Online-Verkäufe wieder im Visier der Ermittlungsbehörden

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Von Ulrike Grube und Joana Mulzer
 
Bereits vor Jahren war der private Online-Handel in den Fokus der Finanzbehörden geraten. Nun hat Presseberichten zufolge eine Finanzbehörde einen inländischen Servicedienstleister, der als Drittanbieter über eine Internethandelsplattform tätig war, um eine sog. Sammelauskunft über Verkäufe niedersächsischer Unternehmen auf einer luxemburgischen Internethandelsplattform in den Jahren 2007 bis 2009 gebeten.
 
Konkret ging es dem Finanzamt um die Auskunft darüber, welche Nutzer Verkaufserlöse von mehr als 17.500 Euro pro Jahr über die Internethandelsplattform erzielt hatten. Das Auskunftsersuchen der zuständigen Steuerfahndung erging im Rahmen von Vorfeldermittlungen im Besteuerungsverfahren (§ 93 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO), um bislang nicht entdeckte Umsätze aus einem Online-Handel der Besteuerung unterwerfen zu können. Name und Anschrift der Händler sollten ebenso angegeben werden wie deren Bankverbindung. Außerdem sollte eine Aufstellung der einzelnen Verkäufe vorgelegt werden.
 
Das Besondere hierbei war, dass die Homepage mit der betroffenen, darauf eingerichteten Internethandelsplattform in den Jahren 2007 bis 2009 nicht vom deutschen Servicedienstleister, sondern von der luxemburgischen Muttergesellschaft betrieben wurde – das Drittanbietergeschäft wurde über diesen Internetmarktplatz von einer luxemburgischen Schwestergesellschaft abgewickelt. Der inländische Servicedienstleister erbrachte gegenüber Mutter- und Schwestergesellschaft eine Vielzahl von Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Betrieb der Internethandelsplattform.
 
Vor diesem Hintergrund verweigerte der deutsche Servicedienstleister die Auskunft, mit dem Argument, dass er diese aufgrund der bestehenden Geheimhaltungsvereinbarungen mit der Betreibergesellschaft nicht erteilen könne.
 
Nach zunächst erfolgreicher Verhandlung in 1. Instanz (Niedersächsisches Finanzgericht – 23. Februar 2012, 5 K 397/10) hob der Bundesfinanzhof (BFH) das Urteil jedoch auf und verwies die Sache zur erneuten Überprüfung an das Niedersächsische Finanzgericht zurück (BFH 16. Mai 2013, II R 15/12). Der BFH war der Auffassung, dass die Beantwortung eines Sammelauskunftsersuchens der Steuerfahndung zu Daten der Nutzer einer Internethandelsplattform nicht wegen einer privatrechtlich vereinbarten Geheimhaltung dieser Daten abgelehnt werden könne.
 
Im 2. Rechtsgang wies das Niedersächsische Finanzgericht die Klage des deutschen Servicedienstleisters gegen das Sammelauskunftsersuchen der Steuerfahndung nunmehr ab. Die (erneute) Revision zum BFH wurde nicht zugelassen.
 
Das Finanzgericht bejahte insbesondere einen hinreichenden Anlass zur Einholung der Auskünfte im Hinblick auf die im Rahmen von Ermittlungen bei einem anderen Internet-Auktions- und Handelshaus gewonnenen Erkenntnisse (hoher Prozentsatz von Steuerverkürzungen mit erheblichen Mehrsteuern). Insbesondere war eine Unzumutbarkeit einer derartigen Auskunft selbst für den Fall nicht anzunehmen, dass die Herausgabe der erbetenen personenbezogenen Daten einen strafbewehrten Verstoß gegen das luxemburgische Datenschutzgesetz darstellte. 
 
Der durch das Sammelauskunftsersuchen ausgelöste Ermittlungsaufwand steht auch in einem angemessenen Verhältnis zu der Bedeutung der Angelegenheit, besonders dem von den Ermittlungen zu erwartenden fiskalischen Ertrag. Konzerninterne, organisatorische Abreden zwischen Konzerngesellschaften, wie die Beschränkung von Administrationsrechten in tatsächlicher oder zeitlicher Hinsicht, stehen einem rechtmäßigen Auskunftsersuchen ebenso wenig entgegen wie privatschriftliche Geheimhaltungsvereinbarungen.
 
Es ist nun davon auszugehen, dass nach Jahren trügerischer Ruhe, die auf Internethandelsplattformen tätigen Verkäufer zukünftig wieder verstärkt Ermittlungen ihres Finanzamtes entgegensehen werden. Und das sogar unabhängig davon, ob sie als sog. Powerseller (Profi-Verkäufer) oder nur gelegentlich tätig werden.
 

  • Powerseller ist, wer eine besonders hohe Anzahl an Artikeln verkauft.
  • Als gewerblich tätig ist bereits anzusehen, wer immer wieder neue oder gebrauchte Güter verkauft, eine große Zahl gleichartiger Gegenstände anbietet (z.B. Kleidung, Tupperware) oder Gewinne machen will.
  • Aber auch für Privatverkäufer ist Vorsicht geboten, wenn Schmuck, Gold, Antiquitäten oder Münzen bald nach dem Kauf wieder verkauft werden. Dabei entstehen üblicherweise Spekulationsgewinne, welche in der Steuererklärung anzugeben sind. 
     
Üblicherweise werden derartige Transaktionen über ein Konto abgewickelt und sind damit auch noch nach Jahren nachvollziehbar. 
 
Sind derartige Gewinne gewerblicher Verkäufer oder Spekulationsgeschäfte privater Personen nicht in der Steuererklärung angegeben, dann liegt, wenn die Gesamteinkünfte nicht unter dem Grundfreibetrag liegen, eine Steuerhinterziehung vor. Gegebenenfalls wird sogar eine Umsatzsteuer fällig, es sei denn, man gilt als Kleinunternehmer. Mehr dazu erfahren Sie hier.
 
Ist man also als Verkäufer auf Onlineplattformen aktiv, sollte  man grundsätzlich klären, ob man noch privat oder schon als gewerblicher Verkäufer handelt. 
 
Kommt die Steuerfahndung dem Ganzen auf die Schliche, geht der Fall, je nach Höhe der hinterzogenen Steuer, an die Bußgeld- und Strafsachenstelle oder an die Staatsanwaltschaft.
 
Um diese Steuerhinterziehung zu bereinigen, bevor die Ermittlungs- oder Finanzbehörden auf den Plan treten, bedarf es der sog. Selbstanzeige, die je nach Ausmaß der verkürzten Steuer zu Straffreiheit führt.
 
Allerdings ist eine derartige Selbstanzeige nach diversen gesetzlichen Verschärfungen ein komplizierter Prozess. Hier ist anzuraten, einen in diesem Bereich erfahrenen Berater heranzuziehen: Die Tücke steckt im Detail, es ist strafrechtliches und steuerrechtliches Wissen gefordert!
 
zuletzt aktualisiert am 04.09.2015

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