(Kein) „doppeltes Satzungserfordernis” bei § 57 Abs. 3 AO

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​veröffentlicht am 30. November 2023


Eine Körperschaft verfolgt ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke auch dann unmittelbar, wenn sie satzungsgemäß durch planmäßiges Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren Körperschaft, die im Übrigen die Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 AO erfüllt, einen steuerbegünstigten Zweck verwirklicht.

Nun hat das FG Hamburg mit Urteil vom 26.09.20231 entschieden, dass es bei der leistungsempfangenden Körperschaft keiner Satzungsänderung dahingehend bedarf, dass auch in dieser das planmäßige Zusammenwirken mit der leistungserbringenden Körperschaft aufgenommen wird (sog. „doppeltes Satzungserfordernis”).

Bereits im September hatten wir hier über die Problematik der Anwendung und Auslegung des § 57 Abs. 3 AO berichtet.
 
Hier erbringen Körperschaften in der Regel „Servicefunktionen”, die bei isolierter Betrachtung nicht steuerbegünstigt sind. Sie agieren jedoch insoweit „unmittelbar gemeinnützig”, als sie ihre Leistungen anderen gemeinnützigen Körperschaften oder juristischen Personen öffentlichen Rechts als Vorleistungen für deren gemeinnützige Tätigkeiten erbringen.2 So regelt § 57 Abs. 3 AO, dass eine Körperschaft ihre steuerbegünstigen Zwecke auch dann unmittelbar verfolgt, wenn sie satzungsgemäß durch planmäßiges Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren Körperschaft, die im Übrigen die Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 AO erfüllt, einen steuerbegünstigten Zweck verwirklicht.
 
Problematisch ist hier das Tatbestandsmerkmal der Unmittelbarkeit.
 
Im vorliegenden Verfahren vor dem Finanzgericht Hamburg stritten die Parteien insbesondere darüber, ob die Klägerin unmittelbar i.S.d. § 57 Abs. 3 AO steuerbegünstigte Zwecke verfolgt, obwohl die Satzung des Kooperationspartners keine diesbezügliche Regelung enthält. Die Satzung der Klägerin enthielt die Passage „Der Satzungszweck wird verwirklicht durch planmäßiges Zusammenwirken mit der A-Stiftung in Form der Erbringung von Services- und Dienstleistungen im Bereich der Finanzbuchhaltung und Rechnungswesen. Bei der A-Stiftung erfolgte keine entsprechende Satzungsänderung.
 
Der bereits erlassene Bescheid nach § 60 a AO für die „Servicegesellschaft” wurde daraufhin aufgehoben. Dies wurde unter Bezugnahme auf den Anwendungserlass zur AO3 damit begründet, dass in den Fällen, in denen mit anderen Körperschaften zur Verwirklichung des eigenen steuerbegünstigten Satzungszwecks zusammengewirkt wird, die Körperschaft, mit der kooperiert werde, und die Art und Weise der Kooperation in den Satzungen beider Beteiligter, also auch in der Satzung der Stiftung bezeichnet werden müsse.
 
Das FG Hamburg hat der Klage stattgegeben. Nach Auffassung des Gerichts steht es der Anwendung des § 57 Abs. 3 AO nicht entgegen, dass die Kooperation mit der Klägerin nicht in die Satzung der Stiftung aufgenommen worden ist. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung lehnt die überwiegende Ansicht in der Literatur das „doppelte Satzungserfordernis” unter Hinweis darauf ab, dass die leistungsempfangende Körperschaft bereits unabhängig von § 57 Abs. 3 AO die Voraussetzungen der §§ 51 bis 68 AO erfülle.
 
Das Gericht schloss sich dieser Auffassung an. An die entgegenstehende Ansicht des AEAO ist das Gericht nicht gebunden. Das von der Finanzverwaltung geforderte „doppelte Satzungserfordernis” ist weder aus dem Wortlaut der Norm noch im Wege der Auslegung herzuleiten. Das Gericht wies auch darauf hin, dass die Auffassung der Finanzverwaltung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten dazu führen dürfte, dass Kooperationen nach § 57 Abs. 3 AO wegen kostenpflichtiger Satzungsänderungen „in vielen Fällen faktisch verhindert würden.”
 
Gegen die Entscheidung des FG Hamburg war die Revision zuzulassen. Zu der Frage der Voraussetzungen für die Annahme der „Unmittelbarkeit” i.S.d. § 57 Abs. 3 Satz 1 liegt bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung vor.
 

Bei Fragen zur Satzungsgestaltung und bei Abstimmungen mit der Finanzverwaltung stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.




Quellen:

1 FG Hamburg Urt.v. 26.09.2023 – 5 K 11/23, BeckRS 2023, 31187
2 Kirchhain: Der neue Anwendungserlass zur Abgabenordnung: viel Licht, ein großer Schatten, npoR 2021, 235
3 AEAO, Nr. 8 zu § 57 Abs. 3 AO

AUTORin

Birgit Heinz

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