Early Tax Birds 35/2025: Referentenentwurf des Steueränderungsgesetzes 2025 veröffentlicht

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​Ausgabe 35/2025 (1. – 7. September 2025)
​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 8. September 2025 | Lesedauer ca. 6 Minuten

​Liebe Leserinnen und Leser,​

Sie verzweifeln auch regelmäßig an Ihrer Steuererklärung oder haben schlicht keine Lust? Jetzt können Sie sich entspannt zurücklehnen! Wer es noch nicht mitbekommen hat: Das Finanzamt Kassel nimmt in einem deutschlandweit einmaligen Pilotprojekt Bürgerinnen und Bürgern die Einkommensteuererklärung für 2024 ab. Kein Scherz! Anstelle einer formellen Erinnerung zur Abgabe der Steuererklärung erhalten ausgewählte Steuerpflichtige, die nicht steuerlich beraten sind und deren Steuerdaten dem Finanzamt Kassel mutmaßlich bereits vorliegen, einen Vorschlag für den Steuerbescheid für das Jahr 2024. Dieser muss von den Steuerpflichtigen lediglich geprüft werden. Sind sie mit dem Vorschlag einverstanden, müssen sie nichts weiter unternehmen. Nach Ablauf einer Frist von vier Wochen erlässt das Finanzamt Kassel automatisch den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2024. Sollten den Steuerpflichtigen z.B. weitere, nicht bekannte Aufwendungen entstanden sein, können diese innerhalb der Frist angegeben werden. Und selbstverständlich besteht weiterhin die Möglichkeit, eine eigene Steuererklärung einzureichen. Ist das nicht herrlich? Endlich ein Schritt in Richtung „bürgernahe Steuerverwaltung“. Also: Schnell den Wohnsitz nach Kassel verlegen und los geht’s! Das Gute an Kassel: Es verfügt über einen Bahnhof in alle relevanten Himmelsrichtungen mi ICE-Trassen. Nur so als Tipp.

Im Übrigen gilt wie immer: Wenn Ihnen unser Newsletter gefällt, abonnieren Sie ihn und em​pfehlen​​ Sie ihn weiter. Wenn er Ihnen nicht gefällt, sagen Sie es besser nur uns. Wir freuen uns über jede Kritik, Anregung und natürlich auch über Lob an earlytaxbirds@roedl.com.

Beste Grüße

Prof. Dr. Florian Haase und das Redaktionsteam​​

  
Aktu​elle Gesetzgebung​​


Referentenentwurf eines Steueränderungsgesetzes 2025 veröffentlicht ​

Am 4. September 2025 hat das BMF den Referentenentwurf eines Steueränderungsgesetzes 2025​ veröffentlicht. Dieses verfolgt das Ziel, Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen steuerlich zu entlasten, die Mobilität zu fördern und das Gemeinnützigkeitsrecht zu modernisieren. Zugleich sollen unionsrechtliche Vorgaben umgesetzt und technische Anpassungen vorgenommen werden. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der dauerhaften Absenkung der Umsatzsteuer für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen auf sieben Prozent ab dem 1. Januar 2026 sowie auf der Anhebung der Entfernungspauschale auf 38 Cent. Darüber hinaus soll die Mobilitätsprämie unbefristet verlängert werden. Weitere Maßnahmen betreffen die Digitalisierung von Verwaltungsverfahren, sowie die Vereinfachung der Zollabwicklung.

Der Gesetzesentwurf sieht im Einzelnen folgende Maßnahmen vor:
  • Aktualisierung des Verweises auf die De-minimis-Verordnung bei der Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau (§ 7b Abs. 5 EStG)
  • Anhebung der Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie Entfristung der Mobilitätsprämie (§ 9 Abs. 1 Satz 3 und § 101 Satz 1 EStG)
  • Aktualisierung des Verweises auf die De-minimis-Verordnung bei der Forschungszulage (§ 9 Abs. 5 FZulG)
  • Reduzierung der Umsatzsteuer für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken, auf sieben Prozent (§ 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG)
  • Bekanntgabe eines Bescheides durch Bereitstellung zum Datenabruf (§ 18g Satz 5 UStG)
  • Sonderregelung bei der Nutzung der zentralen Zollabwicklung (§ 21b UStG)
  • Anhebung der Freigrenze für den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb auf 50.000 Euro (§ 64 Abs. 3 Satz 1 AO)
  • Anhebung der Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale auf 3.300 Euro bzw. 960 Euro (§ 3 Nr. 26, 26a EStG)
  • Anhebung der Freigrenze bei der Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung auf 100.000 Euro (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 4 AO)
  • Verzicht auf eine Sphärenzuordnung von Einnahmen, bei Körperschaften mit Einnahmen unter 50.000 Euro (§ 64 Abs. 3 Satz 2 AO)
  • Einführung von E-Sport als neuen gemeinnützigen Zweck (§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 21 AO)
  • Photovoltaikanlagen als steuerlich unschädliche Betätigung bei der Gemeinnützigkeit (§ 58 Nr. 11 AO)
Nach Berechnungen des BMF führen die Maßnahmen zu deutlichen Steuermindereinnahmen, die von 4,8 Milliarden Euro im Jahr 2026 bis auf 6,1 Milliarden Euro im Jahr 2030 anwachsen. Der Erfüllungsaufwand für Bürger, Wirtschaft und Verwaltung soll hingegen spürbar reduziert werden, insbesondere durch Bürokratieabbau und digitale Verfahren. Es ist zu erwarten, dass der Bundesregierung an einer schnellen Umsetzung gelegen ist. Wir halten Sie über die weiteren Entwicklungen selbstverständlich auf dem Laufenden. ​​​​

Regierungsentwurf eines Mindeststeueranpassungsgesetz​

Am 3. September 2025 wurde vom Bundeskabinett der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Mindeststeuergesetzes und weiterer steuerlicher Regelungen (Mindeststeueranpassungsgesetz)​ verabschiedet. Damit sollen zwischenzeitlich erforderliche Änderungen zur Mindeststeuer umgesetzt werden sowie weitere internationalsteuerrechtliche Regelungen angepasst werden. Nach der Gesetzesbegründung betreffen die Änderungen insbesondere die Einführung von Vorgaben zur Nutzung sogenannter Berichtspakete, die Zulässigkeit der Erwerbsmethode sowie eine Vorschrift zur Vermeidung missbräuchlicher Inanspruchnahme des CbCR-Safe-Harbours. Darüber hinaus wurde weiterer, vor allem redaktioneller Anpassungsbedarf festgestellt. Eine wesentliche Neuerung betrifft die Berücksichtigung latenter Steuern in der Vollberechnung, sofern diese aufgrund eines Wahlrechts oder einer Verrechnung im Mindeststeuer-Jahresüberschuss bzw. Mindeststeuer-Jahresfehlbetrag nicht ausgewiesen sind. Die Änderungen im Bereich der internationalen Unternehmensbesteuerung dienen insbesondere der Vereinfachung. 

Im Einzelnen sind die folgenden Änderungen gegenüber den bisherigen Entwurfsfassungen vorgesehen:
  • Aufnahme einer Definition der Begriffe „Verbriefungsvereinbarung“ und „Verbriefungszweckeinheit“ (§ 7 Abs. 33a, 33b MinStG) entsprechend Punkt 6 der OECD-Verwaltungsleitlinien vom 24. Mai 2024
  • Erweiterung der „nicht erfassten Steuern“ um solche, die Geschäftseinheiten für dem Übergangsjahr vorausgehende Wirtschaftsjahre betreffen (§ 45 Abs. 2 Nr. 2 MinStG)
  • Einführung eines Wahlrechts, auf die grenzüberschreitende Zuordnung latenter Steuern zu verzichten (§ 49 Abs. 1 Satz​​ 2 MinStG; Umsetzung Rz. 43 zu Punkt 4 der OECD-Verwaltungsleitlinien vom 24. Mai 2024)
  • Ausnahme von der Abgabepflicht des Mindeststeuer-Berichts, wenn der Belegenheitsstaat ein EU-Mitgliedstaat ist (§ 75 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 MinStG), sowie Einführung einer Berichtigungspflicht fehlerhafter Mindeststeuer-Berichte gegenüber der obersten Muttergesellschaft oder der berichtspflichtigen Geschäftseinheit (§ 75a MinStG; Umsetzung DAC 9)
  • Im Rahmen des CbCR-Safe-Harbours die Ausnahme von der Korrektur für nicht erfasste Steuern nach dem neugefassten § 45 Abs. 2 Nr. 2 MinStG (§ 87 Abs. 4 MinStG)
  • Möglichkeit zur Neubestimmung des Übergangsjahres für Geschäftseinheiten, die vor Anwendung der allgemeinen GloBE-Regelungen bereits der nationalen Ergänzungssteuer unterliegen (§ 93a MinStG; Umsetzung Rz. 45 ff. OECD-Verwaltungsleitlinien vom 13. Juli 2023)
  • Einschränkung bei der neu vorgesehenen Beteiligungsgrenze für Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter (§ 13 AStG): Für die Einbeziehung nahestehender Personen gelten lediglich § 7 Abs. 3 sowie Abs. 4 Satz 1 AStG. Die Vermutungsregelung des § 7 Abs. 4 Satz 2 AStG (Zusammenwirken von Gesellschaftern einer Personengesellschaft) bleibt hingegen unberücksichtigt.
Nicht übernommen wurde hingegen die im Referentenentwurf vorgesehene Verschärfung der Wegzugsbesteuerung bei Rückkehrfällen im Zusammenhang mit substantiellen Gewinnausschüttungen. Sollten im weiteren Gesetzgebungsprozess weitere Änderungen vorgesehen sein, informieren wir Sie selbstverständlich unverzüglich auch darüber.


Neues aus der Finanzverwaltung 

  
Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung 

Das BMF-Schreiben vom 1. September 2025 ändert mit sofortiger Wirkung den Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO). Betroffen sind insbesondere §§ 146, 146a, 147 und 147a AO. Dabei werden überwiegend Verweisee auf das BMF-Schreiben vom 28. November 2019 aktualisiert.

Standardisierte Einnahmenüberschussrechnung nach § 60 Absatz 4 EStDV; Anlage EÜR 2025

Das BMF-Schreiben vom 29. August 2025 veröffentlicht die aktuellen Vordrucke für die standardisierte Einnahmenüberschussrechnung (Anlage EÜR 2025) einschließlich der erforderlichen Sonder- und Ergänzungsrechnungen sowie der Anleitungen. Die amtlich vorgeschriebenen Datensätze sind dabei elektronisch über ELSTER zu übermitteln.
  
    
​​Aktuelle Rechtsprechung​​​

  
Zur Gebührenfestsetzung für eine von mehreren Personen beantragte verbindliche Auskunft​

Unser Urteil der Woche befasst sich mit der Entscheidung d​​es BFH vom 3. Juli 2025, IV R 6/23, die die Frage der Gebührenfestsetzung für eine von mehreren Personen beantragte verbindliche ​Auskunft behandelt. Im vorliegenden Sachverhalt hatten mehrere Kläger gemeinsam eine verbindliche Auskunft zu einer mehrstufigen Umstrukturierung ihrer Unternehmensbeteiligungen beantragt, bei der unter anderem Gesellschaftsanteile gebündelt und vinkuliert werden sollten, um eine Veräußerung an Dritte zu verhindern. Der Antrag wurde ausdrücklich gemeinschaftlich gestellt und bezog sich auf die steuerliche Bewertung dieses einheitlichen, gemeinsam umzusetzenden Vorhabens. Das Finanzamt war der Auffassung, dass für jeden einzelnen Antragsteller eine gesonderte Gebühr nach dem gesetzlichen Höchstbetrag festzusetzen sei. Es erließ daher acht inhaltsgleiche Gebührenbescheide über jeweils 109.736 €, entgegen dem Antrag der Kläger, die eine gemeinsame Gebührenfestsetzung anstrebten. Die Kläger wiederum argumentierten, dass gemäß § 89 Abs. 3 Satz 2 AO nur eine Höchstgebühr festzusetzen sei, da die Auskunft ihnen gegenüber einheitlich erteilt worden sei und sie Gesamtschuldner seien. 

Das FG Münster teilte diese Ansicht und hob die Mehrfachgebührenbescheide auf. Hiergegen legte das Finanzamt Revision ein und beanstandete eine entsprechende Rechtsauslegung der Gebührenregelung. Der BFH entschied mit seinem Urteil, dass die Anfechtungsklagen der Kläger zulässig und begründet sind. Er stellte zunächst klar, dass es sich bei den erhobenen Klagen nicht um Verpflichtungsklagen, sondern um Anfechtungsklagen handelte, sodass das FG insoweit einen verfahrensrechtlichen Fehler begangen hatte. Dieser formale Mangel änderte jedoch nichts am Ergebnis. Maßgeblich sei nach dem Wortlaut des § 89 Abs. 3 Satz 2 AO allein, ob die verbindliche Auskunft tatsächlich einheitlich gegenüber mehreren Antragstellern erteilt wurde.

Im vorliegenden Fall sei die Auskunft inhaltlich einheitlich und in Bezug auf den gemeinsam gestellten Antrag erteilt worden, auch wenn das Finanzamt formal mehrere Bescheide erlassen habe. Aus Sicht der Kläger habe das Finanzamt ihrem Antrag vollumfänglich entsprochen, sodass nur eine Gebühr entstehen konnte. Daher könne lediglich eine Höchstgebühr erhoben werden, für die die Antragsteller als Gesamtschuldner haften. Die vom Finanzamt praktizierte Mehrfachfestsetzung war folglich rechtswidrig. Das Urteil hebt die Gebührenbescheide sowie die dazugehörigen Einspruchsentscheidungen auf und verpflichtet das Finanzamt, nur eine einzige Höchstgebühr festzusetzen.

Für die Praxis kann das Urteil von erheblicher Bedeutung sein, da im Rahmen der Beantragung von verbindlichen Auskünften immer wieder Diskussionen über die Gebührenfestsetzung zu führen sind. Es ist zu hoffen, dass die Finanzämter sich der Entscheidung in der Praxis annehmen werden und von der bisweilen praktizierten mehrfachen Festsetzung von Gebühren in Zukunft absehen werden. 

 Weitere veröffentlichte Entscheidungen des BFH

​Akten​zeichen​ ​​Entscheidungs-​
datum
​​Stichwort
II R 48/21
9. April 2025
Steuerbarkeit einer Pauschalabfindung für den Verzicht auf nacheheliche Ansprüche
VI R 9/23
14​. Mai 2025
Keine gewerbliche Tätigkeit bei bloßer Übernahme der Kosten der Erschließung eines land- und forstwirtschaftlichen Grundstücks
VIII R 3/23​
1. Juli 2025
Widerlegbare Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht bei unentgeltlicher Bürgschaft
X R 13/23​
6. August 2025
Zumindest Gewährung von Wiedereinsetzung bei Klageerhebung per Telefax vor Zugang des Erstregistrierungsbriefs für das besondere elektronische Steuerberaterpostfach
​VI R 10/23
​14. Mai 2025
Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 14.05.2025 - VI R 9/23 - Keine gewerbliche Tätigkeit bei bloßer Übernahme der Kosten der Erschließung eines land- und forstwirtschaftlichen Grundstücks
​VI R 11/23
​14. Mai 2025
​Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 14.05.2025 - VI R 9/23 - Keine gewerbliche Tätigkeit bei bloßer Übernahme der Kosten der Erschließung eines land- und forstwirtschaftlichen Grundstücks
VI R 8/23
​14. Mai 2025
Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 14.05.2025 - VI R 9/23 - Keine gewerbliche Tätigkeit bei bloßer Übernahme der Kosten der Erschließung eines land- und forstwirtschaftlichen Grundstücks
​VII B 96/23
​30. Dezember 2024
Zinsanspruch bei Erstattung unionsrechtswidriger Einfuhrabgaben​

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Philip Nürnberg

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