Pillar 2: Regierungsentwurf für ein Mindeststeueranpassungsgesetz beschlossen

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zuletzt aktualisiert am 9. September 2025​​​​ | Lesedauer ca. 3 Minuten​
 
 

Am 3. September 2025 wurde der Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Anpassung des Mindeststeuergesetzes und weiterer Maßnahmen (Mindeststeueranpassungsgesetz – MinStAnpG) verabschiedet. Der Entwurf enthält Anpassungen des Mindeststeuergesetzes (MinStG) an die neuen OECD-Verwaltungsleitlinien, die Umsetzung der DAC9-Richtlinie der EU sowie steuerliche Begleitmaßnahmen außerhalb des MinStG. Er folgt auf den Referentenentwurf vom 6. August 2025 und enthält mehrere Änderungen gegenüber diesem. 



Hintergrund 

Das deutsche Mindeststeuergesetz ist am 28. Dezember 2023 in Kraft getreten und setzt die EU-Richtlinie zur globalen Mindestbesteuerung um. Trotz abgeschlossenen Gesetzgebungsverfahrens besteht weiterhin Anpassungsbedarf: Deutschland muss neue OECD-Verwaltungsleitlinien innerhalb von 24 Monaten nach deren Veröffentlichung in nationales Recht überführen. 

Daher wurden schon vor dem Ende der Ampel-Koalition zwei Diskussionsentwürfe veröffentlicht. Diese konnten jedoch nicht mehr ins Gesetzgebungsverfahren eingebracht werden. Mit dem Referentenentwurf vom 6. August 2025, der inhaltlich weitgehend dem zweiten Diskussionsentwurf vom 6. Dezember 2024 entspricht, wurde schließlich das Gesetzgebungsverfahren eingeleitet. Im Vergleich zum Referentenentwurf enthält der am 3. September 2025 beschlossene Gesetzentwurf insbesondere noch weitere Anpassungen an die OECD-Verwaltungsleitlinien.

Die im Entwurf vorgesehenen steuerlichen Begleitmaßnahmen zielen darauf ab, grenzüberschreitende Abwehrmaßnahmen, die durch die Mindestbesteuerung überflüssig werden, zu streichen oder einzuschränken. Durch Änderungen im Finanzverwaltungsgesetz und EU-Amtshilfegesetz soll die DAC9-Richtlinie umgesetzt werden, die den Meldeprozess vereinfacht und den Verwaltungsaufwand reduziert, indem sie eine zentrale Einreichung der Mindeststeuerberichte innerhalb der EU ermöglicht.


Wichtige Änderungen im MinStG ​ 

  • Die „nicht erfassten Steuern“ sollen zukünftig auch Steuern umfassen, die Geschäftsjahre vor dem Übergangsjahr betreffen (§ 45 Abs. 2 Nr. 2 MinStG-E; neu im Regierungsentwurf) – aber weiterhin Berücksichtigung als vereinfacht erfasste Steuern beim CbCR-Safe-Harbour (§ 87 Abs. 4 MinStG-E; neu im Regierungsent-wurf). 
  • Auch aktive latente Steuern, die aufgrund des Wahlrechts nach § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB bilanziell nicht ausgewiesen sind, sollen in den Gesamtbetrag der angepassten latenten Steuern einfließen (§ 50 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 MinStG-E).
  • Latente Steuern sind künftig auf Basis der sogenannten Mindeststeuer-Buchwerte zu ermitteln (§ 50 Abs. 1a MinStG-E), was faktisch zur Pflicht einer eigenen Steuerbilanz für die Mindeststeuer führt.
  • Die Nachversteuerung latenter Steuern soll durch die Möglichkeit der Gruppenbildung vereinfacht werden (§ 50a MinStG-E).
  • Bei Umwandlungen wird klargestellt, dass Übernahmegewinne grundsätzlich steuerfrei sind und auch Übernahmeverluste steuerlich nicht berücksichtigt werden (§ 66 Abs. 2 MinStG-E).
  • Auch Unternehmensgruppen mit abweichenden oder verkürzten Wirtschaftsjahren müssen ihren ersten Mindeststeuer-Bericht erst zum 30. Juni 2026 einreichen (§ 75 Abs. 3 MinStG-E).
  • Die Ausnahme von der Abgabeverpflichtung eines Mindeststeuerberichts greift, wenn der Mindeststeuerbericht bereits von der obersten Muttergesellschaft in ihrem Belegenheitsstaat abgegeben wurde und dieser Staat ein EU-Mitgliedstaat ist (§ 75 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 MinStG-E; neu im Regierungsentwurf)
  • Berichtigungspflicht für fehlerhafte Mindeststeuerberichte (§ 75a MinStG-E; neu im Regierungsentwurf).
  • Die Regelungen zu Steuerattributen des Übergangsjahrs werden deutlich konkretisiert (§§ 82 bis 82c MinStG-E). Sie betreffen die Berücksichtigung latenter Steuern aus dem Geschäftsjahr vor der erstmaligen Anwendung von Pillar 2.
  • CbCR-Safe Harbours:
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    • Unternehmensgruppen, die keinen länderbezogenen Bericht erstellen müssen, können den Safe Harbour dennoch nutzen, sofern sie die Angaben zugrunde legen, die sie bei bestehender Berichtspflicht gemacht hätten (§ 84 Abs. 1 MinStG-E). Dies gilt auch für den Safe Harbour für vereinfachte Berechnungen (§ 80 Abs. 2 MinStG-E).
    • Innerhalb eines Steuerhoheitsgebiets müssen konsistente Datenquellen verwendet werden – entweder Jahresabschlüsse oder Berichtspakete (§ 87 MinStG-E).
    • Die für den länderbezogenen Bericht verwendeten Rechnungslegungsdaten dürfen grundsätzlich nicht angepasst werden, insbesondere nicht durch nachträgliche Verrechnungspreisanpassungen.
    • Für Betriebsstätten ohne qualifizierte Rechnungslegungsdaten sollen die Angaben aus den Unterlagen des länderbezogenen Berichts verwendet werden können (§ 87 Abs. 2 Nr. 4 MinStG-E).
    • Bestimmte aktive latente Steuern sollen künftig als „nicht erfasste Steuern“ gelten (§ 87 Abs. 4 Satz 2 MinStG-E). Diese Regelung soll rückwirkend für den Veranlagungszeitraum 2024 gelten – was angesichts bereits laufender Datenerhebungen für Unternehmen problematisch sein kann.
    • Regelungen zur Vermeidung missbräuchlicher Gestaltungen im Zusammenhang mit dem CbCR-Safe Harbour sind vorgesehen (§ 87b MinStG-E).​​​
  • ​Für Geschäftseinheiten, die bereits vor Anwendung der Primär- oder Sekundärergänzungssteuerregelung der nationalen Ergänzungssteuer unterliegen, ist für die nationale Ergänzungssteuerregelung ein neues Übergangsjahr vorgesehen, sobald die Primär- oder Sekundärergänzungssteuer wirksam wird (§ 93a MinStG-E; neu im Regierungsentwurf). Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Übergangsjahre bei den verschiedenen Regelungen nicht voneinander abweichen.​​​​
  • Es soll eine Rechtsverordnung erlassen werden, in der die Steuerhoheitsgebiete mit anerkannten Primär-, Sekundär- und nationalen Ergänzungssteuern benannt wer-den (§ 99 Abs. 5 MinStG-E). 

Steuerliche Begleitmaßnahmen 
  • Lizenzschranke (§ 4j EStG): Die Regelung soll ab dem Veranlagungszeitraum 2025 entfallen. Ihr Anwendungsbereich hat sich seit 2021 deutlich verringert, da die Mindeststeuer viele Sachverhalte bereits erfasst. Zudem soll der Compliance-Aufwand für Unternehmen reduziert werden.
  • Sonderbetriebsausgabenabzugsverbot (§ 4i EStG):  Eine Abschaffung war noch im zweiten Diskussionsentwurf, wurde aber schon im Referentenentwurf nicht mehr aufgegriffen. Das ist bedauerlich, da damit eine Gelegenheit zur weiteren Vereinfachung und Entlastung der Unternehmen ungenutzt gelassen wird.
  • Hinzurechnungsbesteuerung:
      • § 9 AStG-E: Die absolute Freigrenze steigt von 80.000 € auf 100.000 €, künftig gesellschaftsbezogen. Die relative Freigrenze wird von 10 % auf ein Drittel erhöht. Die Prüfung erfolgt nur noch auf Ebene der Zwischengesellschaft, sodass der bisher notwendige gesellschafterbezogene Prüfungsschritt auf Ebene der Inlandsbeteiligten entfällt. Anwendung ab 2026.
      • § 11 AStG-E: Der Kürzungsbetrag in Organschaftsfällen wird um pauschal nicht abziehbare Betriebsausgaben (5 %) erhöht, um Doppelbelastungen zu vermeiden. Anwendung rückwirkend ab 2022.
      • § 13 AStG-E: Einführung einer Mindestbeteiligungsgrenze von 10 % bei Kapitalanlage-Einkünften. Die Freigrenzen werden analog zu § 9 AStG-E angepasst. Anders als im Referentenentwurf soll nach dem Regierungsentwurf die Vermutungsregel des § 7 Abs. 4 Satz 2 AStG (Zusammenwirken von Gesellschaftern einer Personengesellschaft) für die einzubeziehenden nahestehenden Personen nicht gelten. Anwendung rückwirkend ab 2022 bzw. ab 2026.​
  • Wegzugsbesteuerung: Die im Referentenentwurf vorgesehene Verschärfung der Wegzugsbesteuerung in Altfällen wurde gestrichen. Das BMF-Schreiben vom 22.4.2025, das durch die Neuregelung gesetzlich kodifiziert werden sollte, gilt weiterhin. 
  • ​Investmentsteuerrecht (§ 37 InvStG-E): Vermeidung des doppelten Ansatzes von Hinzurechnungsbeträgen bei Spezial-Investmentfonds.

​Ausblick 

Entscheidend ist jetzt, dass das Gesetzgebungsverfahren zügig vorangetrieben und wie erwartet noch im Jahr 2025 abgeschlossen wird, um Unternehmen möglichst bald mehr Rechtssicherheit zu bieten. Auch die internationalen Rahmenbedingungen rund um Pillar2 bleiben dynamisch. Die USA lehnen eine Umsetzung der OECD-Vorgaben weiterhin ab und verweisen auf ihr eigenes Mindeststeuersystem. Erhebliche Spannungen entstanden zuletzt durch die Androhung von Strafsteuern gegenüber Staaten, die Pillar2 anwenden.

 

Als Reaktion darauf haben die G7-Staaten einen sogenannten „Side-by-side“-Ansatz vereinbart. Dieser sieht vor, dass unterschiedliche Mindeststeuerregelungen nebeneinander bestehen können – mit dem Ziel, eine aus US-Sicht unangemessene Besteuerung amerikanischer Unternehmen zu vermeiden. Wie dieser Ansatz auf OECD-Ebene konkret ausgestaltet wird, bleibt abzuwarten.

 

Klar ist: Das Thema Pillar 2 bleibt auf allen Ebenen – OECD, EU und national – in Bewegung.

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