Die Entgelttransparenz-Richtlinie – Herausforderung und Chance zugleich

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​veröffentlicht am 28. September 2023

 

Die Entgelttransparenzrichtlinie der Europäischen Union ist am 6. Juni 2023 in Kraft getreten. Langfristig soll damit die Lohngerechtigkeit zwischen männlichen und weiblichen Beschäftigten in der EU gefördert werden. Die Umsetzung in nationales Recht muss bis zum 7. Juni 2026 erfolgen. Auf den ersten Blick noch in ferner Zukunft, doch Unternehmen sollten keineswegs untätig bleiben, denn die neuen Vorgaben gehen über bestehende Regelungen hinaus und betreffen mehr Unternehmen als das bisherige Entgelttransparenzgesetz.

 

Europaweit verdienen Frauen im Durchschnitt etwa 13 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. In Deutschland ist diese Lohndiskrepanz mit 18 Prozent sogar noch höher. Die EU hat sich als Ziel gesetzt, dieses geschlechtsspezifische Lohngefälle langfristig auszugleichen. Um dieses Ziel voranzutreiben, entwarf die EU-Kommission am 4. März 2021 eine Richtlinie zu mehr Gehaltstransparenz. Nach der Billigung durch das EU-Parlament am 30. März 2023, trat die Richtlinie am 6. Juni dieses Jahres in Kraft.

 

Die Richtlinie sieht verschiedene Maßnahmen vor, welche die EU-weite Entgelttransparenz fördern sollen. So soll beispielsweise bereits im Bewerbungsprozess verhindert werden, dass Entgeltunterschiede entstehen können. Die Unternehmen sollen verpflichtet werden, Bewerber über das Einstiegsgehalt oder die Gehaltsspanne für die ausgeschriebene Position zu informieren. Zudem wird es Unternehmen nicht gestattet, nach dem bisherigen Gehalt der Bewerber zu fragen.

 

Darüber hinaus erhalten Beschäftigte das Recht, nach erfolgreicher Bewerbung, Informationen über ihr individuelles Einkommen und über die durchschnittlichen Einkommen zu erhalten, aufgeschlüsselt nach Arbeitnehmer-Gruppen sowie Geschlechtern, welche die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten. Auch die Kriterien für die Festlegung des Entgelts und einen beruflichen Aufstieg müssen transparent für Arbeitnehmer sein.

 

Zudem führt die Entgelttransparenzrichtlinie nun erstmals eine EU-weite Verpflichtung zur Ermittlung und Berichterstattung über geschlechtsspezifische Entgeltunterschiede für Unternehmen mit mindestens 100 Beschäftigten ein. Die Betriebsräte spielen dabei eine zentrale Rolle und müssen vor der Veröffentlichung der Berichte angehört werden.

 

Die Umsetzung der Richtlinie erfolgt in mehreren Phasen. Zunächst sind Unternehmen mit einer Belegschaft von mindestens 250 Mitarbeitern bis zum 7. Juni 2027 dazu verpflichtet, jährlich Bericht über die Entgelttransparenz zu erstatten. Arbeitgeber mit einer Mitarbeiterzahl zwischen 150 und 249 müssen ab dem 7. Juni 2027 alle drei Jahre Bericht erstatten. Ab dem 7. Juni 2031 werden auch Unternehmen mit einer Beschäftigtenzahl von 100 bis 149 Personen alle drei Jahre verpflichtet sein, einen Entgelttransparenzbericht zu veröffentlichen.

 

Falls die Entgelttransparenzberichterstattung eine Gehaltsdifferenz von über 5 Prozent aufzeigt, welche nicht auf objektive, geschlechtsneutrale Parameter zurückzuführen ist, sind Unternehmen in Kooperation mit Vertretern der Arbeitnehmer dazu verpflichtet, eine Analyse der Vergütung durchzuführen. Ziel dieser Analyse ist es, geschlechtsspezifische Gehaltsunterschiede zu identifizieren, zu korrigieren und präventive Maßnahmen für die Zukunft zu entwickeln.

 

Die Richtlinie hebt außerdem einen wichtigen Aspekt hervor, der bei der Bekämpfung von Entgeltdiskriminierung von entscheidender Bedeutung ist. Es wurde ein gesetzlicher Anspruch auf Entschädigung eingeführt, welcher bei Fällen von Entgeltdiskriminierung greift. Dieser Anspruch umfasst nicht nur rückständiges Arbeitsentgelt, sondern auch entsprechende Prämien oder Sachleistungen.

 

Bisher lag die Beweislast für Entgeltdiskriminierung bei den Arbeitnehmern. Mit der neuen Richtlinie liegt es nun in der Verantwortung der Unternehmen nachzuweisen, dass keine Verstöße gegen die EU-Vorschriften zur Entgeltgleichheit und Lohntransparenz vorliegen.

 

Die Entgelttransparenzrichtlinie sieht weitreichende Pflichten vor und stellt somit deutsche Unternehmen vor Herausforderungen. Sie bietet aber auch Chancen für eine gerechtere Gesellschaft und eine motivierte Belegschaft.

 

Falls Sie Fragen zu den Themen der Entgelttransparenz haben, stehen wir Ihnen mit unserem interdisziplinären Team gerne zur Verfügung.

 


 

Quellen:
- EU-Vergleich: Gender Pay Gap 2020 - Statistisches Bundesamt (destatis.de)

- RICHTLINIE (EU) 2023/970 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES (Publications Office (europa.eu))

- Starkes Signal für die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern in Europa (BMFSFJ - Starkes Signal für die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern in Europa)

 

AUTOR

​Björn Rösch

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