ESG und Unternehmensbewertungen – Hype oder „neuer“ Standard

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veröffentlicht am 15. November 2023 I Lesedauer 2 Minuten


Der „Hype um den Begriff ESG geht oftmals davon aus, dass es eine automatische Wertsteigerung durch die Berücksichtigung von ESG gibt. Insbesondere werden häufig pauschale Zuschläge bzw. Abschläge (bei Nicht-Berücksichtigung) auf Bewertungen diskutiert. Dies greift zu kurz. Eine Wertimplikation kann nur durch eine detaillierte Analyse der erwartenden Zahlungsströme sowie der Auswirkung von ESG auf die Kapitalkosten erfolgen.

 
Welche Überlegungen in diesem Zusammenhang angestellt werden können, wird nachfolgend kurz dargestellt.


Bei der Analyse der Zahlungsströme sind beispielhaft die folgenden Einflüsse durch ESG (keine abschlie­ßende Aufzählung) zu beachten:
 
  • Betriebskosten und Effizienz: Unternehmen, die umweltfreundliche Praktiken einführen, um Energieeffizienz zu steigern, Ressourcen besser zu nutzen und Abfälle zu reduzieren, können ihre Betriebskosten senken. Dies kann zu höheren operativen Cashflows führen.
  • Reputationsmanagement: Unternehmen mit einem guten ESG-Ruf sind oft besser in der Lage, Kunden und Mitarbeiter anzuziehen und zu halten. Dies kann zu höherer Preismacht (siehe Bio-Lebensmittel oder nach­haltige Kleidung) und somit resilienteren bzw. steigenden Umsätzen und größeren Marktanteilen führen, c.p. eine Steigerung der Cashflows ermöglichen. Weiterhin wird angenommen, dass zur Vermeidung von Mitarbeiterfluktuation die Beachtung von ESG-Standards notwendig ist.
  • Regulatorische Einflüsse: Änderungen in Umwelt- und Sozialvorschriften können sich auf die Geschäfts­praktiken und insbesondere Kosten eines Unternehmens auswirken. Unternehmen, die diese Entwicklungen im Voraus berücksichtigen und anpassen, können ihre Cashflows besser steuern bzw. insbesondere mögliche Strafzahlungen oder regulatorische Verbote vermeiden.

Es ist wichtig zu beachten, dass der Einfluss von ESG auf Cashflows je nach Branche und Unternehmens­struktur variieren kann. Unternehmen, die ESG in ihre Geschäftsstrategie integrieren und als langfristige Investition betrachten, haben oft bessere Chancen, von den positiven Auswirkungen auf die Cashflows zu profitieren.
 

Neben dem Zahlungsstrom können ESG-Faktoren die Kapitalkosten (Eigen- und Fremdkapitalkosten) eines Unternehmens beeinflussen. 

Während kein eindeutiger Zusammenhang zwischen Eigenkapitalkosten und ESG-Faktoren abgeleitet werden kann (u.E. aufgrund mangelnder verlässlicher Datenpunkte), ist der positive Einfluss auf Kosten der Fremdfinanzierung bei folgenden Punkten ersichtlich:

  • Kreditgeber, darunter Banken und Anleiheinvestoren, berücksichtigen zunehmend ESG-Risiken bei der Kreditvergabe. Ein Unternehmen mit nachweislich schlechter ESG-Leistung könnte als riskanter eingestuft werden, was zu höheren Fremdkapitalkosten führen kann.
  • Risikominimierung: Unternehmen, die ESG-Risiken effektiv identifizieren und bewältigen, können Kredit­geber überzeugen, dass sie gut positioniert sind, um mögliche Störungen oder Verluste zu minimieren bzw. auf Umweltkatastrophen vorbereitet sind. Dies könnte dazu beitragen, die Kosten des Fremdkapitals auf­grund einer strategischen Risikovorsorge zu senken.
  • Green Bonds: Einige Unternehmen nutzen ESG-bezogene Finanzierungsinstrumente wie Green Bonds oder nachhaltige Darlehen, um Projekte mit positiven Umweltauswirkungen zu finanzieren. Diese Instrumente können möglicherweise zu günstigeren Konditionen angeboten werden, da sie speziell auf nachhaltige Initiativen ausgerichtet sind.

Um eine objektivierte Quantifizierung der Auswirkungen von ESG-Aktivitäten auf die Fremdkapitalkosten eines Unternehmens zu erreichen, wird regelmäßig auf ESG-Ratings zurückgegriffen. Diese erlauben eine Vergleich­barkeit zwischen dem zu bewertenden Unternehmen und Referenzunternehmen und ermöglichen somit eine Simulation möglicher Einflüsse auf die Fremdkapitalkosten.

Somit lässt sich zusammenfassend feststellen, dass durch die Berücksichtigung von ESG-Faktoren ein positiver Einfluss auf Zahlungsströme sowie eine Reduktion der Kapitalkosten möglich ist. Es kann – und dies ist im Einzelfall zu validieren – somit die Hypothese aufgestellt werden, dass durch die Berücksichtigung von ESG-Faktoren eine Wertsteigerung möglich ist.

Berücksichtigt man die Vielzahl an Diskussionen und Beiträgen zu ESG-Thematiken, so gehen wir zukünftig davon aus, dass eine sachgerechte Unternehmensbewertung nicht ohne Analyse der oben geschilderten ESG-Faktoren durchgeführt werden kann. 

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