristische Personen sein, einschließlich Gesellschaften im Rahmen des Astana International Financial Centre (AIFC). Voraussetzung ist ein direkter Anschluss an das Netz eines Energieerzeugers, ein Projektbeginn vor dem 1. Juli 2023 sowie eine Betriebsdauer des Objekts von maximal zehn Jahren ab Inbetriebnahme.

Für die Aufnahme in die Liste der Begünstigten ist ein Antrag mit Nachweisen an die kasachische Regierung zu stellen. Wird dieser genehmigt, erhält das Unternehmen das Recht zur Anwendung des Tarifs für eine bestimmte Dauer, die zehn Jahre nicht überschreiten darf und spätestens am 31. Dezember 2036 endet.

Empfänger des Investitionstarifs unterliegen strengen Pflichten. Sie haben jährlich einen Prüfungsbericht sowie eine Analyse ihrer finanziellen und wirtschaftlichen Tätigkeit vorzulegen, um die zweckgebundene Verwendung des Tarifs zu belegen. Diese Unterlagen müssen gemäß den Vorschriften des kasachischen Rechts über die Abschlussprüfung erstellt werden. Die Nichterfüllung der Berichtspflicht oder der Nachweis einer zweckwidrigen Verwendung führen zum Entzug des Tarifs und zum Ausschluss aus der Begünstigtenliste. Darüber hinaus sind Unternehmen verpflichtet, Überschüsse, die über die Deckung sämtlicher Kosten und Investitionsverpflichtungen hinausgehen, an das Abrechnungs- und Finanzzentrum zur Unterstützung erneuerbarer Energien zurückzuführen. Auf diese Weise trägt der Mechanismus nicht nur zur Refinanzierung bei, sondern auch zur Senkung der Endverbraucherpreise durch Umverteilung von Übergewinnen.

Für Investoren bedeutet der Investitionstarif ein hohes Maß an Planungssicherheit, eine Reduzierung von Risiken und die verlässliche Rückführung von Kapital. Für den Staat stellt er ein Instrument zur Modernisierung des Energiesektors dar, für Unternehmen eine transparente Grundlage zur langfristigen Investitionsplanung.

Der zweite Mechanismus betrifft die Beteiligung des Nationalen Wohlstandsfonds an der Vermarktung von Elektrizität. Energieerzeuger, an denen der Fonds mindestens 25 Prozent der Anteile direkt oder indirekt hält, erhalten das Recht, Elektrizität unter besonderen Bedingungen zu veräußern. Die Veräußerung kann entweder an andere Energieerzeuger erfolgen, die ebenfalls unter Kontrolle des Fonds stehen, oder an das nationale Netzunternehmen KEGOC. Die Geltungsdauer dieses Mechanismus ist bis zum 31. Dezember 2028 befristet.

Verkäufe an KEGOC können sowohl zur Deckung des eigenen technischen Bedarfs als auch zur Sicherstellung vertraglich vereinbarter grenzüberschreitender Energieflüsse und zur Teilnahme am Ausgleichsmarkt abgeschlossen werden. Besonders hervorzuheben ist, dass bei der Festlegung des Höchsttarifs die Kosten für den Erwerb von Elektrizität bei Gesellschaften mit Fondsbeteiligung nicht berücksichtigt werden. Dies schafft zusätzliche Anreize für Projekte mit Beteiligung des Fonds.

Die Einführung des Investitionstarifs und die Beteiligung des Nationalen Wohlstandsfonds schaffen somit neue rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen für Investitionen und die Förderung erneuerbarer Energien in Kasachstan. Der Staat erhält ein wirkungsvolles Instrument zur Modernisierung der Energieinfrastruktur, Investoren profitieren von verlässlichen Rahmenbedingungen, und Verbraucher können langfristig von einer stabileren Versorgung und perspektivisch niedrigeren Tarifen ausgehen.

Für deutsche und europäische Unternehmen eröffnen diese Mechanismen erhebliche Marktchancen. Gleichwohl ist die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen und Fristen von zentraler Bedeutung. Insbesondere ist zu beachten, dass der Investitionstarif spätestens am 31. Dezember 2036 endet, während die Laufzeit des Fondsmechanismus bereits am 31. Dezember 2028 ausläuft. Vor diesem Hintergrund sollten Investoren ihre Projekte sorgfältig planen und rechtzeitig umsetzen, um die Vorteile dieser neuen Regelungen vollumfänglich nutzen zu können.​

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