Das neue Stiftungsrecht: Teil III zur Erhaltung des Grundstockvermögens

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veröffentlicht am 30. November 2023


Nach der Stiftungsrechtsreform stellt sich die Frage, wie das Eigenkapital von Stiftungen nun unter Berücksichtigung der neuen Regelungen am besten zu gliedern ist. In Ergänzung zur bereits bestehenden IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung von Stiftungen (IDW RS HFA 5) und unter gleichzeitiger Anlehnung an § 266 HGB gibt es bereits einen Vorschlag, der die möglichen Unterschiede im Stifterwille bei den einzelnen Stiftungen berücksichtigt.

Am 1. Juli 2023 ist das neue Stiftungsrecht in Kraft getreten. Nach den ersten beiden Artikeln (Teil I und Teil II), in denen wir auf die Erhaltungspflicht und die Umschichtungsgewinne eingegangen sind, beschäftigen wir uns im Folgenden mit der tatsächlichen Darstellung und Gliederung innerhalb der Bilanz.

Gliederung des Eigenkapitals in der Bilanz

Für den Fall, dass wir uns in der gegenständlichen Vermögenserhaltung befinden, ist der Eigenkapitalausweis eher von untergeordneter Bedeutung, da die Aktivseite hierfür ausschlaggebend ist. Andererseits ist im Falle eines Kapitalerhaltungskonzeptes die Gliederung des Eigenkapitals als Nachweis der ungeschmälerten Erhaltung von Relevanz, da das Grundstockkapital dauerhaft durch das Eigenkapital gedeckt sein muss. Von dieser Regelung sind auch die Umschichtungsgewinne betroffen, wenn ein Verbrauch in der Satzung explizit ausgeschlossen ist. In der IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung von Stiftungen (IDW RS HFA 5) wurde bereits auf den Ausweis des Eigenkapitals in der Bilanz eingegangen. Unter den Begriff „Grundstockkapital (I.)” würden das „Errichtungskapital (1.)” und das „Zustiftungskapital (2.)” fallen. Diesen folgen sodann die Rücklagen (II.), die Umschichtungsergebnisse (III.) und der Ergebnisvortrag (IV.). Barzen/Wedekind haben alternativ bereits einen Vorschlag zur bilanziellen Gliederung des Eigenkapitals in Ergänzung zum IDW RS HFA 5 sowie unter Anlehnung der Regelungen nach § 266 HGB ausgearbeitet:

Vorschlag für neuen Eigenkapitalausweis1
​Eigenkapital
​1.
​Grundstockkapital (auf unbestimmte Zeit zu erhaltendes Kapital)
​1.1
Errichtungskapital (Zuwendungen bei Errichtung)​
​1.2
Zustiftungskapital (Zuwendungen nach Errichtung von außen; Stifter/Dritte)​
​1.3
​Zuführungskapital (Zuführungen nach Errichtung von innen)
​2
​Sonstiges Eigenkapital (zu verbrauchendes oder verbrauchendes Kapital)
​2.1
​Verbrauchsstockkapital (Zuwendungen bei Errichtung)
​a.
Absicherungskapital
​b.
Verbrauchskapital
​2.2
​Kapitalrücklage (Zuwendungen nach Errichtung von außen; Stifter/Dritte)
​2.3
​Ergebnisrücklagen (Zuführungen nach Errichtung von innen)
​a.
Kapitalerhaltungsrücklage
​b.
​Zweckgebundene Rücklagen
​c.
​Freie Rücklagen
2.4
Umschichtungsergebnisse
​2.5
​Ergebnisvortrag
​2.6
​Jahresergebnis

Nach dem Gliederungsvorschlag von Barzen/Wedekind wird das Zuführungskapital (1.3) unter Berücksichtigung von § 83b Abs. 2 Nr. 3 BGB n.F. gesondert ausgewiesen. Eine Stiftung kann selbst Vermögen zu Grundstockvermögen bestimmen, was einen Widmungsakt nach § 83b Abs. 2 Nr. 3 BGB n.F. darstellt und wodurch ein zusätzliches Grundstockvermögen geschaffen wird.2 Dies hat eine Erweiterung des Kapitalerhalts zur Folge. Sofern der Wille des Stifters auf eine Sicherung des bereits vorhandenen Grundstockvermögens abzielt, liegt kein Widmungsakt, sondern eine Kapitalerhaltungsrücklage (2.2) vor.
 
Wichtig ist, dass das Umschichtungsergebnis in einem gesonderten Posten als Nachweis über die Wertentwicklung des Grundstockvermögens ausgewiesen wird. Hierbei handelt es sich grundsätzlich um eine Ergebnisrücklage, welche aus dem Jahresergebnis gebildet wird.3 Die Umschichtungsergebnisse sind eine Zusammenfassung von Erträgen und Aufwendungen aus der Umschichtung des Grundstockvermögens. Sie können positiv oder negativ sein. Positive Ergebnisse haben oftmals die Realisierung von stillen Reserven z.B. bei der Veräußerung von Immobilien oder Aktien als Hintergrund. Negative Ergebnisse resultieren z.B. aus außerplanmäßigen Abschreibungen auf Grund einer dauerhaften Wertminderung von Aktien. Die Umschichtungsergebnisse sind kein Teil des Grundstockvermögens (sofern die Satzung keine einschlägige Regelung vorsieht) und unterliegen nicht dem Erhaltungsgrundsatz. Sollte die Erhaltung des Grundstockkapitals nicht gewährleistet sein, so darf ein Umschichtungsgewinn jedoch nicht für die Erfüllung des Stiftungszwecks verwendet werden. 

Fazit zur Gliederung des Eigenkapitals und zur Stiftungsreform im Ganzen:

Für den ungeschmälerten Erhalt des Grundstockvermögens vor allem in Verbindung mit dem Grundsatz der Kapitalerhaltung ist die Gliederung des Eigenkapitals als Nachweisfunktion sowohl sprachlich als auch in inhaltlicher Hinsicht gutzuheißen. Sie dient als prüfbarer Bewertungsmaßstab.
 
Durch die neuen Regelungen im Rahmen der Stiftungsreform und der Vereinheitlichung auf Bundesebene soll mehr Transparenz für Stiftungen gewährleistet und etwaige Streitfragen, welche auf Grund der unterschiedlich ausgeprägten Regelungen durch die verschiedenen Landesstiftungsgesetze bestehen, aus der Welt geschafft werden.

Einige Fragestellungen bleiben jedoch leider unbeantwortet. Es hat keine konkrete Festlegung stattgefunden, ob ein realer oder nominaler Kapitalerhalt notwendig ist. Vor allem in der Praxis und unter Berücksichtigung der Zinssituation wird es für Kapitalstiftungen nur schwer möglich sein, der realen Kapitalerhaltung nachzukommen. Eindeutig geht jedoch hervor, dass der historische Stifterwille weiterhin maßgeblich für Ausrichtung und Anwendung aller Regelungen ist. Es ergeben sich in der Handhabung zwar flexiblere Gestaltungsmöglichkeiten, jedoch darf nicht aus den Augen verloren werden, dass der Stifter hiermit einverstanden sein müsste.




Quellen:

1 Barzen/Wedekind: Vorschlag für einen neuen Eigenkapitalausweis bei Stiftungen nach der Stiftungsrechtsreform; WPg 202, 588.
2 Barzen/Wedekind: Vorschlag für einen neuen Eigenkapitalausweis bei Stiftungen nach der Stiftungsrechtsreform; WPg 202, 589.
3 Barzen/Wedekind: Vorschlag für einen neuen Eigenkapitalausweis bei Stiftungen nach der Stiftungsrechtsreform; WPg 202, 590.

Barzen/Wedekind: Vorschlag für einen neuen Eigenkapitalausweis bei Stiftungen nach der Stiftungsrechtsreform; WPg 2022, 587.


AUTORINNEN

​Carola Biet Dinah Gullnick


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Jan-Claas Hille

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