Unentgeltliche Zuwendungen und Vorsteuerabzug: Folgen aus dem BFH-Urteil vom 16. Dezember 2020

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​​​​​veröffentlicht am 28. März 2024

Reaktion des BMF auf Rechtsprechung des EuGH und BFH auf den möglichen Vorsteuerabzug auf Eingangsleistungen bei unentgeltlichen Zuwendungen zur Ermöglichung der eigenen unternehmerischen Tätigkeit. Es erfolgte eine Anpassung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses durch das BMF.

 

Nach § 15 UStG ist ein Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt, sofern er Eingangsleistungen für Zwecke seines Unternehmens und folglich für seine wirtschaftliche Tätigkeit bezieht. Voraussetzung ist, dass die Eingangsleistung für sein Unternehmen im Sinne des § 2 Abs 1 UStG und damit für seine unternehmerische Tätigkeit zur Erbringung entgeltlicher Ausgangsleistungen beabsichtigt ist. Bisher musste nach gültiger BFH-Rechtsprechung zwingend ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsleistung bestehen. Wenn Eingangsleistungen bezogen werden, um sie unentgeltlich an einen Dritten weiterzugeben, war nach bisheriger Rechtsprechung der Vorsteuerabzug untersagt (Urteil vom 13 Januar 2011 – V R 12/08).
 
In Bezug auf das EuGH-Urteil (vom 16.09.2020, C-528/19, Rs. Mitteldeutsche Hartstein-Industrie) wurde die bisherige Rechtsprechung durch den BFH eingeschränkt.
 
Hintergrund des Urteils war der Ausbau einer öffentlichen Straße durch einen Unternehmer auf eigene Kosten und somit unentgeltlich für die Gemeinde, um sein Grundstück, welches für seine unternehmerische Tätigkeit und somit seiner umsatzsteuerpflichtigen Ausgangsumsätze beabsichtigt wurde, zu erschließen. Infolgedessen sollte der Vorsteuerabzug für seine Eingangsleistung gewährt werden. 
 
Der Bundesfinanzhof (BFH) stellte mit seinem Urteil vom 16. Dezember 2020 – XI R 26/20 (XI R 28/17) klar, dass Unternehmen unter bestimmten Bedingungen der Vorsteuerabzug zusteht, selbst wenn sie eine Leistung beziehen, um sie anschließend unentgeltlich an Dritte weiterzugeben und gleichzeitig ihre eigene unternehmerische Tätigkeit zu ermöglichen. Dies setzt jedoch voraus, dass die bezogene Leistung nicht über das für diesen Zweck Erforderliche hinausgeht und die Kosten der Leistung im Preis der erbrachten Leistungen enthalten sind.
 
Unter diesen Voraussetzungen kann ein Vorsteuerabzug auch dann geltend gemacht werden, wenn die Veranlassung nur mittelbar erfolgt, was eine Abkehr von früheren Urteilen darstellt. Zusätzlich bleibt das Urteil vom 13 Januar 2011 – V R 12/08 weiterhin gültig.
 
Des Weiteren hat der BFH entschieden, dass § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 des Umsatzsteuergesetzes unionsrechtskonform dahingehend ist, dass eine Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe nur dann erfolgt, wenn ein unversteuerter Endverbrauch droht.

Mit dem nun vorliegenden Schreiben vom 24.01.2024 (Az. III C 2 – S 7109/19/1004) bestätigt das BMF zwar zunächst die bisherigen zuletzt mit BMF-Schreiben vom 07.06.2012 aufgestellten Grundsätze zum Vorsteuerabzug bei Erschließungsmaßnahmen. Die in diesem Schreiben aufgeführten Grundsätze, die regelmäßig zum Vorsteuerausschluss führen, gelten unverändert fort, denn in dem BMF-Schreiben steht, dass die unentgeltliche Wertabgabe von Leistungen zu einem unversteuerten Endverbrauch führen.
 
Gemäß dem neu eingefügten A 3.2. Abs. 4 UStAE entfällt aufgrund einer einschränkend unionsrechtskonformen Auslegung des § 3 Abs. 1b und 9a UStG die Wertabgabenversteuerung, wenn kein unversteuerter Endverbrauch droht.
 
Ein unversteuerter Endverbrauch droht nicht, wenn
  • die bezogene Eingangsleistung nicht über das hinausgeht, was erforderlich bzw. unerlässlich ist, um diesen Zweck zu erfüllen,
  • die Kosten der Eingangsleistung im Preis der getätigten Ausgangsumsätze enthalten sind und
  • der Vorteil des Dritten allenfalls nebensächlich ist.

Die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs trotz unentgeltlicher Übertragung findet sich nunmehr in der Ergänzung von A 15.2b Abs. 2 Satz 3 UStAE und dem neu eingefügten Abs. 2a. Wenn die oben aufgeführten Voraussetzungen erfüllt sind, reicht fortan eine mittelbare Veranlassung für den Vorsteuerabzug aus. Das BMF-Schreiben konkretisiert auf der Grundlage die nachfolgend aufgeführten Voraussetzungen unter denen zukünftig ein Vorsteuerabzug ausnahmsweise möglich ist:

  •  ein Leistungsbezug ist dann erforderlich und unerlässlich, wenn der Unternehmer seine wirtschaftliche Tätigkeit ohne diese Leistung nicht ausführen könnte (A 15.2 Abs. 2a S. 3 UStAE),
  •  geht der Leistungsbezug über das Erforderliche hinaus, ist der Vorsteuerabzug nur anteilig möglich und eine Aufteilung des Vorsteuerabzugs ggf. analog A 15.17 UStAE vorzunehmen.
 
Die Grundsätze des BMF-Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.


 

AUTORinnen

​Diana Haidar
Simone Müller


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Ronny Oechsner

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