Grunddienstbarkeiten: Verlegung der Ausübung und Verjährungs­fragen

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zuletzt aktualisiert am 11. Juni 2021 | Lesedauer ca. 3 Minuten


In vielen Grund­büchern sind Dienst­barkeiten verschiedenster Art vermerkt. Sie belas­ten das jeweilige Grund­stück damit, dass der Eigen­tümer des dienenden Grund­stücks es im Bereich der Ausübungs­fläche nur beschränkt nutzen darf. Er hat gewisse Hand­lungen zu unter­lassen oder es sind bestimmte Rechte ausge­schlossen.

 

Mit der Eintragung entsprechender Dienstbarkeiten ist es jedoch nicht geschehen. Der Begünstigte sollte beachten, dass sich die Ausübung der Dienstbarkeit sich im Wandel der Zeit verändern kann und das die Ansprüche auf Unterlassung bestimmter Nutzungen der Verjährung unterliegen.


§ 1023 BGB: Verlegung des Ausübungsbereichs

Der Begünstigte muss stets beachten, dass der belastete Eigentümer die Verschiebung des Ausübungsbereichs auf eine andere, für den Berechtigten ebenso geeignete Stelle verlangen kann, wenn die Ausübung an der bisherigen Stelle für ihn besonders beschwerlich ist (§ 1023 BGB). Ferner hat der jeweilige Begünstigte die Dienstbarkeit schonend und nur bei der zugestandenen Ausübungsgrenzen auszuüben (§ 1020 BGB).


So beschloss das OLG Nürnberg in einer Entscheidung zu Leitungsrechten, dass Inhalt und Umfang einer zeitlich unbegrenzten Dienstbarkeit nicht in jeder Beziehung von vornherein für alle Zeiten festgelegt, sondern gewissen Veränderungen unterworfen sind, die sich aus der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung ergeben (OLG Nürnberg, Urteil vom 19 Juli 2010, Az.: 4 U 408/10). Eine Dienstbarkeit „wächst gleichsam mit”: die Bedarfssteigerung muss sich zwar in den Grenzen einer der Art nach gleichbleibenden Benutzung halten und umfasst nicht unvorhersehbare Benutzungsänderungen. Der Inhalt einer Dienstbarkeit ist nach Wortlaut und Sinn der Grundbucheintragung und der in Bezug genommenen Eintragsbewilligung zu ermitteln.


In dem entschiedenen Fall war das Gericht der Ansicht, dass eine Bestellung im Jahre 1986 nicht eindeutig und verbindlich für alle Zeit auf Rohre mit einem Durchmesser von 25 und 30 cm beschränkt war. Die Notwendigkeit einer späteren Erneuerung der Leitungen und Anpassung an geänderte wirtschaftliche und technische Voraussetzungen lag auf der Hand, so dass das Gericht die Ersetzung mit Rohren mit einem Durchmesser von 120 und 140 cm als abgedeckt ansah. Der Eigentümer des belasteten Grundstücks sollte also bei der Dimensionierung der Dienstbarkeit größte Sorgfalt und Klarheit an den Tag zu legen.


Verjährungsfragen

Im Jahr 2014 hat der Bundesgerichtshof ein uraltes Dogma umgestoßen, nämlich dass die Ansprüche aus Dienstbarkeiten nicht verjähren (BGH, Urteil vom 18. Juli 2014, Az.: V ZR 151/13). Demnach ist unter § 1028 BGB die Verjährung nur in Bezug auf errichtete Anlagen geregelt. Im Übrigen bleibt es bei § 902 Absatz 1 Satz 1 BGB: „Die Ansprüche aus eingetragenen Rechten unterliegen nicht der Verjährung.” Daraus schloss man lange, dass die durch Grunddienstbarkeiten gesicherten Ansprüche nicht der Verjährung unterliegen.


Der BGH hält demgegenüber fest, dass Ansprüche auf insgesamt nutzungsausschließende Beeinträchtigungen einer Grunddienstbarkeit der 30-jährigen Verjährung unterliegen. Die kurze dreijährige Verjährung sei bei bloßen Nutzungsbeeinträchtigungen der Grunddienstbarkeit anwendbar.


In der Entscheidung ging es darum, dass auf einem Feldweg über den der Kläger sein Grundstück erreicht, über die Jahre zwei Fichten wuchsen. Daher konnte der Weg nicht mehr mit mehrspurigen Fahrzeugen befahren werden. Die ursprünglich einmal eingeräumte Grunddienstbarkeit sehe jedoch genau das als Rechtsinhalt vor.


Der Bundesgerichtshof differenziert in seiner Entscheidung zwischen Nutzungsbeeinträchtigungen in Form von Erschwerungen der Ausübung (z.B. mehrfaches Wenden und Zurücksetzen, um einen Weg zu befahren) und dem Nutzungsausschluss. Die kurze Verjährung von drei Jahren sei nur auf Nutzungsbeeinträchtigungen anwendbar.


Wann im Einzelnen nur eine Nutzungsbeeinträchtigung vorliegt, ist genau im Auge zu behalten. Manchmal – vielleicht auch zu häufig – geraten Grunddienstbarkeiten in Vergessenheit und Rechte werden lange nicht ausgeübt. Wege wachsen zu oder überwuchern. Auf den belasteten Flächen entstehen Hindernisse tatsäch­licher Art. Der Rechtsinhaber muss im Lichte der Differenzierung der Verjährung genau aufpassen, ob sein Recht insgesamt ausgeschlossen ist oder lediglich eine Nutzungsbeeinträchtigung vorliegt. Viele Rechte dürften der kurzen Verjährung ausgesetzt sein. Das erlangt dann besondere Relevanz, wenn die Dienstbarkeit (auch) öffentlich-rechtlich vorgeschriebene Zuwegungen, z.B. für die Feuerwehr, nachzuweisende Stellplätze oder allgemeine Fluchtwege beeinträchtigt. Dann kann sich daraus eine Nutzungsuntersagung mit gravierenden Auswirkungen ergeben.

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Harald Reitze, LL.M.

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