Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchstabe a und Buchstabe b UStG – auch für Laborleistungen?

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 30. November 2023


Zur Steuerbefreiung für ärztliche Heilbehandlungen und Krankenhausbehandlungen sind in letzter Zeit mehrere Gerichtsurteile ergangen, konkret zur Besteuerung von medizinischen Analysen eines Facharztes für klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik. Auch die Finanzverwaltung hat ihre Ansicht in diesem Zusammenhang nun angepasst und aufgrund des BMF-Schreibens vom 10.10.20231 den Umsatzsteueranwendungserlass (UStAE) entsprechend geändert. Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 14 UStG kann auch dann vorliegen, wenn Laborleistungen nicht durch ein Krankenhaus oder eine ähnliche Einrichtung erbracht werden.

Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin und Krankenhausbehandlungen sowie damit eng verbundene Umsätze sind nach dem deutschen Umsatzsteuergesetz von der Umsatzsteuer befreit. Allerdings ist der Umfang bzw. das Ausmaß dieser Steuerbefreiung häufig Gegenstand von gerichtlichen Auseinandersetzungen.2

Vor einiger Zeit hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH)
aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchens des Bundesfinanzhofs (BFH) zu entscheiden, ob die Leistungen eines Facharztes für klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik nur dann steuerbefreit sein können, wenn diese als Krankenhausbehandlung oder ebenfalls nach dieser Vorschrift befreite Leistung4 anzusehen sind oder auch deshalb, weil sie als Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin5 gelten.

Der EuGH und hierauf folgend der BFH6 haben im Jahr 2019 entschieden,
  • dass medizinische Analysen eines Facharztes sowohl nach § 4 Nr. 14 a) UStG als auch nach § 4 Nr. 14 b) UStG steuerfrei sein können und, dass
  • das Bestehen eines Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient keine Voraussetzung für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 a) UStG sei.
Die Leitsätze des genannten BFH-Urteils 2019 weisen explizit daraufhin, dass die Rechtsprechung des BFH hier eindeutig im Widerspruch zur damaligen Auffassung der Finanzverwaltung im UStAE steht7.

Aufgrund des EuGH-Urteils und des darauffolgenden BFH-Urteils änderte die deutsche Finanzverwaltung nun mit Schreiben vom 10.10.2023 die Vorschriften im UStAE in den Abschnitten 4.14.1 Abs. 1 und 4.14.5 Abs. 9 und passte sie den Urteilen entsprechend an.

Zur Erläuterung: Der EuGH hatte in seinem Urteil 2019 in Bezug auf „von praktischen Ärzten angeordnete medizinische Analysen” klargestellt, „dass der Grundsatz der steuerlichen Neutralität nicht gewahrt werde, wenn für solche Leistungen, je nachdem, an welchem Ort sie durchgeführt werden, eine andere Umsatzsteuerregelung gelten würde, obwohl ihre Qualität angesichts der Ausbildung der betreffenden Dienstleistungserbringer gleichwertig ist”. Der tatsächliche Ort der Erbringung darf somit nicht ausschlaggebend für das Greifen einer Steuerbefreiung in diesem Zusammenhang sein.

Vor diesem Hintergrund muss auch Abschn. 14.1. Abs. 1 S. 1 des UStAE in der nun geänderten Fassung verstanden werden. Das deutsche UStG befreit in § 4 Nr. 14 a) und b) UStG im Wesentlichen8 die gleichen Leistungen – nämlich Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin. Allerdings bezieht sich § 4 Nr. 14 a) UStG auf Heilbehandlungen bestimmter „Dienstleistungserbringer” (z.B. Ärzte, Zahnärzte, usw.), während sich die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 b) UStG auf bestimmte Einrichtungen (z.B. Krankenhäuser und ähnliche Einrichtungen) bezieht.

Damit hat das deutsche UStG eine etwas andere Systematik als das europäische Recht (MWStSystRL). Dieses unterscheidet die Steuerbefreiungsvorschriften in diesem Zusammenhang nur nach dem Ort der Leistungserbringung (in Krankenhäusern oder außerhalb von Krankenhäusern9).


Fazit:

Für die Praxis ergeben sich Konsequenzen aus der geänderten Verwaltungsregelung im UStAE nur in den Fällen, in denen Personen (Ärzte), die sich nicht auf die Steuerbefreiungsvorschrift für Krankenhäuser und ähnliche Einrichtungen (§ 4 Nr. 14 b) UStG) berufen konnten, laborärztliche Untersuchungen erbringen. Diese können jetzt10 auf die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 14 a) UStG zurückgreifen und stehen mit dieser Einordnung als steuerbefreite Leistung nicht mehr im Widerspruch zur Ansicht der Finanzverwaltung.11




Quellen:

1 BMF-Schreiben vom 10.10.2023, III C 3 – S 7170/20/10002:001
2 Vgl. z.B. die vielen Urteile in Bezug auf die Umsatzbesteuerung von Zytostatika oder Fertigmedikamenten.
3 EuGH-Urteil vom 18.09.2019, C-700/17, DStR 2019, S. 1972.
4 Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14b UStG.
5 Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14a UStG.
6 BHF-Urteil vom 18.12.2019. XI R 23/19, BFHE 0267-0571.
7 Abschn. 4.14.2 Abs. 2 S.1 und Abschn. 4.14. 1 Abs. 1, 4.14.5 Abs. 9 UStAE.
8 Im Detail weichen beide Vorschriften im Umfang der Steuerbefreiung voneinander ab – diese Unterscheidungen sind allerdings für die hier betrachteten medizinischen Analysen nicht erheblich.
9 Art. 132 Abs. 1 Buchst. b und c MWStSystRL
10 Natürlich nur dann, wenn alle Voraussetzungen der Steuerbefreiungsvorschrift auch erfüllt sind.
11 Bisher ließ die Finanzverwaltung die Befreiung derartiger Umsätze (z.B. medizinische Analysen) nur dann zu, wenn die durch eine Einrichtung i.S.d. § 4 Nr. 14 b) UStG erbracht wurden.



AUTORINNEN

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