IFRS 18 und die praktischen Auswirkungen der Umstellung

PrintMailRate-it

​​​​​​​​​veröffentlicht am 18. Juni 2025 | Lesedauer ca. 6 Minuten

  

Der im Frühjahr 2024 veröffentlichte neue Standard IFRS 18 „Darstellung und Angaben im Abschluss“ schlägt bereits hohe Wellen. Zwar ist er erst ab dem Geschäftsjahr 2027 verpflichtend anzuwenden, aufgrund der fundamentalen Änderungen insbeson­dere der Struktur der Gewinn- und Verlustrechnung sollten sich Unternehmen jedoch bereits frühzeitig Gedanken zu dessen praktischen Implikationen machen. Eine umfassende Analyse der vielfältigen Folgewirkungen hilft dabei, Fallstricke zu vermeiden und eine erfolgreiche Implementierung sicherzustellen.


Neue Regelungen durch IFRS 18 – Überblick

IFRS 18 ersetzt – das noch ausstehende EU-Endorsement vorausgesetzt – für ab dem 01.01.2027 beginnende Geschäftsjahre den bislang gültigen IAS 1 zur Darstellung des Abschlusses, wobei eine vorzeitige Anwendung nach erfolgtem EU-Endorsement zulässig ist. Der Standard ist retrospektiv anzuwenden, d.h. bei der Erstanwendung sind die Vorjahresinformationen entsprechend anzupassen. Viele der Inhalte aus IAS 1 werden zwar weitgehend unverändert in den neuen IFRS 18 übernommen oder in IAS 8 zu den Regelungen rund um die Rechnungslegungsmethoden verschoben, dennoch bringt IFRS 18 auch einige grundlegende Änderungen mit sich.

Einen Überblick über den Regelungsbereich von IFRS 18 liefert folgende Abbildung:

Neue Struktur der Gewinn- und Verlustrechnung
Die gravierendste Neuerung stellt wohl die neue Struktur der Gewinn- und Verlustrechnung dar (siehe Schaubild unten). Diese ist zukünftig in fünf Bereiche zu unterteilen. Neben einer wie bislang schon praktizierten separaten Darstellung der Ertragsteuern und der aufgegebenen Geschäftsbereiche, erfolgt eine neue Unterteilung der restlichen Erträge und Aufwendungen in die Bereiche Operativ, Investition und Finanzierung. Eine solche Unterteilung ist bereits aus der Kapitalflussrechnung bekannt und findet nun auch Einzug in die Gewinn- und Verlustrechnung, auch wenn die Kategorien im Detail nicht direkt mit denen der Kapitalflussrechnung vergleichbar sind.

Die drei Kategorien beinhalten im Einzelnen:​
  • Operativ: Residualkategorie, die alle Erträge und Aufwendungen umfasst, die nicht in eine andere Kategorie fallen;
  • Investition: Sämtliche Erträge und Aufwendungen aus Vermögenswerten, die einzeln und weitgehend unabhängig von anderen Ressourcen Erträge erwirtschaften, aus nicht konsolidierten Tochterunternehmen, assoziierten Unternehmen und Joint Ventures sowie aus Zahlungsmitteln und Zahlungsmitteläquivalenten;
  • Finanzierung: Sämtliche Erträge und Aufwendungen aus Verbindlichkeiten aus Transaktionen, die nur die Aufnahme von Finanzmitteln beinhalten (z.B. Bankkredite) sowie Zinsaufwendungen und Zinsänderungseffekte aus anderen Verbindlichkeiten.

Sondervorschriften für die Zuordnung einzelner Posten zu den Kategorien liefert IFRS 18 für Unternehmen mit besonderer Hauptgeschäftstätigkeit, wie Banken, Investment- oder Immobiliengesellschaften. Für solche Unternehmen werden die entsprechenden Teile aus den Kategorien Investition und Finanzierung stattdessen dem operativen Bereich zugewiesen.
Zum Vergößern bitte klicken
 
Die Zuordnung einzelner Erträge und Aufwendungen zu den drei neuen Kategorien wird in vielen Fällen eindeutig sein. In anderen Fällen, wie z.B. bei Währungsumrechnungsdifferenzen oder dem Ergebnis aus Derivaten, können sich jedoch Abgrenzungsprobleme ergeben. Unter Umständen werden Aufgliederungen einzelner Konten erforderlich, um eine sachgerechte Zuordnung zu ermöglichen.

Ein festes Gliederungsschema für die Gewinn- und Verlustrechnung – wie man es aus dem HGB kennt – sucht man nach IFRS 18 vergeblich. Unternehmen sind weiterhin dazu angehalten, eine individuelle Detailgliederung auszuarbeiten, wozu auch die neuen Leitlinien des IFRS 18 zur Aggregation und Disaggregation von Informationen dienen. Diese Leitlinien gelten für den gesamten Abschluss (also sowohl für die primären Berichtsbestandteile als auch für den Anhang) und unterstützen die Entscheidung, wie detailliert einzelne Posten in den jeweiligen Berichtsteilen aufgegliedert werden.

Innerhalb des operativen Bereichs ist weiterhin eine Untergliederung anhand des Gesamtkostenverfahrens oder des Umsatzkostenverfahrens (dann aber mit ergänzender Angabe der Aufwendungen nach Aufwandsart inkl. Zuordnung zu den Funktionsbereichen) möglich, wobei nach IFRS 18 auch Mischformen denkbar sind. Auch hier ist unternehmensindividuell zu entscheiden, welche Darstellungsform die entscheidungsnützlichste Information vermittelt. Neu definiert sind allerdings feste Zwischensummen für das operative Ergebnis und das Ergebnis vor Finanzierung und Ertragsteuern. Eine Auflistung der Mindestangaben für die Gewinn- und Verlustrechnung ist in IFRS 18.75 zu finden.

Neue Angabepflichten zu Mangament-Defined Performance Measures

Werden außerhalb des Abschlusses (z.B. auch im Lagebericht) unternehmensindividuell definierte Erfolgsgrößen berichtet, z.B. EBIT nach eigener Definition, so kann dies zukünftig eine Reihe von Anhangangaben auslösen. IFRS 18 fordert in diesem Zusammenhang neu Angaben zu sog. Management-Defined Performance Measures (MPMs). Hierbei handelt es sich um Erfolgsgrößen, die außerhalb des Abschlusses kommuniziert werden, nicht nach den Vorgaben der IFRS definiert sind und die Sicht der Unternehmensleitung auf einen Aspekt der Ertragskraft darstellen sollen. Für solche MPMs wird neben einer Beschreibung u.a. auch eine Überleitungsrechnung zur am besten vergleichbaren IFRS-Größe gefordert.

Sonstige Auswirkungen auf die Primaries

Neben den Auswirkungen auf die Gewinn- und Verlustrechnung und den Anhang gibt es auch einige wenige spezifische Änderungen an den weiteren Berichtsteilen. In der Bilanz ist nunmehr der separate Ausweis des Geschäfts- oder Firmenwerts verpflichtend. Bei der Kapitalflussrechnung wird das Wahlrecht zur Zuordnung von Zinsen und Dividenden abgeschafft. Stattdessen sind – zumindest bei Unternehmen ohne besonderer Hauptgeschäftstätigkeit – erhaltene Zinsen und Dividenden nun fest der Investitionstätigkeit und gezahlte Zinsen und Dividenden fest dem Finanzierungsbereich zuzuordnen. Dies entspricht den nationalen Regelungen für die Kapitalflussrechnung nach HGB aus DRS 21. Neu ist zudem, dass der operative Gewinn als einheitliche Ausgangsbasis zur Ermittlung des operativen Cashflows anhand der indirekten Methode festgelegt wird.

Umstellung auf IFRS 18 und die Folgewirkungen in der Praxis

Gerade die geänderte Struktur der Gewinn- und Verlustrechnung und die Pflicht zur Angabe von MPMs im Anhang können weitreichende Folgen rund um das externe, aber auch das interne Reporting mit sich bringen. Offensichtlich ist zunächst, dass die neuen Bereiche Operativ, Investition und Finanzierung in die bestehende Berichtsstruktur integriert werden müssen. Hierzu sind bestehende Reporting-Prozesse (inkl. der Reporting Packages für die Tochtergesellschaften) zu überarbeiten und insbesondere auch die IT-Systeme entsprechend anzupassen. Die neue Struktur lässt sich beispielsweise über neue GuV-Konten und ein entsprechendes Mapping bestehender Konten umsetzen. ​Für eine ausführliche Beschreibung der praktischen, insbesondere auch der technischen, Herausforderungen bei der Implementierung von IFRS 18 und einen Überblick über einen ganzheitlichen IT-basierten Projektansatz für eine effiziente Umsetzung sehen Sie bitte „Implementierung von IFRS 18​ – Praktische Herausforderungen und Lösungsansätzefür eine effiziente Umstellung​”.

Die Einführung von IFRS 18 stellt jedoch nicht lediglich eine technische Herausforderung dar. Vielmehr ist auch inhaltlich unternehmensindividuell ausgehend von der bisherigen Struktur zu analysieren, welche Verschiebungen sich innerhalb der Gewinn- und Verlustrechnung ergeben werden und wie u.a. anhand der neuen Leitlinien zur Aggregation und Disaggregation die Gliederung künftig im Detail ausgestaltet werden kann. Die neue Gliederung kann sich beispielsweise auf (bestehende) Covenants in Kreditverträgen oder auf die erfolgsabhängige Vergütung des Managements auswirken. Dementsprechend ist auch für interne Prozesse zu überdenken, ob und wie die neuen GuV-Kategorien berücksichtigt werden sollen.

Für die interne Unternehmenssteuerung stellt sich zudem die Frage, ob an bisherigen Performance-Kennzahlen festgehalten werden soll. Die Einführung neuer verpflichtender Zwischensummen durch IFRS 18 kann ein Anlass sein, auch die bisherige interne Reporting-Struktur zu überdenken. Diese Frage stellt sich insb. vor dem Hintergrund, dass extern kommunizierte individuelle Performance-Größen möglicherweise als MPM zu klassifizieren und im Anhang zu erläutern sind.

Zuletzt ist zu beachten, dass die Gewinn- und Verlustrechnung oftmals ein von vielen Stellen im Unternehmen genutztes zentrales Berichtselement darstellt, z.B. als Ausgangsbasis für die Unternehmensplanung. Änderungen an einer solch zentralen Stelle bedürfen immer einer ausführlichen (konzernweiten) Kommuni­kation inkl. Schulung für die relevanten Mitarbeitenden. Die Auswirkungen solcher Änderungen sollten also nicht unterschätzt werden.

Fazit

IFRS 18 reformiert mit der Gewinn- und Verlustrechnung ein Berichtselement, das sowohl für das externe als auch für das interne Reporting von zentraler Bedeutung ist. Die praktischen Auswirkungen sind unternehmens­individuell und sollten frühzeitig analysiert werden. Durch die frühzeitige Einbindung aller betroffenen Abteilungen lassen sich die vielfältigen Auswirkungen in den Griff bekommen und es wird sichergestellt, dass die mit einigem Ermessen versehene Umsetzung der neuen Regelungen optimal auf die unternehmensindividuellen Bedürfnisse abgestimmt ist.​

Aus dem Newsletter

​​

Kontakt

Contact Person Picture

Jeetendra Singh Verma

Diplom-Betriebswirt (FH), Certified Public Accountant

Partner

+49 911 9193 2525

Anfrage senden

Contact Person Picture

Dr. David Shirkhani

Associate Partner

+49 911 9193 2532

Anfrage senden

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu