Erfolgreich investieren in Spanien

PrintMailRate-it

​​​​​​​​​​​zuletzt aktualisiert am 5. August 2025 | Lesedauer ca. 6 Minuten


 

   

​​Wie schätzen Sie die derzeitige wirtschaftliche Lage in Spanien ein?

Spanien hat sich zwar wirtschaftlich nach der Corona-Krise sehr viel später als andere Länder erholt, dafür dann überraschenderweise umso stärker. Spanien zeigt sich momentan als das am stärksten wachsendes Land in Europa, mit einem Zuwachs des BIP um stolze 3,2 Prozent im Jahr 2024 (Quelle: INE, Instituto Nacional de Estadísticas), was über allen Erwartungen lag. Für 2025 sagt die Industriestaatengemeinschaft OECD für Spanien ein Wachstum von 2,3 Prozent und für 2026 immer noch ein Wachstum von 2 Prozent vorher. Die Autonomen Gemeinschaften mit dem größten Wachstum innerhalb Spaniens waren 2024 die Balearen (4,2 Prozent) sowie Murcia (4,1 Prozent). Allerdings liegt nach wie vor die Autonome Gemeinschaft Madrid (Comunidad de Madrid) an der Spitze der Gemeinschaften mit einem Anteil von 19,6 Prozent am nationalen BIP. 

Die derzeitige wirtschaftliche Lage in Spanien wird mit diesen Zahlen im Hintergrund als robust und wachstumsorientiert eingeschätzt. Die Basis dafür ist ein stabiler Arbeitsmarkt, die Investitionen in Erneuerbare Energien und Infrastruktur sowie eine wachsende Dienstleistungs- und vor allem Tourismusbranche. Nicht zu vergessen sind die Hilfen, die Spanien aus dem Next-Generation Programm der EU bereitgestellt wurden. Das Land wusste diese Mittel sehr gut einzusetzen und zu nutzen.

Wie würden Sie das Investitionsklima in Spanien beschreiben? Welche Branchen bergen großes Potenzial?

Sicherlich ist die Tourismus- und Hotelbranche die Branche, die weiterhin das Wachstum Spaniens nach vorne treiben wird. Es geht dabei vor allem um den internationalen Tourismus, aber auch der nationale Tourismus hat an Wichtigkeit gewonnen. Die Abhängigkeit Spaniens vom Tourismus, der im Jahr 2024 13,2 Prozent des nationalen BIP ausmachte, birgt allerdings gewisse Risiken. Ein Ende des Booms im Tourismus ist noch nicht abzusehen. Auf lange Sicht wird Trockenheit und Wasserknappheit dem Tourismus, allerdings auch der Landwirtschaft, zu schaffen machen. 

Weitere Branchen, die nach wie vor ein interessantes Potenzial bieten, sind
  • Erneuerbare Energien: Die aktuelle Regierung fördert in großem Masse den Ausbau grüner Energiequellen. 
  • Digitalisierung und IT: Diese Branche wird vor allem durch zahlreiche Projekte im Bereich Smart Cities, E-Government und digitale Infrastruktur gefordert, bei denen EU-Fördermittel zum Einsatz kommen. 
  • Gesundheitswirtschaft und Biotechnologie: Die alternde spanische Bevölkerung und Investitionen in Forschung sorgen für eine zunehmende Attraktivität dieses Sektors.  
  • Logistik: Die Schienen und Hafeninfrastruktur in Spanien verzeichnen wachsende Investitionen. Das positioniert Spanien für die Zukunft als logistischen Dreh- und Angelpunkt zwischen Europa, Afrika und Lateinamerika.

Welchen Herausforderungen steht ein deutscher Unternehmer beim Engagement in Spanien gegenüber?

Der über Erfolg und Nichterfolg entscheidende Faktor ist vor allem die sorgfältige Auswahl der Mitarbeitenden und – noch konkreter – der Führungskräfte der spanischen Niederlassungen. 

Wenn man Spanien als Absatzmarkt im Fokus hat, ist es ratsam, sich lokales Fachwissen in die Teams zu holen. Geschäftsbeziehungen generell sind in Spanien eher persönlich und sozial geprägt, Verhandlungsstile und Entscheidungsprozesse sind unterschiedlich. Auch wenn viele Spanier die englische Sprache oder vielleicht sogar Deutsch sprechen, ist Spanisch im Geschäftsalltag empfehlenswert.

Bürokratie und Verwaltungsprozesse sind in Spanien trotz Digitalisierung teilweise komplex und daher durchaus in manchen Bereichen langsam. Genehmigungen, Registrierungen und steuerliche Verfahren können zeitaufwendig sein. Die Autonomen Gemeinschaften haben teilweise eigene Regelungen, was die Geschäftstätigkeit regional unterschiedlich gestalten kann. 

Es ist ratsam, sich über die arbeitsrechtlichen Vorschriften für die unterschiedlichen Branchen zu informieren. In vielen Unternehmen ist generell oder ab einer konkreten Mitarbeiterzahl ein Gleichbehandlungsplan auszuarbeiten (Plan de Igualdad) und ein Protokoll zur Vermeidung von Risiken am Arbeitsplatz (Prevención de Riesgos Laborales), ein Protokoll zur Vermeidung von Mobbing / sexueller Belästigung am Arbeitsplatz sowie ein Vergütungsregister zu erstellen. Außerdem muss die Arbeitszeit erfasst und ein Whistleblowing-Kanal eingeführt werden. 

Die spanische Regierung unter Premierminister Pedro Sánchez hat im Februar 2025 eine Verkürzung der gesetzlichen Wochenarbeitszeit von 40 auf 37,5 Stunden bei vollem Lohnausgleich beschlossen. Das Gesetzt ist allerdings noch nicht in Kraft. Der Gesetzesentwurf wurde zwar vom Kabinett verabschiedet und zur öffentlichen Konsultation freigegeben, muss aber noch im Parlament bestätigt werden. Diese neue Regelung soll nach Wunsch der aktuellen Regierung, die aus einer Koalitionsregierung aus Sozialisten (PSOE), dem Linksbündnis SUMAR, den katalanischen Parteien ERC und JUNTS sowie PNV, der baskischen Nationalisten-Partei und BILDU, einem baskischen sozialistischem Wahlbündnis, besteht, bis spätestens Ende 2025 vollständig umgesetzt werden. Das aktuelle Arbeitsministeriums verfolgt damit das Ziel, die Produktivität zu steigern und die Lebensqualität zu verbessern.   

Der aktuelle gesetzliche Mindestlohn in Spanien wurde für 2025 auf 1.148 Euro brutto pro Monat bei 14 Zahlungen pro Jahr festgesetzt.​
 

Gibt es Neugikeiten im spanischen Rechtssysten, die auch für deutsche Unternehmen relevant sind?

Am 3. April 2025 trat in Spanien das neue Gesetz „Ley Orgánica 1/2025, de 2 de enero“ in Kraft, das umfassende Reformen zur Effizienzsteigerung des öffentlichen Justizdienstes einführt. Diese Reformen zielen darauf ab, das spanische Justizsystem zu modernisieren und die Arbeitsbelastung der Gerichte zu reduzieren.

Wichtige Punkte des Gesetzes: 

  1. Alternative Streitbeilegung (MASC): Das Gesetz verpflichtet die Parteien, vor der Einleitung eines Gerichtsverfahrens in Zivil- und Handelssachen alternative Streitbeilegungsmethoden wie Mediation, Schlichtung und Sachverständigengutachten zu nutzen. Es soll die Gerichte entlasten und den Zugang zur Justiz effizienter gestalten.
  2. Beschleunigte Räumungsverfahren: Im Falle von Hausbesetzungen durch sogenannte „Ocupas“ (= Hausbesetzer) werden Zwangsräumungen beschleunigt, um die Eigentumsrechte zu schützen und die Dauer der illegalen Besetzung zu verkürzen.
  3. Neue Instanzgerichte: Die Reform sieht die Schaffung neuer Instanzgerichte vor, die die bisherigen Einzelrichter- und Erstinstanz-Gerichte ersetzen sollen. Dies soll die Effizienz und Geschwindigkeit der Rechtsprechung erhöhen.
  4. Abschaffung der „Golden Visa“: Die Möglichkeit, durch den Kauf von Immobilien oder Investitionen ein Visum zu erhalten, wird abgeschafft. Dies soll den Immobilienmarkt stabilisieren und spekulative Investitionen reduzieren.

Auswirkungen auf deutsche Unternehmen

Für deutsche Unternehmen und Bürger, die in Spanien tätig sind oder dort investieren möchten, bringt das neue Gesetz einige Veränderungen mit sich. Die Verpflichtung zur Nutzung alternativer Streitbeilegungsmethoden könnte zu schnelleren und kostengünstigeren Lösungen bei rechtlichen Auseinandersetzungen führen. Zudem könnte die Abschaffung der „Golden Visa“ den Immobilienmarkt für ausländische Investoren weniger attraktiv machen.

Insgesamt zielt die Reform darauf ab, das spanische Justizsystem zu modernisieren und effizienter zu gestalten, was langfristig auch positive Auswirkungen auf internationale Geschäftsbeziehungen haben könnte.

Wie wird sich aus Ihrer Sicht Spanien weiterentwickeln?

Die wirtschaftliche Entwicklung Spaniens in den kommenden Jahren wird voraussichtlich stabil und wachstums­​orientiert bleiben, mit leicht abnehmender Tendenz. 

Laut OECD wird das Wachstum des BIP in Spanien für 2025 bei ca. 2,3 Prozent sowie im Jahr 2026 bei 2,0 Prozent liegen. Das Wachstum wird hauptsächlich vom privaten Konsum getragen, der durch einen starken Arbeitsmarkt, steigende Realeinkommen und akkumulierte Ersparnisse der privaten Haushalte unterstützt wird. Die Investitionen werden unserer Einschätzung nach aufgrund der niedrigen Finanzierungskosten und der Umsetzung des EU-Wiederaufbauplans weiter zunehmen. 

Zum Exportwachstum werden weiterhin vor allem der Tourismus und andere Dienstleistungen beitragen. Als langfristige Herausforderungen werden vor allem die große Arbeitslosigkeit (10,9 Prozent, März 2025) und die Jungendarbeitslosigkeit (26,6 Prozent, März 2025) gesehen, die auf grundlegende Probleme auf dem Arbeitsmarkt für junge Menschen hinweist. Zudem zählen dazu vorhandene regionale Ungleichgewichte. 

Weitere Herausforderungen werden sich aus den politischen Entwicklungen im Land ergeben. Die schon beschriebene aktuelle Koalitionsregierung und Minderheitenregierung sieht sich wachsenden Korruptionsvorwürfen ausgesetzt, die das Vertrauen in die Regierung belasten. Rund 20 Prozent der Gesetzesinitiativen der aktuellen Regierung scheiterten im Jahr 2024, und der Haushalt für 2025 wurde bisher noch nicht präsentiert und verabschiedet. Die politische Polarisierung nimmt zu. Regionale Spannungen haben sich verbessert, bleiben aber ein sensibles Thema.  

Die Wirtschaft zeigt sich trotz der wachsenden politischen Spannungen widerstandsfähig und liegt über dem Durchschnitt in der EU. ​

Kulturelle Besonderheiten in Spanien

Video auf YouTube ansehen

Kontakt

Contact Person Picture

Georg Abegg

Rechtsanwalt

Partner

+34 91 5359 977

Anfrage senden

Wir beraten Sie gern!

Publikation

Unternehmer­briefing

Kein Themen­special verpas­sen mit unserem Newsletter!

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu