Erfolgreich investieren in China

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​​​​​​​​​zuletzt aktualisiert am 17. Juli 2025 | Lesedauer ca. 6 Minuten

   

  

   

Wie schätzen Sie die derzeitige wirtschaftliche Lage in China ein?

Seit dem Ende der Null-Covid-Politik zeigt Chinas Wirtschaft eine fragile Erholung. Nach 5,2 Prozent Wachstum 2023 und 5 Prozent 2024 hat sich die Konjunktur Anfang 2025 bei knapp 5 Prozent eingepegelt. Das ist auch das Ziel, das China für das gesamte Jahr 2025 anstrebt. Allerdings belasten die anhaltenden US-Strafzölle – trotz zeitweiser Aussetzung –weiterhin die Wirtschaft, wobei die Exporte seit Anfang des Jahres überraschend gestiegen sind. Für die USA Exporte in die USA konnten erfolgreich in andere Märkte umgeleitet werden. Im Binnenmarkt reagiert Peking mit Investitionen in Hochtechnologie und Infrastruktur, während gezielte Steuererleichterungen die Binnennachfrage stützen sollen.
 
Doch strukturelle Probleme bleiben: Die Immobilienkrise hält an (die landesweiten Gesamtinvestitionen in die Immobilienentwicklung für 2024 sowie die Investitionen in den Wohnungsbau gingen 2024 im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurück, und die Jugendarbeitslosigkeit (offiziell im April leicht gefallen auf 15,8 Prozent) bremst die Kaufkraft. Der deutsch-chinesische Handel erholt sich leicht (+2,1 Prozent 2024), bleibt aber deutlich unter Vor-Covid-Niveau. Deutsche Unternehmen profitieren in Nischen wie bei einzelnen Chemie-Produkten und Spezialmaschinen, leiden z.B. jedoch unter Chinas Elektroauto-Boom, der traditionelle OEMs (Original Equipment Manufacturer) und Zulieferer verdrängt.
 
Für 2025 peilt China 5 Prozent Wachstum an (IWF: 4,3 Prozent), doch die Perspektiven hängen von vier Faktoren ab: (1) Der US-Zollpolitik, die bei Eskalation die Exporte weiter drosseln würde, (2) Reformen im Immobiliensektor, (3) der Steigerung des Binnenkonsums, und (4) der globalen Nachfrage, die von Zinssenkungen im Westen profitieren könnte.
 
Trotz Herausforderungen bleibt China ein zentraler Markt – besonders in Zukunftsbranchen wie grünen Technologien. Deutsche Unternehmen sollten auf Lokalisierung, Diversifizierung und politisches Risikomanagement setzen, um die Chancen zu nutzen und gleichzeitig die volatilen Rahmenbedingungen abzufedern.
   

Wie würden Sie das Investitionsklima in Ihrem Land beschreiben? Welche Branchen bergen großes Potenzial?

Das Investitionsklima in China bietet deutschen Unternehmen trotz einiger Herausforderungen weiterhin attraktive Möglichkeiten. Zwar erschweren regulatorische Hürden, geopolitische Spannungen und der Schutz geistigen Eigentums den Marktzugang, doch der riesige Binnenmarkt mit 1,4 Milliarden Verbrauchern und Chinas Führungsposition in vielen Zukunftstechnologien machen das Land nach wie vor interessant.

Besonders vielversprechend sind vier Schlüsselbereiche: Erstens der Gesundheitssektor, wo die rapide alternde Bevölkerung („silberne Gesellschaft“) einen enormen Bedarf an Pflegeeinrichtungen, Medizintechnik und digitale Gesundheitslösungen schafft. Deutsche Unternehmen können hier mit hochwertigen Produkten punkten. Zweitens der Bereich der grünen Technologien, vor dem Hintergrund Chinas ehrgeiziger Ziele zur CO2-Reduzierung und -Neutralität (2030-2060). Drittens die Digitalisierung, wo Smart Cities, KI und IoT große Wachstumschancen bieten, besonders für datenschutzkonforme europäische Lösungen. Viertens bleiben Bereiche des Maschinenbaus mit Industrierobotern und Spezialmaschinen ein starkes Betätigungsfeld. 

Um erfolgreich zu sein, sollten deutsche Unternehmen auf strategische Partnerschaften setzen, lokale Förderprogramme, z.B. auch in Westchina, nutzen und ihre China-Engagements mit einer Diversifizierung in andere asiatische Märkte kombinieren. Wichtig ist auch die Anpassung an lokale Gegebenheiten und ein umfassendes Risikomanagement. Trotz aller Herausforderungen bleibt China damit ein Markt mit einzigartigen Marktchancen – besonders in zukunftsträchtigen Bereichen wie grünen Technologien, Gesundheitswesen und Digitalisierung. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der richtigen Balance zwischen Risikobewusstsein und der Nutzung der enormen Potenziale ggfs. auch mit einem chinesischen Partner.
   

Welchen Herausforderungen steht ein deutscher Unternehmer beim Engagement in Ihrem Land gegenüber?

Stand 2025 stehen deutsche Unternehmen in China vor einem komplexen Umfeld, das sowohl durch interne Reformen als auch externe Spannungen geprägt ist. Die anhaltenden Handelskonflikte, insbesondere der Zollstreit mit den USA, wirken sich unmittelbar auf Geschäftsentscheidungen aus. 

Rechtlich bewegen sich Unternehmen in einem Spannungsfeld: Einerseits müssen sie die verschärften Compliance-Vorgaben z.B. des reformierten chinesischen Gesellschaftsgesetzes (2024) und des für 2025 erwarteten Umweltgesetzbuchs beachten, andererseits gelten weiterhin europäische Regularien wie noch das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), deren Abschaffung die neue Bundesregierung allerdings plant. Das EU-Lieferkettengesetz (CSDDD) soll nach dem Omnibus-Entwurf erst etwas später umgesetzt werden und deutlich weniger Unternehmen betreffen. Die chinesische Regierung hat zwar 2024 einige Datenschutzbestimmungen im Hinblick auf den grenzüberschreitenden Datentransfer gelockert, doch die rechtlichen Anforderungen für ausländische Unternehmen bleiben hochkomplex.

Besonders kritisch ist die Fachkräftesituation: Die Attraktivität Chinas als Arbeitsstandort für internationale Experten hat sich seit der Pandemie nicht vollständig erholt. Trotz visumspolitischer Erleichterungen – etwa verlängerter visumfreier Aufenthalte für deutsche Geschäftsreisende – bleiben Herausforderungen wie hohe Lebenshaltungskosten in Metropolen und politische Unsicherheiten bestehen. Gleichzeitig verschärft Chinas demografischer Wandel den Wettbewerb um qualifizierte lokale Arbeitskräfte.

Positiv entwickeln sich dagegen die Rahmenbedingungen für Schlüsselindustrien: Im Green-Tech-Sektor profitieren deutsche Unternehmen von Chinas massiven Investitionen in Nachhaltigkeit. Die Regierung fördert gezielt Kooperationen in Bereichen wie E-Mobilität und Erneuerbare Energien. Auch in der Digitalisierung bieten sich trotz Datenschutzherausforderungen Chancen für technologieorientierte Unternehmen.

Aus steuerlicher Sicht hat China in den letzten Jahren das Tempo der Steuergesetzgebung beschleunigt. Die Gesetzgebungsverfahren für wichtige Steuern wie das Mehrwertsteuergesetz (revidiert ab 1. Januar 2026) und das Verbrauchsteuergesetz (ab 1. Juli 2025) haben den Eintritt der Steuergesetzgebung in eine neue Phase markiert. Der Grundsatz der Besteuerung nach dem Gesetz verlangt von den Unternehmen eine strengere Einhaltung der vom Nationalen Volkskongress erlassenen Gesetze als der bisherigen Verwaltungsvorschriften oder lokalen Regelungen, wodurch höhere Anforderungen an die Steuerkonformität der Unternehmen gestellt werden.

Auf nationaler Ebene kann das von den Steuerbehörden eingesetzte „Goldene Steuer (Phase IV)“-System in Echtzeit eine Kreuzprüfung der finanziellen Flüsse, Rechnungsdaten und Daten von anderen Behörden (wie z.B. Ausfuhranmeldungsdaten) eines Unternehmens durchführen. Es führt auch horizontale und vertikale Vergleiche und Analysen verschiedener finanzieller Datenindikatoren durch. Unregelmäßigkeiten können eine automatische Warnung auslösen. Daher verstärken die chinesischen Steuerbehörden in der heutigen komplexen und strengen steuerlichen Aufsichtslandschaft zunehmend ihre Prüfungsmaßnahmen und technologischen Fähigkeiten. Das bedeutet, dass Steuerprobleme, die aufgrund fehlender Datenklarheit früher übersehen wurden, nun schneller erkannt und geprüft werden können. Wenn die Steuerkonformität vernachlässigt wird, können sich Unternehmen mit Steuer-Risiken und Strafen konfrontiert sehen.

Außerdem haben deutsche Unternehmen im Zuge der Globalisierung mit komplizierten Steuerfragen zu kämpfen, die in verschiedenen Bereichen wie Verrechnungspreisen, Betriebsstätten, Umstrukturierungen usw. auftauchen, und mit komplizierten Steuerregeln, die zu vielen Steuerfallen führen.
   

Welche Auswirkungen hat das zum 1. Juli 2024 in Kraft getretene neue chinesische Gesellschaftsgesetz für deutsche Unternehmen gebracht?

Das reformierte Gesellschaftsgesetz hat bedeutende Neuerungen für deutsche Unternehmen in China gebracht. Die Änderungen betreffen mehrere zentrale Bereiche:

Das Gesetz hat eine Fünfjahresfrist für die Einzahlung des Stammkapitals eingeführt – eine wesentliche Verschärfung gegenüber den bisherigen flexiblen Regelungen. Bei Verstößen drohen ernste Konsequenzen: säumige Gesellschafter verlieren ihre Gesellschafterrechte, und in Joint Ventures haften andere Gesellschafter gesamtschuldnerisch. Neu ist auch, dass Gläubiger die vorzeitige Einzahlung verlangen können. Bedeutsam ist die neue Regelung insbesondere auch im Hinblick auf bestehende Investitionsvereinbarungen, in denen zum Teil sehr hohe Kapitalzusagen vereinbart worden sind, da die Einzahlungszeiten bisher beliebig weit vereinbart werden konnten.

Erstmals regelt das Gesetz explizit die Treue- und Sorgfaltspflichten von Vorständen und Geschäftsführern. Diese müssen ähnlich wie im deutschen Recht handeln:
  • Interessenkonflikte aktiv vermeiden
  • Mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters agieren
  • Gesellschaftsinteressen über persönliche Interessen stellen

Bei Verstößen drohen persönliche Haftungsrisiken und Regressansprüche.

Profitiert haben insbesondere kleinere Unternehmen von flexibleren Unternehmensstrukturen. Unternehmen können zum Beispiel auf einen Aufsichtsrat verzichten. Ein neuer Audit-Ausschuss kann Aufsichtsratsaufgaben übernehmen. Die Rolle des Legal Representative wurde ebenfalls flexibilisiert – jedes operativ tätige Vorstandsmitglied kann diese Funktion übernehmen.

Unsicherheit bereitet allerdings die Plicht, dass Unternehmen mit mehr als 300 Mitarbeitenden mindestens einen Arbeitnehmervertreter im Vorstand haben müssen (sofern kein Aufsichtsrat mit Mitarbeiterbeteiligung besteht).

Das Informationsrecht der Gesellschafter wurde gestärkt – sie können nun auch Unterlagen von 100-prozentigen Tochtergesellschaften einer Chinagesellschaft einsehen.

Das neue Gesetz hat insgesamt die Compliance-Anforderungen deutlich verschärft, insbesondere durch:
  • Strenge Kapitalregeln
  • Explizite Treue- und Sorgfaltspflichten für Manager
  • Erhöhte Haftungsrisiken, auch in entsprechend angepassten Regeln des Strafgesetzbuchs

Gleichzeitig bietet es mehr Flexibilität in der Unternehmensorganisation. Deutsche Unternehmen sollten ihre Satzungen und Compliance-Strukturen dringend überprüfen und anpassen. Besonderes Augenmerk sollte auf die neuen Führungspflichten und Haftungsrisiken gelegt werden, die nun explizit im Gesetz verankert sind.

  

Wie wird sich aus Ihrer Sicht China weiterentwickeln?

China hat sich 2023/24 trotz globaler Widrigkeiten als robuste Wirtschaftsmacht erwiesen, mit einem Wachstum von 5,2 Prozent (2023) und 5 Prozent (2024). Für die kommenden Jahre wird erwartet, dass sich die Konjunktur stabilisiert – wobei diese Entwicklung maßgeblich vom Ausgang des anhaltenden Handelskonflikts und Zollstreits mit den USA abhängen wird. Die jüngste Aussetzung gegenseitiger Zollerhöhungen muss sich dabei als ernsthafter Entspannungsschritt beider Seiten erweisen und nicht nur als taktische Pause. Gelingt dies und stabilisieren sich zusätzlich die globale Nachfrage, Lieferketten und Binnennachfrage, könnte China erneut zum wichtigen Wachstumstreiber der Weltwirtschaft werden, was auch deutschen Unternehmen vor Ort zugutekäme.

Langfristig setzt China auf nachhaltiges Wachstum, wobei grüne Technologien eine Schlüsselrolle spielen. Das Land ist bereits heute führend in Erneuerbaren Energien, E-Mobilität und Batterietechnik. Gleichzeitig treibt es Innovationen in KI, Robotik und Digitalisierung voran. Diese Schwerpunkte bieten deutschen Firmen Chancen für Kooperationen und Technologietransfer – insbesondere im Bereich nachhaltiger Lösungen und der Kreislaufwirtschaft, die von der chinesischen Regierung durch Subventionen gefördert werden. Für 2025 wird die Verabschiedung eines über 1000 Artikel enthaltenden Umweltgesetzbuches erwartet.

Dennoch bleibt China mit strukturellen Herausforderungen konfrontiert: Die alternde Bevölkerung und Fokussierung auf akademische Ausbildungen führt zu Fachkräftemangel, soziale Ungleichheit erfordert Reformen, und der Immobiliensektor muss sich weiter konsolidieren. Hinzu kommen verschärfte Compliance-Regeln, etwa durch das reformierte Gesellschaftsgesetz (2024), das zwar mehr Rechtssicherheit bietet, aber auch höhere Anforderungen an ausländische Investoren stellt.

Für deutsche Unternehmen bleibt China damit ein Markt mit großen Potenzialen, aber auch komplexen Rahmenbedingungen. Erfolg erfordert neben mutigen Investitionsentscheidungen vor allem lokales Know-how, verlässliche Partnerschaften und die Fähigkeit, sich an regulatorische Änderungen anzupassen. Besonders in Zukunftsbranchen wie Green Tech, Digitalisierung und Hochtechnologie bieten sich attraktive Möglichkeiten – für Unternehmen, die bereit sind, langfristig und strategisch zu agieren. Trotz aller Herausforderungen wird China damit auch 2025 und danach einer der wichtigsten Absatz- und Investitionsmärkte für die deutsche Wirtschaft bleiben.​

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