ESRS Umwelt: Klimawandel, Biodiversität, Ressourcen­nutzung & Co.

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veröffentlicht am 16. August 2023 | Lesedauer ca. 3 Minuten 
 
Die Umweltstandards zielen darauf ab, Unternehmen für den eigenen Umgang mit der Umwelt und Natur zu sensibilisieren und Stakeholder zu wesentlichen Umweltthemen zu informieren. Ziel der Umweltstandards ist es, dass Unternehmen im Sinne der doppelten Wesentlichkeit einerseits ihre Auswirkungen auf die Umwelt darstellen und sich andererseits intensiv mit potenziellen Auswirkungen, Risiken und Chancen von Umweltaspekten in Bezug auf die eigene Geschäftstätigkeit auseinandersetzen. Welche Angabepflichten in den Umweltstandards enthalten sind und welche Heraus­forderungen bei der Anwendung auftreten können, erfahren Sie im folgenden Artikel. 

 

AUFBAU UND STRUKTUR DER UMWELTSTANDARDS 

Die Umweltstandards als Teil der ESRS bestehen aus fünf Standards. Insgesamt gibt es 40 Angabepflichten, wobei die meisten Angabepflichten (12) im Klimawandelstandard ESRS E1 enthalten sind. Die folgende Grafik zeigt eine Übersicht der einzelnen Umweltstandards und der jeweils durch sie abgedeckten Themen: 
  

 

DIE WICHTIGSTEN INHALTE IM ÜBERBLICK 

Im Gegensatz zum Entwurf der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) vom November 2022, in dem eine verpflichtende Berichterstattung zum Klimawandelstandard E1 unabhängig von den Ergebnissen der Wesentlichkeitsanalyse vorgesehen war, unterliegt auch dieser gemäß den finalen ESRS einer solchen Wesentlichkeitsbewertung. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass ein Unternehmen eine detaillierte Erläuterung bereitstellen muss, falls es auf Basis der Wesentlichkeitsanalyse zu dem Schluss kommt, dass der Klimawandel kein wesentliches Thema darstellt. Hierzu gehört auch eine zukunftsgerichtete Analyse der Bedingungen, die das Unternehmen dazu veranlassen könnten, den Klimawandel in Zukunft doch als wesentlich zu betrachten. De facto dürfte es daher in der Praxis schwierig werden, das Thema Klimawandel in der Berichterstattung auszuklammern. 

Grundsätzlich wird in jedem Umweltstandard zunächst eine Beschreibung des Prozesses zur Ermittlung und Bewertung der themenspezifischen Auswirkungen, Risiken und Chancen verlangt. Die Europäische Kommission betont in der finalen Version der ESRS ausdrücklich, dass diese Angabepflicht (ESRS 2 IRO-1) unabhängig von den Ergebnissen der Wesentlichkeitsanalyse für jeden der fünf Umweltstandards erfüllt werden muss. Hierbei unterscheidet sich der Umfang der Beschreibung zwischen den einzelnen Standards teils deutlich. So fordert der Biodiversitätsstandard E4 beispielsweise die Offenlegung einer Liste von Standorten in oder in der Nähe von Gebieten mit gefährdeter Biodiversität sowie Angaben dazu, wie systemische Risiken bei der Identifizierung wesentlicher Auswirkungen, Risiken, Abhängigkeiten und Chancen berücksichtigt wurden oder ob das Unternehmen zu dem Schluss gekommen ist, dass Abhilfemaßnahmen in Bezug auf die biologische Vielfalt ergriffen werden müssen. Weniger detailliert muss diese Erläuterung des Wesent­lich­keits­analyse­prozesses hingegen im Rahmen von E3 (Wasser- und Meeresressourcen) ausfallen, der lediglich eine Auskunft darüber verlangt, ob bzw. wie das Unternehmen seine Vermögenswerte und Geschäftstätigkeiten auf tatsächliche und potenzielle Auswirkungen, Risiken und Chancen im Zusammenhang mit Wasser- und Meeres­ressourcen überprüft hat und ob betroffene Gemeinschaften konsultiert wurden. 

Zusätzlich müssen genau wie für alle anderen wesentlichen thematischen Standards auch für die wesentlichen Umweltstandards die jeweiligen Strategien, Maßnahmen und Ziele offengelegt werden. Zwar kann ein Unter­nehmen gemäß ESRS 1 alternativ berichten, dass keine Strategien angenommen, Maßnahmen ergriffen oder Ziele festgelegt wurden, jedoch stellt dies allein aus Imagegründen und zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit langfristig keine empfehlenswerte Option dar. Gleiches gilt etwa für den Übergangsplan für den Klimaschutz, in dem gemäß E1-1 unter anderem erläutert werden muss, wie die Ziele des Unternehmens mit der Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5°C gemäß dem Pariser Klimaabkommen vereinbar sind. Ergänzend zu den allge­meinen Informationen, die, falls vorhanden, für Strategien, Maßnahmen und Ziele gemäß der im ESRS 2 defi­nierten Mindestangabepflichten (MDRs) offengelegt werden müssen, sind pro Umweltstandard weitere the­men­spezifische Angaben zu machen. So ergeben sich beispielsweise weitere zu berichtende Datenpunkte, falls sich das Unternehmen Ziele zur Reduktion von Treib­haus­gas­emissionen gesetzt hat (E1-4) oder sich die Ziele auf bestimmte Aspekte im Zusam­menhang mit Ressourcen­nutzung und Kreis­lauf­wirtschaft beziehen (E5-3). 

Mit über 100 quantitativen Datenpunkten gehen die Umweltstandards in punkto Kennzahlen deutlich über die restlichen themenbezogenen Standards hinaus. Die Erhebung der Treib­haus­gas­emissionen, insbesondere der Emissionen der vor- und nachgelagerten Lieferkette (Scope 3-Emissionen), stellt hierbei für viele Unternehmen wohl die größte Herausforderung dar. Doch nicht nur der Klima­wandelstandard E1 enthält zahlreiche quanti­tative Datenpunkte, auch die anderen Umwelt­standards fordern die Offenlegung wesentlicher umwelt­bezo­gener Kennzahlen: So müssen zum Thema Umwelt­verschmutzung (E2) beispiels­weise Angaben zum erzeugten oder verwendeten Mikroplastik oder zur Gesamt­menge der besorgnis­erregenden Stoffe, die den Betrieb als Emissionen, als Produkte oder als Teil von Produkten oder Dienst­leistungen verlassen, gemacht werden. Hinsichtlich Wasser- und Meeresressourcen (E3) muss nicht nur der Wasserverbrauch offengelegt werden, sondern auch etwa die Gesamtmenge des recycelten und wiederverwendeten Wassers. Der Standard zu Ressourcennutzung und Kreislaufwirtschaft (E5) verlangt von Unternehmen zudem umfangreiche Angaben zu Ressourcenzuflüssen (z.B. Gesamtgewicht der während des Berichtszeitraums verwendeten Produkte in Tonnen oder Kilogramm) und Ressourcenabflüssen (z.B. Gesamtmenge der im eigenen Betrieb erzeugten Abfälle in Tonnen oder Kilogramm, aufgeschlüsselt nach Art der Verwertung). 

AUSBLICK 

Eine zentrale Herausforderung bei der Erfüllung derjenigen Berichtspflichten, die sich aus den Umwelt­stan­dards ergeben, stellt mit Sicherheit die Erhebung und Konsolidierung der quantitativen Datenpunkte dar. Anders als beispielsweise HR-Kennzahlen, die häufig problemlos zentral aus dem System gezogen werden können, werden Umweltdaten aktuell von vielen Unternehmen noch nicht oder lediglich an einzelnen Stand­orten erhoben. Gerade Unternehmen, deren Strukturen von einer hohen Dezentralität geprägt sind, sehen sich daher mit zahlreichen Problemen in Bezug auf die Datenverfügbarkeit und -qualität konfrontiert. Hinzu kommt die hohe inhaltliche Komplexität einiger Kennzahlen, insbesondere der Treibhausgasemissionen, sowie fehlende Prozesse und Zuständigkeiten. Es empfiehlt sich daher, zunächst umfangreiches technisches und fachliches Know-How aufzubauen sowie die relevanten Kennzahlen mittels einer robusten Wesentlich­keits­ana­lyse herauszu­filtern. Auf dieser Basis können dann effizient und zielgerichtet entsprechende Prozesse und Strukturen aufgebaut werden. Insbesondere im Hinblick auf die Erhebung der Treibhausgasemissionen, aber auch für alle anderen Umweltdaten, sollte die Implementierung einer Softwarelösung in Betracht gezogen werden. Diese kann Unternehmen nicht nur dabei helfen, die Daten an einem zentralen Ort zu konsolidieren, sondern erleichtert beispielsweise auch die Erstellung von Vorjahresvergleichen und ermöglicht sogar eine vollkommen automatisierte Erhebung bestimmter Datenpunkte, sofern geeignete Schnittstellen vorhanden sind.  

In Anbetracht der hohen Anforderungen der Umweltstandards hat die Europäische Kommission Unternehmen einige Erleichterungen für die ersten Jahre der Anwendung gewährt. So müssen grundsätzlich im ersten Jahr der Berichterstattung keine Informationen zu erwarteten finanziellen Auswirkungen berichtet werden, in den ersten drei Jahren genügen qualitative Informationen. Unternehmen mit weniger als 750 Mitarbeitern können zudem im ersten Jahr der Berichterstattung auf die Offenlegung der Scope 3-Emissionen sowie aller Angabe­pflichten aus dem Biodiversitätsstandard (E4) verzichten. 

Dennoch empfiehlt es sich, frühzeitig mit der Erstellung des ersten Nachhaltigkeitsberichts nach den ESRS zu starten, auch um eventuelle Schwachstellen in bestehenden oder neu aufgesetzten Datenerhebungsprozessen rechtzeitig zu identifizieren und alle Zuständigen mit der gewählten Softwarelösung oder den verwendeten Templates vertraut zu machen. Denn nur wenn den Umweltdaten robuste und belastbare Prozesse zugrunde liegen, können diese effektiv zur Steuerung der Nachhaltigkeitsperformance und als Gradmesser zur Erreichung der eigenen Umweltziele eingesetzt werden.  

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