Europäisches Parlament lehnt Level-2-Maßnahme zur PRIIPs-Verordnung ab

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​Die Verordnung (EU) Nr. 1286/2014 über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsprodukte vom 26. November 2014 („PRIIPs-VO”) wurde am 9. Dezember 2014 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und gilt nach derzeitigem Stand ab dem 31. Dezember 2016 ohne weiteren nationalen Umsetzungsakt unmittelbar in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Ob es allerdings bei diesem Anwendungstermin bleibt, wird momentan noch diskutiert.

Im Mittelpunkt der PRIIPs-VO steht die Einführung europaweit einheitlicher Basisinformationsblätter (Key Information Documents-„KIDs”) für verpackte Anlageprodukte und Versicherungsprodukte (Packaged Retail and Insurance-based Investment Products - „PRIIPs”). Als „verpackt” sollen im Sinne der PRIIPs-VO Anlageprodukte und -verträge gelten, bei denen das von einem Anleger eingesetzte Kapital nicht direkt, sondern indirekt am Kapitalmarkt angelegt ist oder bei denen der Rückzahlungsanspruch des Anlegers auf sonstige Weise an die Wertentwicklung bestimmter Papiere oder die Entwicklung bestimmter Referenzwerte gekoppelt ist. Zu diesen PRIIPs gehören insbesondere geschlossene und offene Investmentfonds, strukturierte Finanzprodukte, Derivate, Versicherungsprodukte mit Anlagecharakter und Instrumente, die von Zweckgesellschaften ausgegeben werden. Bevor diese Produkte künftig Kleinanlagern angeboten werden, ist ein entsprechendes Basisinformationsblatt zu veröffentlichen, welches es Kleinanlegern ermöglichen soll, die entscheidenden Merkmale und Risiken im Zusammenhang mit dem jeweiligen PRIIP zu verstehen und zu vergleichen. Dies soll im Ergebnis zu einem besseren Anlegerschutz und einem fairen Wettbewerb führen. Zu beachten ist dabei, dass das europäische Recht den semi-professionellen Anleger nach § 1 Abs. 19 Nr. 33 des Kapitalanlagegesetzbuchs („KAGB”) nicht kennt. Dieser ist im Rahmen der PRIIPs-VO mithin als Kleinanleger anzusehen, weshalb auch Spezial-AIF nach dem KAGB von diesen neuen Regelungen tangiert werden, sofern sie auch an semi-professionelle Anleger vertrieben werden.

Bereits heute müssen nach nationalem Recht für bestimmte Finanzdienstleistungen Produktinformationsblätter erstellt werden. So sind Anlegern etwa nach dem KAGB wesentliche Anlegerinformationen („wAI”) zu der jeweiligen Kapitalanlage zur Verfügung zu stellen, nach dem Vermögensanlagengesetz („VermAnlG”) ein Vermögensanlagen-Informationsblatt („VIB”). Die Basisinformationsblätter nach der PRIIPs-VO unterscheiden sich von Produktinformationsblättern nach nationalem Recht jedoch dadurch, dass die mit dem Anlageprodukt verbundenen Kosten und Risiken in den Basisinformationsblättern nach der PRIIPs-VO nicht zu umschreiben, sondern vielmehr durch Indikatoren darzustellen sind. Voraussetzung hierfür ist die Bestimmung entsprechender Parameter. Aufgrund dessen ist die Erstellung und Prüfung solcher Basisinformationsblätter nach der PRIIPs-VO im Vergleich zu Produktinformationsblättern nach nationalem Recht wesentlich anspruchsvoller.

Grundsätzlich müssen ab dem 31. Dezember 2016 für den Vertrieb von PRIIPs an Kleinanleger (und semi-professionelle Anleger) Basisinformationsblätter nach der PRIIPs-VO erstellt werden. Eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2019 gilt allerdings für Publikums-AIF, die wesentliche Anlegerinformationen erstellen müssen, und für Spezial-AIF, die sich nach § 307 Abs. 5 KAGB n.F. (ab 31. Dezember 2016) für die Erstellung wesentlicher Anlegerinformationen entscheiden.

Die in der PRIIPs-VO (sogenannte „Level-1-Maßnahme”) enthaltenen Regelungen bedürfen allerdings zum Teil weiterer Konkretisierung. Die drei europäischen Aufsichtsbehörden ESMA (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), EBA (Europäische Bankenaufsichtsbehörde) und EIOPA (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung) wurden deshalb damit betraut, Vorschläge für sogenannte „Level-2-Maßnahmen” in Form von Technischen Regulierungsstandards zu erarbeiten und an die Europäische Kommission zu übermitteln. Die Europäische Kommission verabschiedete daraufhin am 30. Juni 2016 eine entsprechende Delegierten Verordnung zur Ergänzung der PRIIPs-VO inklusive einer Mustervorlage für ein Basisinformationsblatt nach der PRIIPs-VO. Am 14. September 2016 hat das Europäische Parlament allerdings von dem ihm zustehenden Widerspruchsrecht Gebrauch gemacht und die Level-2-Maßnahme zur PRIIPs-VO abgelehnt. Es ist nun Aufgabe der Kommission, die abgelehnte Level-2-Maßnahme zu überarbeiten und dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union einen geänderten Vorschlag zur Prüfung vorzulegen.

Aufgrund der bereits fortgeschrittenen Zeit wird momentan eine Verschiebung des Anwendungstermins der PRIIPs-VO um sechs bis zwölf Monate bzw. bis zur Verabschiedung der überarbeiteten Level-2-Maßnahme diskutiert. Kommt es zu keiner Verschiebung, gilt ab dem 31. Dezember 2016 die PRIIPs-VO gegebenenfalls ohne weitere Konkretisierung durch eine Level-2-Maßnahme. Bis zu einer endgültigen Entscheidung über die Verschiebung des Anwendungstermins haben sich die Betroffenen hierauf einzustellen. Über die weitere Entwicklung halten wir Sie selbstverständlich gerne auf dem Laufenden.

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