US-Steuerreform: Rückführungssteuer („Repatriation Tax”)

PrintMailRate-it

Einer der vielleicht bedeutendsten Punkte des Steuererleichterungs- und Beschäftigungsgesetzes des Jahres 2017 („Tax Cuts and Jobs Act of 2017”) - die Rückführungssteuer gemäß IRC § 965 - wurde als Mechanismus gepriesen, mit dessen Hilfe die USA zu einem modifizierten territorialen Besteuerungssystem wechseln werden. Das neue Gesetz sieht eine fiktive Ausschüttung und Einmalbesteuerung bisher thesaurierter, im Ausland erzielter Gewinne vor.

 

 

 

Eine wesentliche Änderung des Anwenderkreises führt dazu, dass maßgeblich mehr Steuerzahler dieser Einmalsteuer unterliegen als bisher angenommen. Da die Steuer bereits den Veranlagungszeitraum 2017 betrifft, ist es wichtig, sich frühzeitig mit den Auswirkungen auf Jahresabschlüsse und Cash-Flows auseinanderzusetzen. Um diese zu bewerten, sollten alle Strukturen unverzüglich überprüft werden, in denen ein US-Unternehmen oder ein US-Steuer-Bürger (direkt oder indirekt) mindestens 10 Prozent eines ausländischen Unternehmens in jeder beliebigen Struktur oder Verflechtung hält.

 

Wer unterliegt der Steuer?

Jeder US-Anteilseigner (natürliche oder juristische Person) einer sogenannten „deferred foreign income corporation” („DFIC”) unterliegt im Jahr 2017 der Rückführungssteuer.

 

Eine „DFIC" ist dabei jede sog. „Specified Foreign Corporation” („SFC”), die zu den Stichtagen 2. November 2017 oder 31. Dezember 2017 einen positiven Bestand an bisher unversteuertem und im Ausland erwirtschaftetem Einkommen aufweist. Relevant in diesem Zusammenhang sind Einkommen, die nach 1986 erzielt wurden.

  

Der Begriff der „Specified Foreign Corporation” umfasst:

 

  • beherrschte ausländische Unternehmen („Controlled Foreign Corporations”, „CFC”) und
  • ausländische Unternehmen, an denen ein US-Unternehmen mindestens 10 Prozent der Stimmrechte hält. 

   

Als „CFC” gilt jedes ausländische Unternehmen, bei dem über 50 Prozent der Stimmrechte aller stimmberechtigten Anteils- bzw. Aktiengattungen während des Steuerjahres für mindestens 30 Tage direkt, indirekt oder faktisch von US-Gesellschaftern gehalten wurden.

  

Ausblick

Für die Steuerjahre nach dem 31. Dezember 2017 wird die Definition des US-Anteilseigners auf jede US-Person ausgeweitet, die mindestens 10 Prozent der Stimmrechte oder mindestens 10 Prozent der Vermögensrechte hält. Außerdem wurde die „CFC”-Definition ausgeweitet, indem die erforderliche Haltedauer von 30 Tagen auf einen beliebigen Tag während des Steuerjahres verkürzt wurde. Obwohl diese Änderungen die Berechnung der Rückführungssteuer nicht beeinflussen, wird die Bestimmung einer „CFC” in der Zukunft dadurch beeinflusst.

 

Hintergrundinformationen zur Behandlung von fiktiven Dividenden als Einkommen nach den sogenannten „Subpart-F”-Regeln

Grundsätzlich unterliegen die Einkünfte eines ausländischen Unternehmens erst der US-Besteuerung, wenn sie als Dividenden an den US-Anteilseigner ausgeschüttet werden. Bestimmte Einkommensbestandteile (sog. „Subpart-F-Einkommen”) unterlagen allerdings schon nach bisherigem Recht der US-Sofortbesteuerung (unabhängig von einer tatsächlichen Dividendenausschüttung).

 

Nach der neuen Gesetzgebung erfolgt die Besteuerung der bisher unversteuerten thesaurierten Gewinne („accumulated post-1986 deferred foreign income”), indem der ermittelte Betrag in der Steuererklärung 2017 dem sog. „Subpart-F-Einkommen” zugerechnet wird.

 

Das bedeutet, dass ein US-Anteilseigner eines betroffenen Unternehmens in seiner Steuererklärung für 2017 zusätzliche steuerpflichtige Einkünfte aus seinem proportionalen Anteil an den nach 1986 thesaurierten Gewinnen deklarieren muss (sog. „mandatory inclusion amount”).

 

Steuerpflichtige Erträge

Die Rückführungssteuer wird ermittelt auf Basis der sogenannten „accumulated post-1986 Earnings & Profits" („E&P”), also auf dem verfügbaren Ausschüttungspotential. Dieser Betrag entspricht im Wesentlichen dem nach 1986 thesaurierten Einkommen der ausländischen Gesellschaft, soweit die Gesellschaft während dieser Zeit als „SFC” eingestuft war. Einkommensbestandteile, die bereits in der Vergangenheit der US-Besteuerung unterlagen (sog. „effectively connected income”), sind von der (jetzigen) Besteuerung ausgenommen.  

 

Um eine Doppelerfassung zu vermeiden, gelten Sonderregelungen für in 2017 gezahlte Dividenden, die eine Anpassung der „E&P" erforderlich machen.

 

Das neue Gesetz ermöglicht die Verrechnung von Verlusten (sog. „E&P deficits”) mit positivem Einkommen, jedoch muss es sich hier nicht notwendigerweise um eine gleichwertige Verrechnung handeln. Außerdem können Anpassungen in Bezug auf abzugsfähige Zahlungen zwischen „SFC” erforderlich sein, die zwischen dem 2. November 2017 und dem 31. Dezember 2017 stattfanden.

 

Es ist anzumerken, dass das zusätzliche steuerpflichtige Einkommen („mandatory inclusion amount”) für Zwecke der Rückführungssteuer auf dem höheren Wert der „E&P" des ausländischen Unternehmens zum 2. November 2017 oder zum 31. Dezember 2017 basiert. Die tatsächliche Steuerberechnung berücksichtigt jedoch die Liquiditätslage des Unternehmens an mehreren Stichtagen.

 

Wie wird die Steuer berechnet?

Obwohl die Berechnungsmechanismen sehr kompliziert sind, besteht der letztendliche Effekt darin, Einkommen, das liquiden Vermögenswerten wie z.B. Barbeständen zuzuordnen ist („ausländische Gesamtbarbestände”), mit einem Steuersatz von 15,5 Prozent zu besteuern und Einkommen, das illiquiden Vermögenswerten zuzuordnen ist mit einem Steuersatz von 8 Prozent zu besteuern.

 

Die ausländischen Gesamtbarbestände eines ausländischen Unternehmens im Kalenderjahr sind zu den Stichtagen 31. Dezember 2017, 31. Dezember 2016 und 31. Dezember 2015 zu bewerten. Konkret werden die Barbestände als höherer der folgenden Werte definiert: Barbestände zum 31. Dezember 2017 oder 50 Prozent der Summe der Barbestände zum 31. Dezember 2016 und zum 31. Dezember 2015.

 

Die ausländischen Gesamtbarbestände umfassen:

  

  •  vom ausländischen Unternehmen gehaltene Barbestände inkl. Guthaben bei Kreditinstituten;
  • die Nettoforderungen (Überschuss der Kundenforderungen über die Lieferantenverbindlichkeiten, jedoch nicht kleiner Null) des ausländischen Unternehmens, und
  • den Marktwert folgender, vom ausländischen Unternehmen gehaltener, Vermögenswerte:
  • marktgängige, bewegliche und gemischt nutzbare Wirtschaftsgüter (sog. „personal property”)
  • bestimmte Wertpapiere (Festgeldanlagen, Sparbriefe, Schuldverschreibungen, Anleihen, Wertpapiere, Bundes-, Staats- und andere Anleihen, ausgegeben von Kommunen oder anderen öffentlichen Organisationen:
  • Fremdwährungsbestände;
  • sonstige Forderungen mit einer Laufzeit von unter einem Jahr;
  • jegliche Vermögensgegenstände, die vom US-Finanzminister als den oben genannten Vermögensgegenständen wirtschaftlich gleichwertig eingestuft werden. Aktuell legt Mitteilung 2018-7 fest, dass Barvermögen auch den Marktwert sämtlicher derivativer Finanzinstrumente umfasst, die nicht als sog. „bona fide hedging transaction” gelten.

  

Beispiel

Angenommen, A ist ein US-Anteilseigner und hält 100 Prozent am ausländischen Unternehmen F. F ist ein beherrschtes ausländisches Unternehmen („CFC”). Die Aktiva der Bilanz von F stellen sich zum 31. Dezember 2017 wie folgt dar:

 

 31. Dezember 2017

Liquide Vermögenswerte

 
Barbestände1.700
Forderungen2.400
Handelbare Wertpapiere1.800
         Summe Liquide Vermögenswerte5.900
  

Illiquide Vermögenswerte

 
Vorräte2.600
Sachanlagen (abzüglich kumulierter Abschreibungen)300
Sonstige Vermögenswerte100
            Summe Illiquide Vermögenswerte3.000
  
Summe Vermögenswerte 8.900

 

Zur Vereinfachung wurden in diesem Beispiel die flüssigen Mittel zum 31. Dezember 2017 verwendet. Jedoch müssen flüssige Mittel, wie oben beschrieben, zu verschiedenen Stichtagen gewichtet bewertet werden.

 

Angenommen, das beherrschte ausländische Unternehmen F hat nach 1986 entstandenes, bislang nicht versteuertes Einkommen in Höhe von 6.200 US-Dollar zum 2. November 2017 sowie in Höhe von 5.800 US-Dollar zum 31. Dezember 2017. In diesem Fall wird der Wert zum 2. November 2017 herangezogen, da er den Wert zum 31. Dezember 2017 übersteigt.

 

Die Rückführungssteuer von A wird wie folgt berechnet:
 

​A​Einkommen („E&P”)​6.200
​Freibetrag (Berechnung unten)​(3.519)
​C​Zu versteuerndes Einkommen (siehe Berechnung unten)​2.681
Steuer zum Grenzsteuersatz39.6 %$1.062

    

Berechnung des Freibetrages Liquide Vermögenswerte Illiquide Vermögenswerte* Gesamt
Vermögen gesamt5.9003006.200
Freistellung %55,71%
[(35%-15,5%)/35%]
77,14%
[(35%-8%)/35%]
 
Freibetrag3,287232 $3.519

 

 * Illiquide Vermögenswerte werden bestimmt als „E&P" („mandatory inclusion amount”) abzüglich der Liquiden Vermögenswerte (d.h., die illiquiden Vermögenswerte sind eine Differenzgröße)

 

Um eine Besteuerung mit den reduzierten Steuersätzen von 15,5 Prozent bzw. 8 Prozent zu erreichen, wird eine partielle Freistellung gewährt, die sich aus dem Verhältnis des reduzierten Steuersatzes mit dem maximalen Körperschaftsteuersatz von 35 Prozent ergibt.

 

Berücksichtigen Sie bitte, dass das Einkommen „A”, im Gegensatz zum zu versteuernden Einkommen „C”, in folgenden Steuerjahren betrachtet wird als bereits besteuertes Einkommen. Das wird dadurch erreicht, dass das Einkommen dem sog. „Subpart-F-Einkommen” zugerechnet wird.

 

Entrichtung der Steuer

Unternehmen können die Rückführungssteuer mit angenommenen ausländischen Steuergutschriften verrechnen; gleichwohl kann der Betrag einer solchen Gutschrift beschränkt sein. Natürliche Personen können die Steuer nicht mit ausländischen Steuergutschriften verrechnen, sofern sie sich nicht für eine Besteuerung als Unternehmen gemäß IRC § 962 entscheiden. US-Anteilseigner (natürliche und juristische Personen), die zur Entrichtung dieser Steuer verpflichtet sind, können beantragen, die Steuerschuld in ungleichen Teilbeträgen über acht Jahre hinweg zu begleichen. Die erste Teilzahlung ist dabei fällig am Tag der Steuererklärung für das Jahr 2017 (ohne Fristverlängerung).

 

Erweiterter Anwenderkreis

Das neue Gesetz beinhaltet eine weitreichende Ausweitung des Anwenderkreises, so dass zukünftig Unternehmen, die bisher nicht als beherrschte ausländische Unternehmen galten, in diese Kategorie fallen.

 

Beispiel:

 

Legende:
I                      US-Bürger

FC1                 ausländisches Unternehmen

FC2                 ausländisches Unternehmen

US1                 US-Unternehmen

Bisheriges Gesetz

  • weder FC1 noch FC2 sind beherrschte ausländische Unternehmen („CFC”)
  • Die Beteiligung von FC1 an FC2 wird US1 nicht zugerechnet

  

Neues Gesetz

  • Da die Beteiligung von FC1 an FC2 nun US1 zugerechnet wird, gilt FC2 nun als beherrschtes ausländisches Unternehmen („CFC”)

    

 

 

Im obigen Beispiel unterläge das US-Individuum der Rückführungssteuer nach § 965, möglicherweise einer Anrechnung gemäß § 951 (a) Unterabschnitt F und darüber hinaus einer Einreichungspflicht für Category 5, Form 5471.

 

Die Bestimmung des Anwenderkreises ist äußerst komplex und muss in Abhängigkeit vom konkreten Einzelfall analysiert werden.

 

Wichtige Schlussfolgerungen/Schritte

  • „Specified Foreign Corporation" („SFC”) müssen ihre bisher unversteuerten thesaurierten Gewinne nach 1986 für jene Periode bestimmen, in denen sie als SFC galten.
  • US-Unternehmen, die der Rückführungssteuer unterliegen, müssen in den Jahresabschlüssen für 2017 Rückstellungen für diese Steuer bilden.
  • Natürliche Personen, die als Anteilseigner der Rückführungssteuer unterliegen, müssen analysieren, ob das Wahlrecht gemäß IRC § 962 ausgeübt werden sollte, und sollten genug Liquidität vorhalten, um die Steuer entrichten zu können.
  • Sämtliche Strukturen, in denen ein US-Unternehmen oder ein US-Bürger (direkt oder indirekt) mindestens 10 Prozent eines ausländischen Unternehmens an einer beliebigen Stelle in der Struktur hält, sollten unverzüglich in Hinblick auf die Auswirkungen der Rückführungssteuer geprüft werden.

  

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu