Early Tax Birds 37/2025: Von steuerlichen Zungenbrechern und E-Mails in der Betriebsprüfung

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​Ausgabe 37/2025 (15. – 21. September 2025)
​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 22. September 2025 | Lesedauer ca. 5 Minuten

​Liebe Leserinnen und Leser,​ 

kennen Sie Bodo Wartke? Wahrscheinlich nicht. Es ist der Erfinder „DES“ Zungenbrechers der letzten Jahre schlechthin, nämlich „Barbaras Rhabarberbar“, dem die Wochenzeitung DIE ZEIT letzte Woche sogar einen ganzen Artikel gewidmet hat. „Fischers Fritz“ ist Ihnen als Klassiker aber natürlich auch ein Begriff. Doch wie steht es mit dem Steuerrecht? Dort wimmelt es bekanntlich vor komplexen Fachbegriffen, Abkürzungen und Alliterationen. Die Early Tax Birds haben sich also an einem eigenen Steuerrechts-Zungenbrecher versucht, und der geht so:

„Steuerstundungsstrategen strukturieren strengstens steuerliche Steuerstundungsmodelle, während Steuerstrafrechtsspezialisten stur Steuerstrafverfahren standardisieren und steuerstrafrechtliche Sanktionen synchronisieren. Gleichzeitig kalkulieren Körperschaftsteuerkapazitäten komplexe Kapitalertragsteuerabzugsverpflichtungen, kontrollieren Kirchensteuerkomponenten, korrigieren Körperschaftsteuerkürzungen und koordinieren konzerninterne Kontrollmitteilungen. Gewerbesteuermessbetragsberechner berechnen beharrlich Bemessungsgrundlagen, bevor Betriebsprüfer besonders belastbare Betriebsaufspaltungsbewertungen und Bilanzberichtigungen bei bilanziellen Bewertungsfehlern berücksichtigen.“ 

Wenn Sie dies am Montagmorgen kurz nach Erhalt unseres Newsletters in weniger als 15 Sekunden aufsagen können… herzlichen Glückwunsch, Sie sind für die kommende Woche bestens gerüstet. 

Im Übrigen gilt wie immer: Wenn Ihnen unser Newsletter gefällt, abonnieren Sie ihn und em​pfehlen​​​ Sie ihn weiter. Wenn er Ihnen nicht gefällt, sagen Sie es besser nur uns. Wir freuen uns über jede Kritik, Anregung und natürlich auch über Lob an earlytaxbirds@roedl.com.

Beste Grüße

Prof. Dr. Florian Haase und das Redaktionsteam​​​

  
 
Aktu​elle Gesetzgebung​​
  

entwurf eines Arbeitsmarktstärkungsgesetzes

​Der Gesetzgeber plant dem Vernehmen nach Anpassungen des Einkommensteuergesetzes zur Stärkung des Arbeitsmarktes. Im Rahmen eines sog. Arbeitsmarktstärkungsgesetzes sollen dabei wohl die folgenden Punkte aufgenommen werden: 

  • Einführung von Regelungen zur Aktivrente (§ 3 Nr. 21 EStG-E)
  • Steuerfreie Überstundenzuschläge (§ 3b Abs. 4 EStG-E)
  • Einführung einer Teilzeitaufstockungsprämie (§ 3 Nr. 73 EStG-E)
Ein Gesetzesentwurf ist bisher noch nicht veröffentlicht. Sobald unser dieser vorliegt, halten wir Sie selbstverständlich über die weiteren Entwicklungen auf dem Laufenden.

  
Neues aus der Finanzverwaltung 

  
Rechnungspflichtangaben in anderen Amtssprachen​ der EU

Mit Schreiben vom 17. September 2025 hat das BMF eine Anpassung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses vorgenommen. Damit können für bestimmte Rechnungsangaben nach §§ 14 und 14a UStG nun auch Formulierungen verwendet werden, die in anderen Amtssprachen für die entsprechenden Rechnungsangaben nach Artikel 226 MwStSystRL verwendet werden. ​​
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Verlängerung der Tarifermässigung bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gemäss § 32c EstG

In dieser Woche hat das BMF ein Schreiben vom 4. September 2025 veröffentlicht, welches sich mit der Verlängerung der Tarifermäßigung nach § 32c EStG für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft befasst. Mit dem Gesetz vom 23. Oktober 2024 wurde diese Vergünstigung für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bis einschließlich des Betrachtungszeitraums 2026 bis 2028 verlängert. Das BMF konkretisiert in seinem Schreiben dabei die Anwendung, Zugangsvoraussetzungen und die Ermittlung der Steuerermäßigung. Neben dem BMF-Schreiben hat das BMF auch die Antragsformulare mit Erläuterungen sowie eine Berechnungshilfe veröffentlicht. 

Vordrucke für die standardisierte Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen

Das BMF-Schreiben vom 18. September 2025 veröffentlicht die Vordrucke der Anlage 13a für die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a Abs. 3 EStG für das Jahr 2025. Neben der Anlage 13a selbst werden auch die Vordrucke für Sonder- und Ergänzungsrechnungen bei Mitunternehmerschaften sowie die zugehörigen Anleitungen bereitgestellt.
   
Neuigkeiten von der EU, der OECD und der UNO

  
OECD veröffentlicht Bericht zu „Tax Policy Reforms 2025“

Die OECD hat die zehnte Ausgabe ihres Berichts „Tax Policy Reforms“ veröffentlicht, die vergleichende Informationen zu Steuerreformen in verschiedenen Ländern enthält und die Entwicklungen in der Steuerpolitik im Zeitverlauf nachverfolgt. Der Bericht behandelt insbesondere die Steuerpolitikreformen, die 2024 in den 86 Mitgliedsländern des OECD/G20-Inclusive-Frameworks zur Bekämpfung von Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS) eingeführt oder angekündigt wurden, darunter alle OECD-Länder. Die Veröffentlichung bietet auch einen Überblick über das makroökonomische Umfeld und die Steuereinnahmen, in denen diese Steuerreformen durchgeführt wurden, und hebt hervor, wie Regierungen die Steuerpolitik genutzt haben, um auf kurz- und langfristige strukturelle Herausforderungen zu reagieren. 
  
    
​​Aktuelle Rechtsprechung​​​

  
E-Mails als vorzulegende Handels- und Geschäftsbriefe​​

Unser Urteil der Woche befasst sich mit dem Beschluss des BFH vom 30. April 2025, XI R 15/23​

Im vorliegenden Verfahren ging es um die Frage, in welchem Umfang ein Unternehmen verpflichtet ist, E-Mails im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung vorzulegen und ob das Finanzamt darüber hinaus die Erstellung eines sogenannten Gesamtjournals verlangen darf. Ausgangspunkt war eine Außenprüfung bei der Klägerin. Das Finanzamt forderte, dass die Klägerin sämtliche E-Mails zur Verfügung stellt, die sich auf die Vorbereitung, den Abschluss und die Durchführung eines bestimmten konzerninternen Agreements beziehen, einschließlich solcher Unterlagen, die Teil der Verrechnungspreisdokumentation sind. Darüber hinaus verlangte es ein umfassendes Gesamtjournal, in dem sämtliche ein- und ausgehenden E-Mails der Klägerin und ihrer Mitarbeiter aufgeführt sein sollten und das unabhängig davon, ob sie steuerliche Relevanz haben oder nicht. Dieses Journal sollte unter anderem Absender, Empfänger, Betreff, Datum, Uhrzeit und Anlagen aller E-Mails enthalten.


Die Klägerin wehrte sich gegen diese Anforderung und machte geltend, dass das Vorlageverlangen zu unbestimmt sei, da nicht klar erkennbar werde, welche konkreten E-Mails gemeint seien. Zudem sei es unverhältnismäßig, da die Sichtung und Aufbereitung sämtlicher elektronischer Korrespondenz einen erheblichen technischen und finanziellen Aufwand mit sich bringen. Außerdem sei ein großer Teil der E-Mails nicht als Handels- oder Geschäftsbrief im Sinne des Handelsgesetzbuchs anzusehen, sondern enthalte bloße Erfüllungshandlungen ohne eigenständige Rechtswirkung. Solche Nachrichten seien nicht aufbewahrungspflichtig und dürften daher auch nicht verlangt werden. Besonders problematisch sei zudem das Gesamtjournal, das Informationen auch über E-Mails ohne steuerliche Bedeutung offenlegen würde. Eine Rechtsgrundlage für die Verpflichtung zur Erstellung eines solchen Dokuments existiere nicht. Das Finanzamt vertrat demgegenüber die Auffassung, dass es berechtigt sei, E-Mails mit steuerlichem Bezug einzusehen, da sie entscheidend für die Prüfung der Verrechnungspreise seien. Nur durch die Vorlage könne nachvollzogen werden, ob die Klägerin die steuerlich relevanten Informationen vollständig und zutreffend dargestellt habe. Das Finanzamt hielt es der Klägerin für zumutbar, zwischen steuerlich relevanten und nicht relevanten E-Mails zu unterscheiden, und verwies auf deren Erstqualifikationsrecht. Hinsichtlich des Gesamtjournals argumentierte es, dass dieses notwendig sei, um eine umfassende und systematische Kontrolle sicherzustellen und auch prüfen zu können, ob die Klägerin die Abgrenzung der steuerlich relevanten Korrespondenz korrekt vorgenommen habe. 


​Das FG Hamburg folgte teilweise der Klägerin. Es entschied, dass die E-Mails, die das Agreement und die Verrechnungspreisdokumentation betreffen, tatsächlich Handels- und Geschäftspapiere im Sinne von § 147 AO seien und deshalb vorgelegt werden müssten. Demgegenüber sei die Anforderung nach einem Gesamtjournal nicht rechtmäßig, da keine entsprechende gesetzliche Grundlage bestehe. Gegen dieses Urteil legten sowohl die Klägerin als auch das Finanzamt Revision ein. Der BFH bestätigte in seiner Entscheidung nun die Auffassung des FG Hamburg und wies beide Revisionen zurück. 


Er stellte klar, dass Handels- und Geschäftsbriefe im Sinne von § 147 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AO auch elektronische Nachrichten wie E-Mails sein können, sofern sie steuerlich relevante Geschäftsvorgänge betreffen. Ebenso unterfallen Unterlagen zur Verrechnungspreisdokumentation der Aufbewahrungspflicht nach § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO. Damit ist das Finanzamt grundsätzlich berechtigt, die Vorlage entsprechender E-Mails zu verlangen. Das Verlangen sei auch hinreichend bestimmt, da sich die Anforderung auf ein klar bezeichnetes Agreement beziehe und in den vorangegangenen Verwaltungsakten ausreichend erläutert worden sei, welche Inhalte erwartet würden. Auch den Einwand der Unverhältnismäßigkeit wies der BFH zurück. Der Klägerin sei es möglich und zumutbar, nicht steuerlich relevante E-Mails auszufiltern. Ohne Einsicht in die angeforderten Nachrichten könne das Finanzamt die Vollständigkeit und Richtigkeit der Verrechnungspreisdokumentation nicht beurteilen. Anders bewertete der BFH jedoch das Verlangen nach dem Gesamtjournal. Er entschied, dass es keine Rechtsgrundlage dafür gibt, ein solches Journal zu erstellen und vorzulegen. § 147 AO ermögliche zwar die Anforderung von aufbewahrungspflichtigen Unterlagen, nicht jedoch die Verpflichtung, ein Dokument zu schaffen, das bislang nicht existiert und das zudem Informationen über E-Mails ohne steuerlichen Bezug enthalten würde. Auch aus § 200 AO lasse sich keine Pflicht ableiten, ein solches Verzeichnis neu zu generieren. 


Das Urteil kann weitreichende Folgen für die Praxis haben, da die Befürchtung besteht, dass die Finanzverwaltung dieses aufgreifen wird, um in Zukunft deutlich umfassendere Anfragen in Betriebsprüfungen zu stellen. Wir halten Sie über die weiteren Entwicklungen auf dem Laufenden.



 Weitere veröffentlichte Entscheidungen des BFH

​Akten​zeichen​ ​​Entscheidungs-​
datum
​​Stichwort
XI R 25/24
30. April 2025
Zur Umsatzsteuerbefreiung von Betreuungs- und Pflegeleistungen, die aus dem Persönlichen Budget bestritten werden
​XI R 1/23​
​30. April 2025
​Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 30.04.2025 XI R 25/24 - Zur Umsatzsteuerbefreiung von Assistenzleistungen für Menschen mit Behinderung, die aus dem "Persönlichen Budget" bestritten werden

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 Early Tax Birds​​

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Prof. Dr. Florian Haase, M.I.Tax

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Dipl. Finanzwirt (FH), Master of International Taxation (M.I.Tax), Steuerberater

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