BFH zur Frage der Erschließungskosten als Teil der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer (BFH II R 32/20)

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veröffentlicht am 20. März 2023 | Lesedauer ca. 2 Minuten


Mit Urteil vom 28.09.2022 hat sich der 2. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Erschließungskosten in die Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Grunderwerbsteuer mit einzubeziehen sind, wenn Veräußerin selbst eine erschließungspflichtige Gemeinde ist. In Anbetracht steigender Grunderwerbsteuersätze und Baukosten ist das Urteil nicht nur relevant für Grundstückskäufer, sondern auch für Kommunen, die unbebaute und unerschlossene Grundstücke veräußern wollen.
 

Sachverhalt

Im streitgegenständlichen Sachverhalt erwarben die Klägerin und ihr Ehemann von der erschließungspflichtigen Gemeinde je einen Miteigentumsanteil an einem unbebauten und unerschlossenen Grundstück. In dem Kaufvertrag waren Entgelte für das Grundstück und für die künftige Erschließung jeweils gesondert ausgewiesen.
 

Hintergrund

Ein Grundstückskaufvertrag, der den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks begründet, unterliegt der Grunderwerbsteuer. Die Bemessungsgrundlage zur Ermittlung der Grunderwerbsteuer richtet sich dabei gemäß § 8 Abs. 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) nach der Gegenleistung. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG gilt als Gegenleistung u.a. der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen. Dabei gehören nach aktueller Rechtsprechung auch alle Leistungen des Erwerbers, die dieser nach den vertraglichen Vereinbarungen gewährt, um das Grundstück zu erwerben, zur grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung.

Auslegung des Vertrages notwendig

In Bezug auf die Erschließungskosten ist unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung (so u.a. BFH II R 67/05 vom 21.03.2007, sowie II R 20/08 und II R 21/08 je vom 23.09.2009) nach Auffassung des BFH dabei entscheidend, in welchem Erschließungszustand das Grundstück vertraglich geschuldet ist. Ist das Grundstück im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags bereits tatsächlich erschlossen, so kann denklogisch nur das erschlossene Grundstück Vertragsgegenstand sein und die Erschließungskosten im Kaufvertrag sind grundsätzlich als Teil der Gegenleistung anzusehen.
 
Ist das Grundstück hingegen noch nicht erschlossen, muss nach zivilrechtlichen Maßstäben im Wege der Auslegung der getroffenen Vereinbarungen ermittelt werden, ob ein erschlossenes Grundstück Gegenstand der Übereignungsverpflichtung ist. Der BFH kommt dabei zum Ergebnis, dass für den Fall, dass Veräußerin selbst eine erschließungspflichtige Gemeinde ist und der Erwerber die Verpflichtung übernimmt, für die zukünftige Erschließung des Grundstücks einen bestimmten Betrag zu zahlen, Gegenstand des Erwerbsvorgangs regelmäßig nur das unerschlossene Grundstück ist. Hierbei bedient sich der BFH des Grundsatzes der gesetzeskonformen Auslegung. Hiernach erfolgt bei Uneindeutigkeit eine Auslegung, die nicht zur Unwirksamkeit einer Vereinbarung führt. Mit anderen Worten ist, sofern die Erschließungsbeiträge im Vertrag gesondert ausgewiesen wurden, das gesamte Vertragswerk hinsichtlich des Kaufvertrags in eine privatrechtliche Vereinbarung und in Bezug auf die Erschließungsbeiträge in einen öffentlich-rechtlichen Vertrag aufzuteilen.
 
Mit seiner Entscheidung stellt der BFH dabei klar, dass eine rein privatrechtliche Vereinbarung über die Ablösebeträge unzulässig ist. Vielmehr bedürfe es eines öffentlich-rechtlichen Vertrages, der u.a. mit einem privatrechtlichen Vertrag verbunden werden kann, sofern eine Trennung  zwischen den privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Elementen klar möglich ist. Das führt dazu, dass die Erschließungskosten in einem solchen Fall zwangsläufig nicht Teil der Bemessungsgrundlage sein können, da entweder eine separate und wirksame öffentlich-rechtliche Vereinbarung i.S.d. § 133 Abs. 3 Satz 5 BauGB über die Ablösung des Erschließungsbeitrags ohne kausale Verknüpfung zum Grundstückskaufvertrag vorliegt oder die öffentlich-rechtliche Vereinbarung unwirksam ist und damit nur ein reiner Kaufvertrag besteht, sodass die Erschließungsbeiträge in einem gesonderten Beitragsbescheid festzusetzen sind und nicht Teil der Gegenleistung sein können.
 

Fazit

Im Ergebnis führt die Entscheidung zu einem Gleichlauf in Bezug auf die Behandlung einer vertraglichen Übernahme der Erschließungsbeiträge und einer Erhebung durch die Kommune kraft Gesetzes. Wie die Entscheidung zeigt, ist dabei essenziell, dass eine Aufteilung des Kaufpreises vorliegt. Es ist daher zu empfehlen,  die Ablöse der Erschließungsbeiträge in einem separaten öffentlich-rechtlichen Vertrag zu regeln oder zumindest – sofern eine solche Gestaltung gewählt werden sollte – im Vertragswerk die Erschließungskosten gesondert auszuweisen.

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