System der dänischen Gerichtsbarkeit

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veröffentlicht am 4. Mai 2021 | Lesedauer ca. 5 Minuten




Internationale Gerichtsbarkeit

Die internationale Zuständigkeit bestimmt, ob die Gerichte eines Staates zu einer gerichtlichen Entscheidung berufen sind. In Bezug auf Fälle, die ausländische EU-Mitgliedsstaaten betreffen, gilt meistens die Gesetzgebung, die für andere Mitgliedsstaaten gemäß den EU-Regeln zur Zuständigkeit in Zivilsachen gilt, auch in Dänemark.


Was den Anwendungsbereich anbelangt, so enthält die Brüssel I a-Verordnung umfassende Bestimmungen über die internationale Zuständigkeit der Gerichte der Mitgliedstaaten für die Entscheidung von Zivil- und Handelsstreitigkeiten, die einen internationalen Bezug aufweisen. Die Verordnung gilt zwischen allen Mitgliedsstaaten einschließlich Dänemark. Allerdings ist Dänemark aufgrund seines Gesetzesvorbehalts der Brüssel I a-Verordnung nicht direkt beigetreten, sondern hat ein Parallelabkommen geschlossen, sodass die Regeln der Verordnung in Dänemark weiterhin gelten.


Grundsätzlich sind die Gerichte des Mitgliedstaates, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat, im Falle eines Rechtsstreits auf internationaler Ebene zuständig.


Aufbau

In Dänemark gibt es mehrere Gerichtszweige. Die wichtigsten sind wie folgt:

  • Der Oberste Gerichtshof (Højesteret), der als oberstes Zivil- und Strafgericht für Hauptsachen fungiert,
  • die beiden Obergerichte (Landsret) können entweder als erstinstanzliches Gericht in Hauptsachen oder als zweitinstanzliches Berufungsgericht fungieren,
  • das See- und Handelsgericht (Sø- og Handelsretten), das Konkursfälle und andere ähnliche Zivilsachen behandelt,
  • das Grundbuchgericht (Tinglysningsretten),
  • die 24 Bezirksgerichte (Byretten) und
  • das Sondergericht für Anklage und Revision (Den Særlige Klageret), das über Disziplinarverfahren gegen Richter und andere juristische Mitarbeiter entscheidet.

Es gibt auch Verwaltungsausschüsse, die in kleineren Angelegenheiten entscheiden, aber die Urteile können bei den Gerichten angefochten werden.


Grundsätzlich kann ein Urteil eines Gerichts der nächsthöheren Instanz zur Überprüfung vorgelegt werden (Instanzenzug). Dafür muss eine Berufung eingelegt werden. Wird ein Urteil der 1. Instanz angefochten, muss das nächsthöhere Gericht den gesamten Fall noch einmal in der 2. Instanz behandeln. Der Zugang zum Obersten Gericht ist i.d.R. auf Fälle mit Präzedenzwert beschränkt und wird von der Berufungszulassungsstelle („Processbevillingsnævnet”) gewährt.


Die Rechtsmittelinstanzen der Gerichtszweige sind wie folgt aufgebaut:

  • 1. ordentliche Gerichtsbarkeit: Bezirksgericht, Obergericht, Oberster Gerichtshof;
  • 2. die Verwaltungsgerichtsbarkeit: Verwaltungsausschuss, Bezirksgericht, dann folgt die ordentliche Gerichtsbarkeit;
  • 3. das See- und Handelsgericht: je nach Präzedenzwert des Falles ist die nächste Instanz entweder das Oberste Gericht oder der Supreme Court.

Prozesskosten

Prozesskosten sind die direkten Aufwendungen der Parteien, die durch die Verfolgung eines Rechtsstreits entstehen.


Nach dänischem Recht muss der Kläger für die Einreichung der Klage eine Gerichtsgebühr entrichten, die bei 500 dänischen Kronen beginnt. Wenn die geforderte Summe 50.000 übersteigt, beträgt die Gerichtsgebühr 750 dänische Kronen und 1,2 Prozent des geforderten Betrags, der die 50.000 übersteigt.


Am 21. Oktober 2020 legte der Justizminister jedoch einen Vorschlag für ein neues Gesetz über Gerichtsgebühren vor. Der Entwurf enthält eine Reihe von wesentlichen Änderungen der Vorschriften über Gerichtsgebühren, einschließlich einer Vereinfachung der geltenden Vorschriften.


Die Änderungen bestehen aus:

  • Angleichung der Gerichtsgebühr für Rechtsstreitigkeiten und der Gerichtsgebühr für das Hauptverfahren. D.h., die Gerichtsgebühr für Rechtsstreitigkeiten wird eine feste, kleinere Gebühr sein. Die Gebühr wird grundsätzlich 750dänische Kronenfür Fälle mit einem Wert von nicht mehr als 100.000 und 1.500 dänische Kronen für Fälle mit einem Wert von mehr als 100.000 Kronen betragen. Die Gerichtsgebühr für die Hauptverhandlung muss auf der Grundlage von festen Sätzen festgelegt werden, die vom Wert der Sache abhängen. Die Sätze reichen von 3.000 dänische Kronen (für Fälle mit einem Wert zwischen 100.001 bis 250.000) bis 160.000 dänische Kronen (für Fälle mit einem Wert von mehr als 6 Mio. dänische Kronen). Die Gerichtsgebühr muss i.d.R. gezahlt werden, wenn das Gericht den Termin für die Hauptverhandlung bestimmt;
  • Abschaffung prozentualer Gerichtsgebühren;
  • Abschaffung und Erhöhung von bestimmten Arten von Gerichtsgebühren.

Das neue Gesetz wird voraussichtlich am 1. April 2021 in Kraft treten.


Die außergerichtlichen Gebühren setzen sich in erster Linie aus den Gebühren für den Rechtsanwalt, Auslagen für Zeugen, Sachverständige etc. und etwaigen Auslagen der jeweiligen Partei zusammen.


Kostentragungsverpflichtung/Kostenerstattung

Nach der Klärung der Frage, in welchem Umfang Gerichtskosten entstehen, lohnt es sich zu überlegen, welche Partei am Ende des gerichtlichen Verfahrens die Kosten trägt.


Allgemeine Vorschriften für die ordentliche Gerichtsbarkeit

Das Gericht bestimmt in seinem Urteil, welche Partei die Gerichtskosten trägt. Die im gerichtlichen Verfahren anfallenden Gerichtskosten sind die außergerichtlichen Gebühren der beteiligten Parteien (siehe oben). Sofern der Kläger mit seiner Klage erfolgreich ist, trägt der Beklagte alle erstattungsfähigen Kosten des Klägers, die im Prozess anfallen. Ist der Kläger jedoch nicht erfolgreich, trägt er nicht nur seine eigenen Kosten, sondern auch die erstattungsfähigen Gebühren des Beklagten. Ist der Kläger im gerichtlichen Verfahren nur teilweise erfolgreich, werden die Prozesskosten anteilig verteilt, bzw. jede Partei trägt ihre eigenen Kosten. Die vom Gericht zugesprochenen Prozesskosten decken jedoch nur selten die tatsächlichen Kosten, z.B. die Anwaltskosten, ab.


Verwaltungsgerichtsbarkeit

In den Gerichtsbarkeiten ist die Gegenpartei i.d.R. eine öffentliche Einrichtung (Gemeinde, Kreisverwaltung, Steuerbehörde und dergleichen). Die erfolgreiche Partei kann ihre Prozesskosten nicht von der unterlegenen Partei einfordern.


Durchschnittliche Dauer von Gerichtsverfahren

Eine allgemein verbindliche Antwort, wie lange ein Gerichtsverfahren dauern kann, gibt es nicht. Die durchschnittliche Dauer von Gerichtsverfahren in Zivilsachen bei den Amtsgerichten beträgt 10 bis 17 Monate (2019). Bei den High Courts betrug die durchschnittliche Dauer der Gerichtsverfahren 12 bis 44 Monate (2019). Unter Berücksichtigung dessen war die durchschnittliche Verfahrensdauer in der 1. Instanz (44 Monate) länger als in der 2. Instanz.


Bei der konkreten Betrachtung wird die Verfahrensdauer einer möglichen 3. Instanz (Berufung vor dem Obersten Gerichtshof) nicht berücksichtigt, was zu einer weiteren Verlängerung des Verfahrens führen kann.


Vorläufiger Rechtsschutz

Vorläufiger Rechtsschutz wird vom Vollstreckungsgericht gewährt und kann bei den Obergerichten angefochten werden. Allen Arten des einstweiligen Rechtsschutzes ist gemeinsam, dass sie keine abschließende Entscheidung herbeiführen und i.d.R. keine vollendeten Tatsachen (Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache) schaffen können. Sie sichern damit die Wirksamkeit und Durchführbarkeit einer späteren Entscheidung im Hauptsacheverfahren, können aber nur dann in Anspruch genommen werden, wenn ein Anspruch nicht zur Sicherung ergriffen werden kann oder wenn begründete Zweifel an einer Verschlechterung der Chancen bestehen.


Vorläufiger Rechtsschutz kann nur für die Zeit beansprucht werden, in der ein Recht bei der Hauptsache geltend gemacht wird oder (noch) geltend zu machen ist. Während des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Prüfungsmaßstab herabgesetzt. Die Art der Darstellung weicht vom Hauptsacheverfahren ab. Das Gericht kann ohne mündliche oder sonstige Verhandlung durch Beschluss eine gerichtliche Entscheidung treffen.


Anerkennung und Vollstreckung von europäischen Titeln und ausländischen Schiedssprüchen

Nach der Brüssel I a-Verordnung werden die in einem Mitgliedsstaat ergangenen gerichtlichen Entscheidungen von den anderen Mitgliedsstaaten anerkannt, ohne dass es eines besonderen Verfahrens bedarf. Eine Überprüfung der gerichtlichen Entscheidung im entsprechenden Mitgliedsstaat findet in der Sache nicht statt. Mit dem Inkrafttreten der Brüssel I a-Verordnung ist das Anerkennungsverfahren (Exequatur) abgeschafft worden.


Vollstreckungsmaßnahmen zielen i.d.R. auf die Eintreibung der Forderung ab, können aber auch die Erfüllung anderer Verpflichtungen (Handlungs- oder Unterlassungspflichten) zum Gegenstand haben. In grenzüberschreitenden Zivilsachen muss eine gerichtliche Entscheidung nach den innerstaatlichen Vorschriften und Verfahren des Staates vollstreckt werden, in dem die Vollstreckung durchgeführt wird (generell der Staat, in dem sich der Verpflichtete und sein Vermögen befinden). In der Praxis muss ein Vollstreckungstitel (z.B. ein Urteil oder ein Vergleichsabschluss) sowie eine Bescheinigung nach Art. 53 Brüssel I a-VO vorgelegt werden, um die Vollstreckung zu erreichen. Das gerichtliche Verfahren der Vollstreckung und die Vollstreckungsbehörden (Gerichte und Vollstreckungsbehörden) werden durch das innerstaatliche Recht des Staates bestimmt, in dem die Vollstreckung erreicht werden soll.


In Dänemark richtet sich die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs im Wesentlichen nach dem New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche („New York Convention on the Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards”). Unter der Voraussetzung, dass der ausländische Schiedsspruch anerkannt und für vollstreckbar erklärt wird, richtet sich das Zwangsvollstreckungsverfahren selbst nach dem entsprechenden nationalen Recht.

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Alexandra Huber

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