EU-Taxonomie: Vereinfachung in Sicht? – Was das neue Omnibus-Paket bedeutet

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 8. Mai 2025 I Lesedauer ca. 5 Min.


Mit dem ersten Omnibus-Paket vom 26. Februar 2025 bewegt sich die Europäische Kommission in Richtung einer pragmatischeren Anwendung der Nachhaltigkeits­bericht­erstattung. Auch die EU-Taxonomie-Verordnung ist von den geplanten Änderungen betroffen. Die vorgesehenen Anpassungen zielen darauf ab, den Aufwand für Unternehmen zu reduzieren. Doch was genau soll vereinfacht werden – und welche Auswirkungen hat dies in der Praxis? Wir geben einen kompakten Überblick über die wichtigsten Änderungen.

 

Hintergrund

Die EU-Taxonomie-Verordnung hat den ersten EU-weiten Rahmen zur Vergleichbarkeit und Transparenz nachhaltiger Wirtschaftstätigkeiten geschaffen. Herzstück der Verordnung ist ein einheitliches Klassifizie­rungssystem für ökologisch nachhaltige Tätigkeiten. Ziel der Verordnung ist es, Investoren und der Öffentlich­keit fundierte, vergleichbare Informationen zur Umweltperformance von Unternehmen zu liefern. Damit sollen nachhaltige Kapitalströme gezielt gefördert und Greenwashing durch objektive Bewertungskriterien verhindert werden.
Seit 2021 wurde die EU-Taxonomie-Verordnung kaskadiert eingeführt, wodurch immer mehr Unternehmen immer umfassendere Berichtspflichten erfüllen mussten. Betroffene Unternehmen müssen jährlich zentrale Leistungskennzahlen (KPIs) zur Taxonomie-Übereinstimmung offenlegen. Diese KPIs sollen Aufschluss darüber geben, in welchem Maße Umsatz, Investitionen (CapEx) und Betriebsaufwendungen (OpEx) mit den Umweltzielen der EU-Taxonomie übereinstimmen und welche Fortschritte Unternehmen hinsichtlich ihrer nachhaltigen Entwicklung erzielen. 
Doch der Aufwand für Unternehmen bei der Umsetzung und Datenerhebung zur Berichterstattungspflicht ist hoch. Im Zuge des Omnibus-Pakets vom 26. Februar 2025 reagiert die EU-Kommission auf die Herausforde­rungen der Praxis und schlägt gezielte Vereinfachungen vor. Im folgenden Abschnitt werden die wichtigsten Anpassungen der EU-Taxonomie-Verordnung für Nicht-Finanzunternehmen im Detail beleuchtet.

Änderung des Anwenderkreises 

Geplant ist eine Erhöhung der Schwellenwerte für die CSRD-Berichtspflicht. Unternehmen wären demnach nur noch berichtspflichtig, wenn sie mehr als 1.000 Mitarbeiter haben und entweder einen Nettojahresumsatz von mindestens 50 Mio. Euro oder eine Bilanzsumme von mindestens 25 Mio. Euro erreichen. Diese Größenkriterien stellen im ersten Schritt auch die Grundlage für die EU-Taxonomie dar. Jedoch enthält der Vorschlag eine Sonderregelung im neu eingefügten Artikel 19b (bzw. 29aa für Mutterunternehmen) des Entwurfs der CSRD-Änderungsrichtlinie, der eine freiwillige Anwendung der EU-Taxonomie erlaubt. Diese „Opt-in“-Regelung betrifft Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern und einem Nettojahresumsatz von weniger als 450 Mio. Euro. Infolgedessen würden nur Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern und mehr als 450 Mio. Euro Nettojahresumsatz unter die EU-Taxonomie-Berichtspflicht fallen. Diese asymmetrische Ausgestaltung würde zu einer Inkonsistenz zwischen den beiden Regularien führen, da nicht alle CSRD-pflichtigen Unternehmen automatisch auch Taxonomie-pflichtig wären.

Wesentlichkeitsschwellen 

Um die Berichterstattung im Rahmen der EU-Taxonomie praxisnäher zu gestalten, sollen für Nicht-Finanzunter­nehmen künftig zwei Wesentlichkeitsschwellen gelten. 
Einerseits soll eine 10 % Deminimis Schwelle für die Umsatz-, CapEx- und OpEx-Kennzahl eingeführt werden. Diese 10 %-Schwelle soll jeweils für den aus den identifizierten taxonomiefähigen Wirtschaftstätigkeiten kumulierten Anteil am jeweiligen KPI-Nenner gelten, d.h. beispielsweise müsste der kumulierte Umsatz der identifizierten Tätigkeiten kleiner sein als 10 % des Nettojahresumsatzes. Für diese Wirtschaftstätigkeiten darf auf eine Beurteilung der Taxonomiekonformität verzichtet werden. Der als unwesentlich identifizierte Anteil an Umsatz, CapEx und OpEx muss jedoch entsprechend als immateriell ausgewiesen und damit offengelegt werden. Damit soll erreicht werden, dass der Aufwand für Unternehmen, die wenige taxonomiefähige Tätigkeiten haben, durch (partiellen) Wegfall der Konformitätsprüfung erheblich reduziert wird.

Andererseits ist für die OpEx-KPI außerdem die Einführung eines weiteren Schwellenwertes vorgesehen. Diesem zufolge sollen Unternehmen, die taxonomiefähige Wirtschaftstätigkeiten identifizieren, deren kumulierter Umsatz weniger als 25 % der Umsatz-KPI ausmacht, künftig auf die Berichtspflicht über die OpEx-KPI in Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten verzichten können. 

Anpassung der Do No Significant Harm Kriterien (DNSH-Kriterien) 

Auch eine Anpassung der DNSH-Kriterien im Hinblick auf das Umweltziel Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung im Zusammenhang mit der Verwendung oder dem Vorhandensein von Chemikalien ist im Rahmen der Änderung vorgesehen.
Die DNSH-Kriterien sind entscheidend dafür, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit als taxonomiekonform eingestuft werden kann oder nicht. Grundsätzlich gilt: Eine wirtschaftliche Aktivität kann nur dann als taxonomiekonform gelten, wenn sie nicht nur einen wesentlichen Beitrag zu einem der definierten Umweltziele leistet und die entsprechenden technischen Bewertungskriterien erfüllt, sondern gleichzeitig keines der übrigen Umweltziele wesentlich beeinträchtigt. Die DNSH-Kriterien sollen genau dies sicherstellen.

Die Formulierungen der DNSH-Kriterien in Bezug auf das Umweltziel Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung im Zusammenhang mit der Verwendung oder dem Vorhandensein von Chemikalien boten bislang Spielraum für unterschiedliche Interpretationen, was in der Praxis zu erheblichen Unsicherheiten geführt hat. Um diese Unklarheiten zu beseitigen, sollen die betreffenden Kriterien nun sprachlich überarbeitet und konkretisiert werden. Diese Anpassung betrifft die sog. Anlage C, die die Anforderungen zur Prüfung der DNSH-Kriterien in diesem Zusammenhang enthält.
Zur Diskussion stehen aktuell zwei unterschiedliche Vorschläge zur Anpassung des letzten Absatzes in Anlage C, der ein Verbot der Herstellung, des Vorliegens im Enderzeugnis bzw. Output oder des Inverkehrbringens bestimmter Stoffe enthält. Einerseits ist eine Löschung dieses Absatzes in Anlage C angedacht (Alternative 1) oder eine geänderte Formulierung ebendieses Absatzes (Alternative 2). Im Rahmen der Alternative 2 soll präzisiert werden, wie zulassungsbeschränkte Stoffe, die einer Gefahrenklasse oder -kategorie gemäß Artikel 57 der REACH-Verordnung (VO (EG) 1907/2006) entsprechen, identifiziert werden. Bisher war lediglich allgemein auf die Kriterien der CLP-Verordnung (VO (EG) 1272/2008) verwiesen worden, ohne weitere Konkretisierung. Gemäß des neuen Formulierungsvorschlags sollen die Stoffe anhand von Teil 3 in Anhang VI der CLP-Verordnung identifiziert werden, der eine konkrete Liste gefährlicher Stoffe beinhaltet. Folglich kann auf die Klassifikation dieser Liste zurückgegriffen werden, ohne eine Prüfung weiterer Kriterien durchführen zu müssen. Darüber hinaus soll die Bedingung der Verwendung der betroffenen Stoffe nur unter „kontrollierten Bedingungen” im Fall fehlender Alternativstoffe auf dem Markt entfallen.

Anpassung der Meldebögen 

Die EU-Taxonomie-Verordnung sieht die Offenlegung der Kennzahlen in verpflichtend anzuwendenden Meldebögen vor. Diese Meldebögen sollen zukünftig angepasst und insbesondere vereinfacht werden. Die vorgesehene Vereinfachung der Meldebögen begrenzt Doppelungen und konzentriert sich auf Datenpunkte, die für Investoren und andere Stakeholder besonders relevant sind. U.a. ist vorgesehen, dass zukünftig in den Meldebögen keine Angaben mehr zu DNSH-Kriterien und Minimum Safeguards für taxonomiekonforme Tätigkeiten enthalten sind. Durch die Vereinfachung der Vorlagen sollen die Meldebögen zukünftig nur noch 27 statt 78 Datenpunkte umfassen, was einer Reduktion um 66 % entspricht, wodurch sie deutlich weniger umfangreich und dadurch übersichtlicher werden. Diese Änderungen betreffen allerdings nur die Darstellung der Ergebnisse und führen nicht direkt zu einer Änderung der KPI-Erhebung.

Fazit

Wie die finale Ausgestaltung der Änderungen aussehen wird, bleibt abzuwarten. Für Unternehmen ist empfehlenswert, die Entwicklungen des Prozesses auf EU-Ebene im Blick zu behalten, um sich frühzeitig mit notwendigen Anpassungen im Datenerhebungs- und Berichtsprozess auseinandersetzen zu können.

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