Umsatzsteuer: Reverse Charge bei Lieferungen von edlen und unedlen Metallen

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Mit dem Zollkodex-Anpassungsgesetz wurde der Anwendungsbereich des Reverse Charge-Verfahrens bei Metalllieferungen wieder begrenzt. Bei Lieferungen von edlen und unedlen Metallen wie etwa Aluminium, Kupfer oder Silber gilt nun zudem auch eine Bagatellgrenze von 5.000 Euro.
 
Die in der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vom 3.12.2014 (Bundestag-Drucksache 18/3441) für das Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Zollkodex-Anpassungsgesetz) vorgesehene „Feinjustierung” bei der Lieferung von edlen und unedlen Metallen wurde bestätigt. Die sehnsüchtig erwartete und v.a. aus Praktikabilitätsgründen von Unternehmern und Verbänden geforderte Bagatellgrenze von EUR 5.000 (Nettoentgelt) wurde nach Zustimmung des Bundesrats am 19.12.2014 mit dem Zollkodex-Anpassungsgesetz am 30.12.2014 verkündet. Daneben ist auch ein angepasster Katalog an Metallen und insoweit ein (im Vergleich zur am 1.10.2014 eingeführten Regelung) eingeschränkter Anwendungsbereich des sog. Reverse Charge-Verfahrens bei Metalllieferungen zum 1.1.2015 in Kraft getreten.
 
Bei der in Deutschland umsatzsteuerbaren und steuerpflichtigen Lieferung von edlen und unedlen Metallen geht nunmehr erst dann die Steuerschuld auf den Unternehmerkunden über, wenn die Grenze von EUR 5.000 netto – grundsätzlich zu verstehen pro Liefer-/Bestellvorgang bzw. zusammenhängendem wirtschaftlichen Vorgang – überschritten wird. Eine entsprechende Regelung wird z.B. auch für die Lieferung von Mobilfunkgeräten in § 13b Abs. 2 Nr. 10 UStG praktiziert.
 
Betroffene Gegenstände im Sinne „edler/unedler Metalle” sind nach § 13b Abs. 2 Nr. 11 i.V.m. Anlage 4 des UStG v.a. Platin und Silber, jeweils in Rohform, als Halbzeug oder Pulver, Roheisen oder Spiegeleisen, Blei, Zink, Aluminium (in Rohform, Pulver, Flitter), nicht raffiniertes und raffiniertes Kupfer sowie Cermets. Im Zuge der erneuten Gesetzesänderung gab es noch einige Anpassungen hinsichtlich der betroffenen Metalle. Beispielsweise sind Gold, Selen oder Aluminium in Folie sowie – allgemein – Draht, Stangen, Bänder, Bleche und andere flachgewalzte Erzeugnisse und Profile nicht mehr in der Anlage 4 enthalten.
 
Die Steuerschuld für die Lieferung von Gold geht damit nur noch dann auf den Leistungsempfänger über, wenn es sich um Feingold im Sinn des § 13b Abs. 2 Nr. 9 UStG (Feingehalt von mindestens 325 Tausendstel) handelt. Eine Bagatellgrenze ist dabei nicht zu beachten.
 
Zudem wurde der Übergang der Steuerschuld für die Lieferung von aus Aluminium hergestellten Folien und dünnen Bändern (0,2 mm oder weniger), Stangen und Profilen, Drähten, Blechen und Bändern (mehr als 0,2 mm) von der Regelung des § 13b Abs. 2 Nr. 11 i.V.m. Anlage 4 des UStG wieder ausgenommen. Damit sind insbesondere die im Vorfeld viel kritisierten Abgrenzungsschwierigkeiten, z.B. bei der Lieferung sog. Haushaltsaluminiumfolie, beseitigt; eine Bagatellgrenze ist diesbezüglich schon nicht (mehr) beachtlich.
 

Hintergrund

Die „Feinjustierung” mittels einer Bagatellgrenze und eines angepassten Metallkatalogs im Vergleich zur Gesetzesfassung vom 1.10.2014 war notwendig, da ursprünglich auch Waren des typischen Endverbrauchs erfasst waren, wie z.B. die Lieferung von (Haushalts-)Aluminiumfolie.
 
Die jetzige Lösung mittels Bagatellgrenze (sofern man diese infolge der zuvor genannten Gesetzesänderung zum 1.1.2015 überhaupt noch braucht) kommt allen Handelsstufen zugute, insbesondere dem Einzelhandel, für den sich erhebliche systemseitige Umstellungs- und Handhabbarkeitsprobleme ergeben hätten. Der Unternehmerkunde muss infolge dieser Anpassung beim Kauf einer Aluminiumfolie im deutschen Supermarkt nicht mehr im Rahmen von Reverse Charge deutsche Umsatzsteuer abführen. Andererseits sind aber auch auf Vorstufen in einer Unternehmenskette diese Bagatellgrenzen zu beachten sowie systemseitig differenziert und damit aufwendig abzubilden.
 
Die vorgesehene Bagatellgrenze ist unionsrechtskonform; die Mitgliedstaaten dürfen die Bedingungen für den Übergang der Steuerschuld festlegen. Eine Bagatellgrenze war beispielsweise in Österreich bereits umgesetzt worden. Bisher lehnte das BMF auf Bitte der Verbände zu Recht ab, eine solche Bagatellgrenze lediglich im Wege einer Verwaltungsanweisung vorzusehen. Zur Rechtssicherheit und Verbindlichkeit besteht allein die Möglichkeit der Aufnahme in das Umsatzsteuergesetz selbst, was vom Gesetzgeber erkannt wurde und nunmehr vorgesehen ist.
 
Die Finanzverwaltung beanstandet es nach aktuellen BMF-Schreiben vom 5.12.2014 und 22.1.2015 zum einen nicht, wenn bei Lieferungen von Edelmetallen (mit Ausnahme der Lieferungen von Gold, soweit sie bereits vor dem 1.10.2014 unter § 13b Abs. 2 Nr. 9 UStG fielen), unedlen Metallen, Selen und Cermets, die nach dem 30.9.2014 und vor dem 1.7.2015 ausgeführt werden, die Vertragspartner einvernehmlich noch von der Steuerschuldnerschaft des Leistenden ausgegangen sind. Dies gilt, solange der Umsatz zutreffend versteuert wird/wurde. Auch Umsätze, die im Zeitraum vom 1.1.2015 bis einschließlich 30.6.2015 ausgeführt werden, können demnach auf Basis der Rechtslage nach dem Kroatien-BegleitG netto berechnet werden, auch wenn die erneute Änderung durch das Zollkodex-Anpassungsgesetz dem entgegensteht.
 

Hinweise für die Praxis und Handlungsbedarf

In der Übergangsfrist der Anwendung von Reverse Charge für die Lieferung von edlen/unedlen Metallen bis Ende Juni 2015 (infolge Nichtbeanstandung einer Nichtanwendung von Reverse Charge für ausgeführte Umsätze bis einschließlich 30.6.2015) empfangen Unternehmer, die diese Produkte beziehen, derzeit Rechnungen, die entweder Umsatzsteuer ausweisen oder schon netto (ohne gesonderten Umsatzsteuer-Ausweis) erteilt werden. Bei Nettofakturierung hat der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer abzuführen. Systemseitig, buchhalterisch und zur Rechnungsstellung ist das sog. Reverse Charge-Verfahren für diese erbrachten und bezogenen Umsätze bereits jetzt von leistenden und leistungsempfangenden Unternehmen abzubilden.
 
Betroffene Unternehmer, die solche Metalle liefern oder beziehen, sollten detailliert anhand der Zolltarifnummern prüfen, ob sie mit ihren Ausgangs- und/oder Eingangsumsätzen von dem Katalog in Anlage 4 zum UStG betroffen sind, um umsatzsteuerliche Risiken infolge unzutreffender Abrechnung und Abführung von Umsatzsteuer zu vermeiden.
 
Spätestens seit dem 1. Juli 2015 schulden Unternehmer bei Bezug dieser Metalle die Umsatzsteuer, haben aber grundsätzlich das Recht auf Vorsteuerabzug im selben Voranmeldungszeitraum. Das Reverse Charge-Verfahren ist im ERP- oder Buchhaltungssystem sowie in den umsatzsteuerlichen Erklärungen entsprechend abzubilden. Dabei muss aber in der Praxis – so hilfreich die Bagatellgrenze erscheinen mag – nach den Bemessungsgrundlagen bzw. der Bagatellgrenze ebenfalls auf Seiten beider Vertragsparteien differenziert werden, weil unter der Bagatellgrenze vom Gesetzeswortlaut her kein Reverse Charge erfolgt und vom Leistenden in der Rechnung dann gesondert Umsatzsteuer auszuweisen ist.
  
zuletzt aktualisiert am 28.01.2015

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Dr. Heidi Friedrich-Vache

Diplom-Kauffrau, Steuerberaterin, Umsatzsteuerberatung | VAT Services

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