Kurskorrektur bei den ESRS: Was die Änderungen in den Cross-Cutting Standards für Unternehmen bedeuten

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​veröffentlicht am 9. September 2025 | Lesedauer ca. 5 Minuten 
 
Im Rahmen der Omnibus-Initiative hat die Europäische Kommission die EFRAG beauftragt, die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) zu vereinfachen. Ziel ist es, Bürokratie abzubauen, pragmatische Lösungen zu ermöglichen und mehr Klarheit zu schaffen. ​
 


Am 31. Juli 2025 veröffentlichte die EFRAG (European Financial Reporting Advisory Group) entsprechende Änderungsvorschläge. Diese sehen eine deutliche Reduzierung der Offenlegungspflichten vor – insgesamt um rund 68 %, in den Cross-Cutting Standards (ESRS 1 & 2) um etwa 49 %. 

Wesentliche Änderungen auf einen Blick 

Besonders begrüßenswert sind aus Sicht von Rödl & Partner: 
  • Klarstellungen zu bislang offenen Fragen, auch wenn diese noch nicht abschließend geklärt sind, 
  • eine klarere Strukturierung durch die Verschiebung der Anwendungsanforderungen (AR) unter die jeweiligen Disclosure Requirements (DR), 
  • der Abbau von Doppelungen sowie die Streichung freiwilliger Angaben. 

Zusammenfassend lässt sich jedoch feststellen, dass der Charakter der ESRS und die Ziele grundsätzlich bewusst beibehalten werden.   

Die Änderungen der übergreifenden Standards ESRS 1 und ESRS 2 zu den allgemeinen Grundsätzen und allgemeinen Offenlegungen sind entscheidend, da die Aktualisierungen Auswirkungen auf alle anderen Themenstandards haben. 

Weniger Pflichtangaben, mehr Klarheit 

​Die Zahl der verpflichtenden Datenpunkte sinkt im ESRS 2 vor allem durch das Streichen narrativer Datenpunkte. So wurde z. B. die GOV-1-Angabe gestrafft, indem Elemente aus GOV-2 integriert wurden. Auch GOV-3 und GOV-5 der delegierten Verordnung wurden gekürzt. Angaben zu Strategie und Geschäftsmodell wurden verdichtet, freiwillige Angaben entfallen vollständig.  

Damit rücken künftig zwei Prinzipien stärker in den Fokus: 
  1. ​​​Fair Presentation – Unternehmen müssen eine aussagekräftige, für Nutzer verständliche Berichterstattung liefern. 
  2. Wesentlichkeitsanalyse – als Filter für die relevanten Themen gewinnt sie weiter an Bedeutung während auch dieser nun vereinfachte Optionen zugestanden wird.


Vereinfachte doppelte Wesentlichkeitsanalyse 

​Die Doppelte Wesentlichkeitsanalyse gilt als einer der komplexesten Schritte. Neu ist, dass ein pragmatischer Top-Down-Ansatz ausdrücklich zulässig ist:  

Unternehmen können sich zunächst auf eindeutig wesentliche und potentiell zukünftig wesentliche Themen konzentrieren, basierend auf Geschäftsmodell, Wertschöpfungskette, Branchenpraxis oder strategischer Relevanz. Werden Themen basierend auf den genannten Kriterien als unwesentlich eingestuft, können sie von der weiteren Analyse ausgeschlossen werden.  

Zudem wurde die Themenliste (ehemals ESRS 1 AR-16, nun zum jetzigen Zeitpunkt in ESRS 1, Appendix C zu finden) kompakter gestaltet und auf zwei statt auf drei Themenebenen begrenzt. Die Themenliste ist nicht bindend, bleibt aber laut Stand der Drafts ein integraler Bestandteil des Standards und soll vom berichtenden Unternehmen unter Berücksichtigung ggf. weiterer unternehmensspezifischer Themen genutzt werden.  

Anpassungen bei der Bewertung von Auswirkungen, Risiken und Chancen (IROs) 

Laut den Draft-Standards besteht zukündtig die Möglichkeit, den Schweregrad direkt zu bewerten, ohne dass die einzelnen Kriterien wie Ausmaß oder Umfang einzeln betrachtet werden müssen.  

Eine zwingend quantitative oder zeithorizontbasierte Bewertung soll entfallen und die EFRAG präzisiert die viel diskutierte „Brutto-vs.-Netto“-Betrachtung:  

Negative Auswirkungen werden grundsätzlich vor Berücksichtigung von Abhilfemaßnahmen im Berichtszeitraum bewertet (Brutto-Betrachtung). Nur wenn die Maßnahmen dauerhaft die Schwere oder Eintrittswahrscheinlichkeit reduzieren, dürfen sie berücksichtigt werden (Netto-Betrachtung).  

Für positive Auswirkungen gilt: Gesetzeseinhaltung allein zählt nicht – nur wenn Unternehmen negative Auswirkungen Dritter mindern oder verhindern, darf dies als positive Auswirkung klassifiziert und berichtet werden. 

​ESRS 2: Von MDRs zu GDRs 

Die bisherigen Minimum Disclosure Requirements (MDRs) heißen nun General Disclosure Requirements (GDRs). Inhalte zu Policies, Actions und Targets (PATs) wurden stärker gebündelt und reduziert. 

Wichtige Änderungen: 
  • ​​Grundsätzliche nun in BP-1 dargelegte Vereinfachung durch „comply or explain“ Ansatz: so gibt unter anderem künftig keine Pflicht mehr, Gründe für das Nichtvorhandensein von PATs oder Zeitpläne zu nennen. Die Offenlegung bei Nichtvorhandensein bleibt bestehen.   
  • Unternehmen sollen über Themen berichten, sofern darunter wesentliche IROs fallen. Die Berichterstattung kann entweder auf Themenebene oder auf Ebene einzelner IROs erfolgen – entscheidend ist die Relevanz für die Adressaten. 
  • Vorgaben zum Darstellungsformat (z. B. Tabellen, Kennzeichnung fehlender PATs) wurden präzisiert. 

Das „undue cost or effort“ – Prinzip 

Weitere Erleichterungen sollen durch die Einführung des „undue cost or effort“-Prinzips geschaffen werden: 

Angaben dürfen auf Schätzungen oder Sekundärquellen basieren, wenn die direkte Datenerhebung unverhältnismäßig teuer oder aufwendig wäre und keinen zusätzlichen Nutzen bringt..  Die Anwendung ist streng begrenzt und muss dokumentiert und begründet werden. 

Typische Anwendungsfälle: 
  • Abdeckung der Wertschöpfungskette und die Erhebung von Kennzahlen: Metriken in den vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette dürfen mit Ausnahme der Scope 3 Emissionen ausgelassen werden. 
  • Es besteht die Möglichkeit unwesentliche Unternehmenseinheiten bei der Erhebung von Kennzahlen auszuschließen, solange das Gesamtbild nicht verzerrt wird.  
  • Bei Akquisitionen/Desinvestitionen kann die Integration in die Berichterstattung ins Folgejahr verschoben werden. 

Wichtig ist hierbei, dass das Prinzip als Ausnahme zu verstehen ist und nicht leichtfertig angewendet werden darf.  

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Was Unternehmen jetzt tun sollten 

  1. ​​​Wesentlichkeitsanalyse starten oder überprüfen: Falls noch nicht vorhanden, beginnen Sie jetzt.
    Falls bereits erfolgt, prüfen Sie die Ergebnisse vor dem Hintergrund der neuen Klarstellungen – z. B. Definition positiver Auswirkungen, Brutto-/Nettobetrachtung. 
  2. Abgleich mit neuen Datenpunkten: Überprüfen Sie. Welche für Sie wesentlichen Offenlegung erhalten bleiben und identifizieren Sie kritische Kennzahlen. 
  3. Datenkonzepte entwickeln: Legen Sie robuste Prozesse für kritische Kennzahlen und Metriken fest und beginnen Sie frühzeitig mit der Datensammlung, um Übergangsprobleme zu vermeiden. 

Wie geht es weiter? 

Die öffentliche Konsultation läuft bis 29. September 2025. Danach wird EFRAG seine Empfehlungen an die Europäische Kommission übermitteln. Die Kommission plant noch 2025 den finalen Delegierten Rechtsakt zu verabschieden.  

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Kontakt

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Dr. Christian Maier

Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer, CPA (U.S.), Head of Sustainability Services

Partner

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