Das italienische Transparenzregister verzögert sich weiter

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veröffentlicht am 10. Februar 2023 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union Ende 2022 wird sich die Einführung des Transparenzregisters in Italien weiter verzögern.

 
 
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat mit seinem Urteil vom 22. November 2022 in den verbundenen Rechtssachen C-37/20 (Luxemburger Unternehmensregister) und C-601/20 (Sovim) Artikel 30 Absatz 5 der IV. Geldwäscherichtlinie[1] für ungültig erklärt. Diese Vorschrift bestimmt die Personen, die Zugang zum Transparenzregister haben sollen.
 
In seinem Urteil erklärte der Europäische Gerichtshof diese Vorschrift – deren Anwendungsbereich u.a. mit dem Inkrafttreten der V. Geldwäscherichtlinie[2] ausgeweitet wurde – als unvereinbar mit den Grundrechten auf Achtung des Privatlebens und den Schutz personenbezogener Daten, die in den Artikeln 7 und 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sind.
 
Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass der Zugang einer womöglich unbeschränkten Anzahl von Personen zu den Daten über die materielle und finanzielle Situation der wirtschaftlich Berechtigten von Vereinigungen, diese erheblichen Risiken, auch persönlicher Art, aussetzen könnte. Dies auch deshalb, weil die Informationen nach ihrer Veröffentlichung frei abgerufen, gespeichert und verbreitet werden können, ohne dass eine reale Möglichkeit besteht, einen Missbrauch zu verhindern oder die verantwortlichen Personen zu ermitteln. Obwohl die Geldwäscheprävention und die Verhinderung der Terrorismusfinanzierung Ziele von herausragender Bedeu­tung sind[3], kann deren Verfolgung keinesfalls schwerwiegende Verstöße gegen die in den Artikeln 7 und 8 der Europäischen Charta verankerten Grundrechte rechtfertigen.
 
Als Reaktion auf das Urteil des EuGH wurden in mehreren Mitgliedstaaten (darunter Österreich, Belgien, Zypern, Frankreich, Deutschland, Irland, Luxemburg, Malta und die Niederlande) zunächst die bereits beste­hen­den Transparenzregister deaktiviert. Einige Transparenzregister wurden seither jedoch wieder reaktiviert, wie z.B. in Frankreich. Dort ist der Zugang zum Transparenzregister nach einer dreiwöchigen Schließung wieder möglich, anfangs nur für die Presse und zivilgesellschaftliche Organisationen, die ein berechtigtes Interesse am Zugang zum Register nachweisen konnten, und nun auch wieder für die Öffentlichkeit. Frankreich hält nämlich das Interesse der Öffentlichkeit am weiteren Zugang zum Transparenzregister für legitim. Deutschland stellt derzeit den Zugang der Öffentlichkeit zum Transparenzregister unter die Bedingung des berechtigten Interes­ses.
 
Wie steht es mit der Einführung des Transparenzregisters in Italien? Aktuell ist das Transparenzregister in Italien noch nicht einsatzbereit.
 
In den Monaten vor der Veröffentlichung des EuGH-Urteils hatte Italien bereits erhebliche Fortschritte bei der Umsetzung seines nationalen Transparenzregisters gemacht. Am 9. Juni 2022 ist der Interministerielle Erlass Nr. 55 vom 11. März 2022 (der „Interministerielle Erlass“) in Kraft getreten, der „Bestimmungen über die Mittei­lung, den Zugang und die Abfrage von Daten und Informationen in Bezug auf das wirtschaftliche Eigentum von Gesellschaften mit Rechtspersönlichkeit, juristischen Personen des Privatrechts, Trusts, die steuerlich relevan­te Rechtswirkungen erzeugen, und trust-ähnlichen Rechtsinstituten“ enthält, und es wurde mit der Inbetrieb­nahme des Transparenzregisters bis zum Ende des Jahres gerechnet.
 
Der Interministerielle Erlass gibt jedoch der Öffentlichkeit die Möglichkeit, auf Antrag und ohne Einschränkung Zugang zum Transparenzregister zu erlangen, es sei denn es liegt ein besonderes Interesse des wirtschaftlich Berechtigten auf Beschränkung des Zugangs seitens der Öffentlichkeit vor. Das Urteil des Gerichtshofs hat also unweigerlich dazu geführt, dass der Regelungsprozess zur Inbetriebnahme des italienischen Transparenz­registers gestoppt wurde.
 
In der Zwischenzeit hat die Europäische Kommission Italien ein Aufforderungsschreiben übermittelt (INFR(2022)2150), weil die geltende Geldwäscherichtlinie nicht korrekt angewandt und das Transparenzregister nicht aktiviert wurde[4].
 
Es müssen daher kurzfristig Maßnahmen ergriffen werden, damit der genannte Interministerielle Erlass geän­dert und die notwendigen Durchführungsdekrete erlassen werden, um das italienische Transparenzregister in Betrieb zu nehmen und dessen Einsichtnahme nach den Vorgaben des EuGH geeignet einzuschränken.
 


[1] Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Richtlinie 2006/70/EG der Kommission, geändert durch die Richtlinie (EU) 2018/843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018.
[2] Richtlinie (EU) 2018/843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/EU.
[3] Siehe: Erwägungsgrund 30, Fünfte Richtlinie zur Bekämpfung der Geldwäsche, in dem es heißt: „Der öffentliche Zugang zu Informationen über wirtschaftliche Eigentümer ermöglicht der Zivilgesellschaft, auch über ihre Organisationen und die Presse, eine genauere Bewertung dieser Informationen und trägt dazu bei, das Vertrauen in die Integrität von Geschäftstransaktionen und des Finanzsystems zu erhalten. Darüber hinaus kann es dazu beitragen, den Missbrauch von Unternehmen, anderen juristischen Personen und Rechtsinstituten zur Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu bekämpfen, indem es sowohl die Ermittlungen erleichtert als auch den guten Ruf stärkt, da alle, die Transaktionen durchführen könnten, die Identität der wirtschaftlichen Eigentümer kennen. Dies erleichtert auch die rechtzeitige und effiziente Übermittlung von Informationen an die Finanzinstitute und Behörden, einschließlich derjenigen in Drittländern, die an der Bekämpfung solcher Straftaten beteiligt sind. Der Zugang zu diesen Informationen würde auch den Ermittlungen zur Geldwäsche, den damit verbundenen Vortaten und der Terrorismusfinanzierung zugutekommen.“
[4] Am 26. Januar 2023 übermittelte die Europäische Kommission Italien ein Aufforderungsschreiben (INFR(2022)2150) wegen der nicht korrekter Umsetzung der geltenden Geldwäscherichtlinie und der Nichtaktivierung des Registers der wirtschaftliche Berechtigten. Italien hat zwei Monate Zeit zur Abhilfe bevor ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet wird.
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