Eckpunkte der Krankenhausreform

PrintMailRate-it

veröffentlicht am 31. Juli 2023

 

Die seit 2003 auf DRG-Fallpauschalen basierende Finanzierung von Krankenhäusern soll nach Vorstellung aus dem Eckpunktepapier von Bund und Ländern zukünftig durch Vorhaltepauschalen ergänzt werden, die an bestimmte Qualitätskriterien für Leistungen geknüpft sind. Hierdurch soll der Anreiz für möglichst hohe Fallzahlen reduziert werden, indem Krankenhäuser temporär unabhängig von der tatsächlichen Inanspruchnahme ihrer Leistungen eine in ihrer Höhe festgelegte Vorhaltevergütung erhalten sollen. Mit der Vorhaltevergütung soll nach dem aktuellen Eckpunktepapier von Bund und Ländern die Vorhaltung von Strukturen in Krankenhäusern weitgehend unabhängig von der Leistungserbringung gesichert werden. Die Krankenhausreform soll zur Sicherung der flächendeckenden Versorgung beitragen, indem die Möglichkeit einer auskömmlichen Finanzierung für die Krankenhäuser eröffnet wird und Krankenhäuser, die eine gewisse Fallzahl nicht länger erreichen können, nicht zwangsläufig von der Schließung bedroht sind.

 

Am 10. Juli 2023 einigten sich Bund und Länder auf die Eckpunkte der Krankenhausreform. Das veröffentlichte Eckpunktepapier soll als Grundlage für einen Gesetzentwurf dienen. Durch die neue Art der Finanzierung soll die Qualität der Versorgung im Fokus stehen und nicht mehr die Quantität von Leistungen. Nach den Vorgaben des Eckpunktepapiers soll dadurch der ökonomische Druck genommen und neue Anreize gesetzt werden.

 

Die drei zentralen Ziele der Krankenhausreform sind:

  • Gewährleistung der Versorgungssicherheit (Daseinsvorsorge),
  • Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität sowie
  • Entbürokratisierung.

Die Reform der Krankenhausfinanzierung soll für zugelassene Krankenhäuser nach § 108 SGB V gelten. Die Krankenhäuser sollen zukünftig eine in ihrer Höhe festgelegte Vorhaltevergütung für Leistungsgruppen, die ihnen durch die Planungsbehörden der Länder zugewiesen werden und deren Qualitätskriterien sie erfüllen, erhalten. Damit soll unabhängig von der tatsächlichen Inanspruchnahme von Leistungen ausschließlich die Vorhaltung von Strukturen in Krankenhäusern gesichert werden. Dadurch soll insbesondere kleineren Kliniken der wirtschaftliche Druck genommen und eine flächendeckende, bedarfsgerechte Versorgung sichergestellt werden. Somit sollen insbesondere Klinikschließungen durch nicht Erbringen bestimmter Fallzahlen vermieden und eine flächendeckende, qualitativ hochwertige und bedarfsgerechte Versorgung auch in ländlichen Regionen sichergestellt werden.

 

Genauer definierte Leistungsgruppen sollen die Grundlage der Finanzierung darstellen, an die einheitliche Qualitätsvorgaben u.a. hinsichtlich Ausstattung, Personal und Behandlungserfahrungen geknüpft sind. Durch die fortlaufende Entwicklung der bundeseinheitlichen Qualitätskriterien je Leistungsgruppe soll die Qualität der medizinischen Versorgung gestärkt und stetig verbessert werden. Neben der Einhaltung der Behandlungsqualität zielt die Festlegung der Qualitätskriterien ebenfalls auf die Entbürokratisierung ab. Der aktuell bestehende hohe Aufwand der Dokumentation von medizinischen Leistungen soll zukünftig durch Strukturprüfungen der Qualitätsvorgaben erleichtert werden. Werden die Qualitätskriterien nicht eingehalten, entfällt der Anspruch auf eine ungekürzte Vorhaltepauschale, sofern der Sicherstellungsauftrag nicht eingehalten wird. Für die Abweichung des Sicherstellungsauftrages wird bundesweit festgelegt, welche medizinischen Leistungen im Einzelfall von den Qualitätsvoraussetzungen abweichen dürfen und welche Leistungsbereiche ausgeschlossen sind. Ausnahmen werden grundsätzlich nur für einen befristeten Zeitraum gewährt, mit dem Ziel, die Qualitätsanforderungen absehbar zu erfüllen. Das Vorliegen der Qualitätskriterien der Leistungsgruppen wird nach bundeseinheitlichen Vorgaben regelmäßig durch den Medizinischen Dienst (MD) geprüft.

 

Die Definition der Leistungsgruppen soll neben den festgelegten Qualitätskriterien durch Zuordnung von OPS- und ICD-Codes erfolgen. Das Eckpunktepapier sieht vor, dass jedes Krankenhaus auf Basis seiner bisherigen Fallzahl und Fallschwere für die zugewiesenen Leistungsgruppen eingestuft werden soll. Die Systematik der Vorhaltefinanzierung schließt ausschließlich Leistungen somatischer Krankenhäuser ein. Ausgangspunkt für die Eckpunkte der Krankenhausreform sind die Vorarbeiten des im Jahr 2022 veröffentlichten Krankenhausplans Nordrhein-Westfalens. Darin werden insgesamt 30 Leistungsbereiche sowie 60 Leistungsgruppen in der somatischen Versorgung definiert. Die Leistungsbereiche bilden dabei den übergeordneten Rahmen, innerhalb derer die dazugehörigen Leistungsgruppen definiert werden. Ergänzt werden sollen die Leistungsgruppen des NRW-Modells laut des Eckpunktepapiers um die Leistungsgruppen Infektiologie, Notfallmedizin, spezielle Traumatologie, spezielle Kinder- und Jugendmedizin sowie spezielle Kinder- und Jugendchirurgie.

 

Die Mittel eines Vorhaltebudgets sollen aus den bestehenden DRG-Fallpauschalen ausgegliedert und die Fallpauschalen abgesenkt werden. Es erfolgt eine Neuverteilung des bestehenden Erlösvolumens, wobei sich das Erlösvolumen durch die Einführung der Vorhaltevergütung insgesamt nicht erhöht. Auch der Fixkostendegressionsabschlag soll nach wie vor Eingang in die Krankenhausvergütung finden. Die Absenkung der Fallpauschalen soll in einer Übergangsphase pauschal um einen gesetzlich vorgegebenen, zunächst einheitlichen Vorhalteanteil in Höhe von durchschnittlich 60 % der DRG-Vergütung erfolgen. Damit würde die Höhe der Finanzierung über DRG abgesenkt, das Fallpauschalensystem aber nach wie vor beibehalten werden. Die tatsächlichen Kosten einer Vorhaltepauschale für eine Krankenhausbehandlung sollen von den Selbstverwaltungsparteien auf Bundesebene auf Basis der Qualitätskriterien der Leistungsgruppen kalkuliert werden. Das aus den Fallpauschalen ausgegliederte Volumen wird ausgewiesen nach Land und Leistungsgruppen. Dieses Volumen wird mit dem jeweiligen Landesbasisfallwert gewichtet und ergibt schließlich das Vorhaltebudget je Land je Leistungsgruppe. Das ermittelte Vorhaltebudget soll auf Grundlage der Einstufung der Krankenhäuser rechnerisch zentral durch das Institut für das Entgeltsystem (InEK) aufgeteilt werden. Die Auszahlung des Vorhaltebudgets soll unterjährig erfolgen, um die Liquidität der Krankenhäuser sicherzustellen. Zukünftig werden weiterhin die Personalkosten für die Pflege am Bett krankenhausindividuell nach dem Selbstkostendeckungsprinzip durch das Pflegebudget finanziert. Unberührt von der Reform der Krankenhausfinanzierung soll ebenso die Finanzierung der notwendigen Investitionen bleiben, die weiterhin durch die Länder sicherzustellen ist.

 

Des Weiteren soll die Einteilung der Kliniken in verschiedene Versorgungsstufen, sogenannte Level, erfolgen. Geplant ist die folgende Einteilung:

  • Level 1: Grundversorgung
  • Level 2: Regel- und Schwerpunktversorgung
  • Level 3: Maximalversorgung

Das Level 1 soll zusätzlich unterschieden werden in zwei Unterbereiche: Die sogenannten Level-1n-Häuser würden ebenfalls die Notfallversorgung sicherstellen. Die Level-1i-Häuser sollen ihren Schwerpunkt auf die ambulante Leistungserbringung legen. Ihnen würde eine zentrale Rolle auf dem Weg zu einer sektorenübergreifenden und integrierten Gesundheitsversorgung zukommen. Sie hätten dafür stationäre Behandlungen mindestens in den Bereichen Allgemeinmedizin oder Geriatrie zu erbringen und könnten zusätzlich die Bereiche Innere Medizin und Chirurgie vorhalten. Eine Notfallversorgung ist in diesen Häusern nicht mehr vorgesehen.

 

Nach Ende der Sommerpause will der Bund ein Gesetz zur Transparenz vorlegen, das das Recht der Patienten sichern wird, zu wissen, welches Krankenhaus welche Leistung mit welcher Qualität anbietet. Dies soll über ein Transparenzregister umgesetzt werden, das am 1. Januar 2024 starten soll.

 

Das von Bund und Ländern entwickelte Eckpunktepapier stellt die Grundlage für eine umfassende Reform der Krankenhausfinanzierung dar. Auch wenn die gesetzliche Ausgestaltung noch offen ist, ist davon auszugehen, dass viele der geplanten Punkte Eingang in den ersten Gesetzesentwurf finden werden. Vor diesem Hintergrund sollten sich die Krankenhäuser schon jetzt konkret mit den bevorstehenden Veränderungen auseinandersetzen.

 

Wenn Sie Fragen zu den Themen der Reform der Krankenhausfinanzierung haben, stehen wir Ihnen mit unserem interdisziplinären Team gerne zur Verfügung.

 

 


 

Quelle:

- Krankenhausreform: Bund und Länder einigen sich auf Eckpunkte (bundesgesundheitsministerium.de)

- krankenhausplan_nrw_2022.pdf (mags.nrw)

 

AUTORinnen

Melina Eckel​ ​Lena Katczynski


FOLGEN SIE UNS!

Linkedin Banner

Kontakt

Contact Person Picture

Daniel Finsterer

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, IT-Auditor IDW

Partner

+49 221 9499 094 21

Anfrage senden

WIR BERATEN SIE GERN!

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu