Neuer Ländererlass zur grunderwerbsteuerlichen Konzernklausel § 6a GrEStG – und neue Probleme

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Am 22. September 2020 haben die Länder eine Neufassung der gleich lautenden Erlasse zur Anwendung des § 6a Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) beschlossen. Damit hätte eigentlich endlich Rechtsklarheit herrschen können, nachdem der Bundesfinanzhof mit Urteilen vom 21. und 22. August 2019 den vorherigen Erlass in weiten Teilen kassiert hatte. Tatsächlich hat die Verwaltung sich aber dazu entschieden, dem Gericht nur soweit zu folgen wie unbedingt nötig und dafür neue Streitpunkte zu eröffnen, die gruppeninterne Gestaltungen in den nächsten Jahren behindern werden. 


1.      Gesetzliche Regelung 

Die gesetzliche Regelung liest sich relativ einfach: Nach § 6a GrEStG steuerbefreit ist der Übergang von Grundstücken oder grundbesitzenden Gesellschaften innerhalb eines „Konzerns”. Der grunderwerbsteuerliche Konzern setzt dabei eine Beteiligung von mindestens 95% während der fünf Jahre vor und nach dem betreffenden Übergang voraus. Diese Quote muss zwischen Übertragendem und Übernehmer erfüllt sein oder zwischen diesen und einer gemeinsamen Konzernspitze (dem „herrschenden Unternehmen”). Außerdem muss der steuerbare Übergang durch einen Vorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) (z.B. Verschmelzung) oder auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage (z.B. Sachkapitalerhöhung) erfolgen. 


2.      Streitpunkte bisheriger Ländererlass und Bundesfinanzhof 

In den gleichlautenden Erlassen vom 19. Juni 2012 hatten die Länder den Anwendungsbereich durch zusätzliche Anforderungen stark eingeschränkt:

  • Sie forderten zusätzlich etwa die umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft der Konzernspitze; eine natürliche Person mit Anteilen im Privatvermögen könne dagegen kein herrschendes Unternehmen sein.
  • Außerdem definierten die Erlasse einen „Verbund” aus mehreren Gesellschaften als Voraussetzung der Steuerbefreiung und
  • sahen in den Gerichtsverfahren daher die fünfjährige Behaltensfrist als nicht erfüllt an, wenn eine Tochtergesellschaft durch Verschmelzung auf ihre Muttergesellschaft – naturgemäß – unterging oder eine abhängige Gesellschaft durch Ausgliederung oder Abspaltung – naturgemäß – neu entstand.

 

Der Bundesfinanzhof hat diese zusätzlichen Anforderungen der Finanzverwaltung in seinen Urteilen II R 15/19 bis II R 21/19 vom 21./22. August 2019, veröffentlicht am 13. Februar 2020, verworfen:

  • Eine Unternehmereigenschaft nach § 2 UStG sei in § 6a GrEStG nicht erwähnt, vielmehr könne sogar eine reine Holding Konzernspitze sein; dass dieses über seine Beteiligung an der abhängigen Gesellschaft wirtschaftlich tätig sei, reiche aus.
  • Auch der „Verbund”-Begriff habe keine Grundlage im Gesetz.
  • Wenn eine Gesellschaft gerade aufgrund der begünstigungsfähigen Umwandungen untergeht (z.B. Verschmelzung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwG) oder entsteht (z.B. Ausgliederung nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 UmwG) steht einer Befreiung nicht entgegen, dass es dabei aus rechtlichen Gründen unmöglich ist, eine fünfjährige Nach- bzw. Vorbehaltensfrist einzuhalten.
     

3.      Die neue Erlassfassung

Die gute Nachricht vorweg: Die Erlasse erkennen die höchstrichterlich ausdrücklich entschiedenen Fallkonstellationen nunmehr an. Der Verbundbegriff wurde gestrichen, die umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft wird nicht mehr gefordert und Verschmelzungen und Ausgliederungen sind weitgehend begünstigungsfähig. 
 
Allerdings vertritt die Finanzverwaltung zu einzelnen Fragestellungen Auffassungen zum Nachteil des Steuerpflichtigen, die vor dem Hintergrund der BFH-Urteile nur schwer zu erklären sind:

  • So sollen etwa Sachgründungen nach GmbH-Gesetz – im Gegensatz zu Ausgliederungen nach Umwandlungsgesetz – nicht begünstigungsfähig sein.
  • Auch für Ausgliederungen aus dem Vermögen eines Einzelkaufmanns lehnt die Finanzverwaltung die Befreiungsmöglichkeit ohne weitere Begründung ab.
  • Und aus der Anerkennung reiner Holdinggesellschaften durch den BFH folgert die Finanzverwaltung, dass mindestens eine am Umwandlungsvorgang beteiligte abhängige Gesellschaft am Markt wirtschaftlich tätig sein muss. Letzteres wird möglicherweise bei mehrstöckigen Strukturen mit Zwischenholdings zu Diskussionen mit dem Finanzamt führen; wenn eine der abhängigen Gesellschaften selbst als operative Gesellschaft, Vermieterin oder Projektentwicklerin auftritt, kann wohl nur problematisch sein, ob diese Tätigkeit wie vom Erlass gefordert „ununterbrochen innerhalb der fünfjährigen Vor- und Nachbehaltens­fristen” vorgelegen hat.

 

Wirklich überzeugend ist keiner der Anknüpfungspunkte, mit denen die Finanzverwaltung nunmehr erneut versucht, den Anwendungsbereich von § 6a GrEStG im Erlassweg einzuschränken. Dies gilt umso mehr, soweit sie in klarem Widerspruch zur aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung stehen. Es scheint – wie schon beim Vorgänger-Erlass – lediglich eine Frage der Zeit, bis die Rechtsprechung die Verwaltung an ihre Bindung an Recht und Gesetz erinnert und die Beschränkungen aufhebt.
 

4.      Fazit

Für den Steuerpflichtigen bleibt in nächster Zeit die missliche Situation, manche Umstrukturierungen nicht durch verbindliche Auskunft absichern zu können und – sofern keine „passende” Alternativgestaltung zu finden ist –  Aufwand, Zeitbedarf und Durchsetzungsrisiko der Klage gegen einen Steuerbescheid auf sich zu nehmen. RETT-Blocker – also zurückbehaltene Beteiligungen von 5,1 oder 10,1% werden also auch künftig das Organigramm vieler grundbesitzender Unternehmen prägen.  
 
Solche RETT-Blocker-Strukturen können aber in vielen Fällen nach Ablauf von fünf Jahren grunderwerbsteuer­frei wieder beseitigt werden. Denn um Mehrheitsbeteiligungen gruppenintern auf 100% aufzustocken, bleibt § 6a GrEStG auch in Zukunft oftmals das passende Mittel.

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Franz Lindner

Wirtschaftsjurist (Univ. Bayreuth), Rechtsanwalt, Steuerberater

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