Strukturierte Ausschreibung der Direktvermarktung

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Die Direkt­ver­marktung ist seit der Novelle des EEG 2014 und damit seit nunmehr 2 Jahren i.d.R. die verpflichtend vorgegebene Vermarktungs­form für Strom aus Erneuerbaren Energien. Dieser Grund­satz wird auch mit dem zum Jahres­wechsel in Kraft tretenden EEG 2017 keine Änderung erfahren. Mit der Ein­führung der ver­pflich­tenden Direkt­ver­marktung auch für KWK-Anlagen hat sich die Direkt­ver­mark­tung endgültig als führendes Instrument für die Ver­mark­tung von dezentral erzeugtem Strom etabliert. Nach wie vor kann sich aber auch für Bestandsanlagen die Direktvermarktung lohnen.
 
Der Begriff der Direkt­ver­marktung bezeichnet nach der Definition des EEG 2014 und 2017 grundsätzlich die Veräußerung von Strom aus Erneuerbaren Energien oder Grubengas an Dritte. Davon ausgenommen ist lediglich Strom, der in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Anlage verbraucht und nicht durch ein Netz (der allgemeinen Versorgung) geleitet wird. Diese „Arealversorgung” ist über das EEG nicht förderfähig. Neben der geförderten Direktvermarktung im sog. Markt­prämien­modell kennen das EEG 2014 und das EEG 2017 auch noch die sonstige Direktvermarktung ohne Inanspruchnahme der Marktprämie, die i.d.R. jedoch keine wirtschaftlich interessante Option darstellt. War die Möglichkeit zur Direkt­ver­marktung im Rahmen des sog. „Grünstromprivilegs” im EEG 2014 – unter Vorsehung einer letztlich nicht umgesetzten Verordnungs­ermächtigung – entfallen, führt das neue Gesetz Regional­nachweise als eine neue Kennzeichnungs­option für in einem Umkreis von ca. 50 km um die EEG-Anlage via Direktvermarktung an Letztverbraucher gelieferten Strom ein. Anders als Herkunfts­nachweise können diese Regionalnachweise auch zusätzlich zur Inanspruchnahme einer Förderung über die Marktprämie des EEG verwendet werden.

Nutzt man die regionale Vermarktungsmöglichkeit nicht, erfolgt die geförderte Direkt­ver­marktung regelmäßig dergestalt, dass der Anlagenbetreiber den erzeugten Strom an ein Direkt­ver­marktungs­unternehmen verkauft, das wiederum den Strom i.d.R. an der Strombörse EEX vermarktet und dafür vom Anlagenbetreiber ein Dienstleistungsentgelt erhält. Die Differenz zwischen dem an der Börse erreichten energieträgerspezifischen Monatsmarktwert und der EEG-Vergütung gleicht die vom Netzbetreiber an den Anlagenbetreiber gezahlte Marktprämie aus, wobei es auch möglich ist, dass der Direktvermarkter die Marktprämienzahlung für den Anlagen­betreiber abwickelt. Sofern die jeweilige Anlage der Aus­schreibungs­pflicht unterfällt, wird der anzulegende Wert für die Marktprämie ab dem Jahr 2017 nicht mehr gesetzlich festgelegt, sondern im wettbewerblichen Verfahren von der Bundesnetzagentur ermittelt. Da für direktvermarktete Anlagen ein gegenüber der Einspeisevergütung höherer anzulegender Wert in Ansatz gebracht wird, lassen sich über die Direkt­ver­marktung im Vergleich zur Einspeisevergütung höhere Erlöse erzielen.
 

Abbildung 1: Leistungsbeziehungen im Direktvermarktungsvertrag
 
Je nach vertraglicher Gestaltung kann der Anlagenbetreiber an den Vermarktungschancen (und -risiken) des Direkt­vermarktungs­unternehmens partizipieren. Zudem besteht die Möglichkeit, die Anlagen – auch neben der Direktvermarktung – am Regelenergiemarkt teilnehmen zu lassen, um dort weitere Erlöse zu erzielen. Voraussetzung ist seit dem EEG 2014 jedoch u. a. die verpflichtende Fernsteuerbarkeit der Anlagen, die mit zusätzlichen Kosten verbunden ist.

Die Auswahl des zur eigenen Vermarktungs- und Risikostrategie passenden Direkt­ver­marktungs­unternehmens fällt nicht immer leicht. Empfehlenswert ist deshalb die Durchführung eines strukturierten Verfahrens, wobei unter Berücksichtigung der Anlagenspezifika und der gewünschten Angebotsparameter, z. B. Laufzeit und ob eine anteilige oder vollständige Direktvermarktung oder auch eine regionale Vermarktung gewünscht ist, mehrere Angebote am Markt eingeholt werden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass der potenzielle Vertragspartner die im Falle eines Vertragsabschlusses zur Anwendung kommenden vertraglichen Regelungen vollständig zur Verfügung stellt, denn nicht selten finden sich in den Verträgen Klauseln, die ein auf den ersten Blick preislich gutes Angebot bei näherer Betrachtung der sonstigen Konditionen weniger attraktiv erscheinen lassen. Insbesondere die Regelungen zur Vergütung im Falle der Fernsteuerung, zur Stellung von Sicherheiten sowie zu Zahlungszielen, aber auch vertragliche Pflichten des Anlagenbetreibers, Haftungsregelungen und Sonder­kündigungs­rechte sind in die Bewertung des Angebotes einzubeziehen. Die Wirt­schaftlich­keit wird insbesondere auch von den Regelungen des jeweiligen Direktvermarktungsunternehmens hinsichtlich der Handhabung von Zeiten mit negativen Strompreisen (sog. „6-Stunden-Regel”) beeinflusst. Hier gibt es seitens der verschiedenen Anbieter unterschiedlich strukturierte Absicherungs­möglichkeiten. Auch zeichnet sich im Markt aufgrund des hohen Wettbewerbsdrucks und der Entwicklung der Strompreise zunehmend die Tendenz ab, z. B. Individual­bewertungen von Windparks vorzunehmen, was je nach Anbieter und dessen jeweiligen Portfolios auch zu stärker variierenden Direkt­vermarktungs­entgelten führen kann. Teilweise wurden auch schon negative Entgelte beobachtet.

Auch lohnt sich regelmäßig die Verhandlung der angebotenen Verträge. Oftmals führt allein das Bewusstsein eines Anbieters darüber, dass er sich im Wettbewerb mit anderen Direkt­ver­marktungs­unternehmen befindet, zu verbesserten Konditionen. Zu beachten ist jedoch, dass in den letzten Jahren bereits eine Konsolidierung bei den Direkt­vermarktungs­unternehmen statt­gefunden hat und sich der anfangs noch stetige Rückgang bei den Dienstleistungsentgelten merklich eingebremst hat.
 

Fazit

Die geförderte Direktvermarktung bietet gegenüber der EEG-Einspeisevergütung nach wie vor zusätzliche Erlöschancen, die auch für Betreiber von Bestandsanlagen attraktiv sind. Mit der Durchführung eines strukturierten Angebotsverfahrens und einem Vergleich der Angebote unter wirtschaftlichen und rechtlichen Gesichtspunkten können besonders gute Ergebnisse erzielt werden. Somit lässt sich die Zielrendite des Erzeugungsprojektes absichern.
 
zuletzt aktualisiert am 05.10.2016

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Linda Gschrey

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