Early Tax Birds 38/2025: Quellensteuer am Pool? Wenn Souvenirs zur Steuerfalle werden könnten

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​Ausgabe 38/2025 (22. – 28. September 2025)
​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 29. September 2025 | Lesedauer ca. 5 Minuten

Liebe Leserinnen und Leser,​

​die Urlaubssaison neigt sich dem Ende zu, und während die einen ihre letzten Cocktails am Strand genießen, beschäftigen uns Steuerleute natürlich die wirklich wichtigen Fragen: Hat der Mandant beim Shopping im Souvenirshop auf Fidschi eigentlich § 10 StAbwG zu beachten und ordnungsgemäß den Quellensteuereinbehalt vorgenommen?

Denn ja, Sie haben richtig gelesen: Auch Privatpersonen können theoretisch zur Quellensteuerabzugsverpflichtung verdonnert sein, wenn sie Geschäfte mit Anbietern in „nicht-kooperativen Steuerjurisdiktionen“ (EU-Blacklist) tätigen. Da reicht im Gesetzestext schon mal der Kauf einer Ware aus einer entsprechenden Steueroase, wenn sie anschließend für die gewerbliche oder selbständige Tätigkeit verwendet wird und hierfür im Inland Betriebsausgaben geltend gemacht werden. Klingt absurd? Ist es auch!

Natürlich dürfte die Finanzverwaltung sich schwertun, zu prüfen, ob beim Duty-Free-Einkauf auf Samoa, Vanuatu oder eben Fidschi die Quellensteuer korrekt einbehalten und ans deutsche Finanzamt abgeführt wurde. Aber rein formal eröffnet § 10 StAbwG diese hübsche Vorstellung, und der Tourist mit Sonnenbrand, Strohhut und Meldeadressetikett ist auf einmal Steuerabzugsverpflichteter.

Wir Early Tax Birds finden: Wenn der Gesetzgeber wirklich wollte, dass deutsche Strandurlauber mit Flip-Flops die Steuerkasse füllen, müsste es wohl auch noch eine BMF-Broschüre mit dem Titel „Quellensteuer leicht gemacht – Tipps für Ihre Liege am Pool“ geben. Bis dahin bleibt § 10 StAbwG (und das Steueroasen-Abwehrgesetz in Gänze dazu) ein Paradebeispiel dafür, wie gesetzgeberische „Steueroasenbekämpfung“ den inländischen Steuerpflichtigen bestraft, obwohl doch eigentlich die Steueroase ausgetrocknet werden sollte.

Daher prüfen Sie nach Ihrem Sommerurlaub ruhig einmal, was Sie eigentlich mit den ganzen Souvenirs vorhaben und ob Sie nicht unbewusst zum Steueragenten geworden sind. Sicher ist sicher!

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Beste Grüße

Philip Nürnberg und das Redaktionsteam​​​

  
Neues aus der Finanzverwaltung 

  
Merkblatt zu internationalen Verständigungs- und Schiedsverfahren (Streitbeilegungsverfahren)

Am 24. September 2025 hat das BMF eine aktualisierte Fassung des Merkblatts zu internationalen Verständigungs- und Schiedsverfahren veröffentlicht.  Gemeinsam mit dem neuen Merkblatt hat das BMF auch eine sog. "track-changes"-Version veröffentlicht, welche die Änderungen bzw. Anpassungen bildlich darstellt. Hervorzuheben ist die Berücksichtigung des BEPSMLIAnwG sowie des BZSt-Online-Portals für die Antragstellung.

Programmablaufpläne zur Lohnsteuer für/ab 2026 (Entwürfe) 
Mit Schreiben vom 25. September 2025 hat das BMF die Entwürfe der Programmablaufpläne für das Jahr 2026 veröffentlicht. Aktuell handelt es sich bei den veröffentlichten Unterlagen jedoch um nicht verbindliche Entwürfe, die noch Änderungen erfahren können. Die endgültigen, verbindlichen Programmablaufpläne werden vom BMF zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben.   
Neuigkeiten von der EU, der OECD und der UNO

  
OECD feiert Erfolge bei der CbCR-Compliance

Die OECD hat im Rahmen des Inclusive Frameworks on BEPS am 23. September 2025 ihren Bericht „Country-by-Country Reporting – Compilation of 2025 Peer Review Reports“ veröffentlicht. Im Rahmen des Mindeststandards des BEPS-Aktionspunkts 13 hatten sich die Staaten verpflichtet, die Steuertransparenz zu fördern, indem sie die größten multinationalen Unternehmensgruppen auffordern, die weltweite Aufteilung ihrer Einkünfte, Steuern und anderer Indikatoren für den Ort ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit offenzulegen. Diese Informationen über die weltweiten Aktivitäten von „Multinationals“ haben nach Angabe der OECD die Risikobewertungskapazitäten der Steuerbehörden verbessert. Der genannte Mindeststandard wurde in konkrete Aufgabenbeschreibungen und eine Methodik für den Peer-Review-Prozess umgesetzt. Seit 2018 wurden sieben jährliche Peer Reviews durchgeführt, die drei Schlüsselbereiche abdeckten: den innerstaatlichen Rechts- und Verwaltungsrahmen, den Rahmen für den Informationsaustausch sowie die Vertraulichkeit und angemessene Verwendung von länderbezogenen Berichten (Country-by-Country Reports, CbC). Dieser achte jährliche Peer-Review-Bericht präsentiert die Ergebnisse des Peer Reviews 2024/25, in dem die Umsetzung der CbC-Berichterstattung in 142 Staaten bewertet wurde, die relevante Rechtsvorschriften oder Informationen zur Prüfung vorgelegt hatten.
  

OECD legt Update 2025 des Tax Debt Management Maturity Models vor 

Seit seiner ersten Veröffentlichung im Jahr 2019 wurde das Reifegradmodell für das Steuerforderungsmanagement von Steuerverwaltungen weltweit als Instrument zur Bewertung der aktuellen Praktiken, zur Ermittlung von Verbesserungsmöglichkeiten und zur Gestaltung künftiger Strategien für das Steuerforderungsmanagement eingesetzt. Angesichts der bedeutenden Entwicklungen der letzten Jahre – unter anderem aufgrund der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie und des raschen technologischen Fortschritts – wurde jedoch deutlich, dass das Modell aktualisiert werden musste, um relevant und wirksam zu bleiben. Im Namen des OECD-Forums für Steuerverwaltung legt die OECD nun die überarbeitete Fassung des Reifegradmodells für das Steuerforderungsmanagement​ vor. Diese überarbeitete Ausgabe legt einen stärkeren Schwerpunkt auf die Kernelemente eines effektiven Steuerforderungsmanagements, berücksichtigt wichtige Entwicklungen im Bereich der digitalen Transformation und hebt die wachsende Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit hervor, insbesondere im Bereich der gegenseitigen Amtshilfe bei der Beitreibung von Steuerforderungen. Darüber hinaus wurde der Inhalt gestrafft, um Überschneidungen mit anderen FTA-Reifegradmodellen zu vermeiden und damit die Übersichtlichkeit und Benutzerfreundlichkeit zu verbessern.


    
​​Aktuelle Rechtsprechung​​​

  
Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG

Diese Woche beschäftigen sich die Early Tax Birds mit gleich zwei thematisch ähnlichen Urteilen des BFH vom 7. Mai 2025. In beiden Verfahren ging es um die Frage, ob eine Steuerbefreiung nach § 16 Abs. 2 GrEStG auch dann möglich ist, wenn der vorausgegangene Erwerbsvorgang nicht der Grunderwerbsteuer unterlag. Dabei wurden sowohl Konstellationen mit Widerruf einer Schenkung als auch mehrstufige Anteilserwerbe mit wiederholter Überschreitung der 95 %-Schwelle geprüft.


§ 16 GrEStG sieht grundsätzlich vor, dass grunderwerbsteuerrelevante Erwerbsvorgänge unter bestimmten Voraussetzungen rückgängig gemacht werden können. Dies geschieht, indem die Grunderwerbsteuer für den ursprünglichen sowie den rückabzuwickelnden Erwerbsvorgang nicht festgesetzt wird, eine bereits erfolgte Festsetzung aufgehoben oder herabgesetzt wird oder die Steuerfestsetzung geändert wird. Voraussetzung hierfür ist nach § 16 Abs. 5 GrEStG stets, dass die Vorgänge vollständig und innerhalb der gesetzlichen Fristen angezeigt werden. Diese Anzeigepflicht betrifft nicht nur Erwerbsvorgänge im Sinne des § 1 Abs. 1 GrEStG, sondern auch solche nach § 1 Abs. 2, 2a, 2b, 3 und 3a GrEStG.


Der BFH musste sich nun mit zwei Sachverhalten auseinandersetzen, bei denen die Besonderheit darin lag, dass der rückabzuwickelnde Ausgangsvorgang nicht steuerbar war. Im ersten Fall ging es um den Widerruf einer Schenkung von Gesellschaftsanteilen, die nach § 3 Nr. 2 GrEStG nicht steuerbar war, durch den Widerruf jedoch eine erneute Anteilsvereinigung beim Schenker herbeiführte (BFH-Urteil vom 7. Mai 2025, II R 16/23). Im zweiten Fall scheiterte die Rückabwicklung einer Anteilsvereinigung daran, dass der ursprüngliche Erwerbsvorgang nicht rechtzeitig nach § 16 Abs. 5 GrEStG angezeigt worden war; die daraufhin entstandene erneute Anteilsvereinigung – also die „Rückabwicklung der Rückabwicklung“ – stellte der BFH in einen unmittelbaren Zusammenhang mit der zuvor erfolgten Rückabwicklung der ursprünglichen Anteilsvereinigung (BFH-Urteil vom 7. Mai 2025, II R 26/23​).


In beiden Fällen bejahte der BFH die Anwendbarkeit des § 16 GrEStG.


Er begründete dies im ersten Fall damit, dass der Zweck des § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG darin bestehe, die Wiederherstellung des früheren Zustands steuerlich zu begünstigen. Weder die Herbeiführung eines lediglich vorübergehenden Zustands, noch die Rückkehr zum ursprünglichen Zustand solle zu einer Belastung mit Grunderwerbsteuer führen. Eine gegenteilige Auslegung, wonach die Steuerfreiheit des Rückerwerbs nur dann gewährt werden würde, wenn der Ersterwerb steuerbar war, stünde dieser Zielsetzung entgegen. Auch zu § 16 Abs. 5 GrEStG sah der BFH keinen Widerspruch, da diese Vorschrift allein dazu diene, Missbrauch durch die Nichtanzeige steuerbarer Erwerbsvorgänge zu verhindern. Der Anspruch auf Nichtfestsetzung entfalle deshalb nur dann, wenn ein nach § 1 Abs. 2 bis 3a GrEStG steuerbarer Erwerbsvorgang trotz Anzeigepflicht nicht fristgerecht und vollständig angezeigt wurde. Sei der Ersterwerb hingegen – wie im Fall einer Schenkung – nicht steuerbar, bestehe auch keine Anzeigepflicht.


Im zweiten Fall folgte der BFH derselben Argumentationslinie und stellte klar, dass die Steuerbarkeit des Ersterwerbs für die Beurteilung der Rückabwicklung nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG unbeachtlich sei. Bei mehreren aufeinanderfolgenden Erwerbsvorgängen, auch im Rahmen einer „Rückabwicklung der Rückabwicklung“, sei jeder einzelne Vorgang gesondert und eigenständig dahingehend zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG vorliegen. Mögliche Wertungswidersprüche im Zusammenhang mit dem ursprünglichen Erwerbsvorgang könnten gegebenenfalls über § 175 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 AO korrigiert werden.


 Weitere veröffentlichte Entscheidungen des BFH

​Akten​zeichen​ ​​Entscheidungs-​
datum
​​Stichwort
IX R 25/24
15. Juli 2025
Akteneinsicht und Auskunft über den Inhalt einer anonymen Anzeige
VI R 21/23
​17. Juni 2025
Unterkunftskosten bei einer doppelten Haushaltsführung eines Beamten im Ausland
​VII R 22/22
​24. Juni 2025
​Nacherhebung einer Zollschuld im Nachgang einer Erstattung
VII R 18/22
​19. Mai 2025
​Tarifierung von Fischöl - Mindestgehalt an Triglyceriden
X R 19/21
​18. Juni 2025
​Anforderungen an die Aufzeichnungen bei Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich und Verwendung einer offenen Ladenkasse; Auswahl zwischen mehreren in Betracht kommenden Schätzungsmethoden; Zulässigkeit einer Schätzung nach der amtlichen Richtsatzsammlung
​VII R 12/23
​19. Mai 2025
​Tarifierung von Fettsäureethylester aus Fischöl
​VIII R 9/25​
​9. September 2025
​Erfordernis eigenverantwortlicher Fristenkontrolle durch Berufsträger

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 Early Tax Birds​​

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