Gesetz zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb sowie zur Änderung weiterer Gesetze

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​Sachstand

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BMF-Re­fe­ren­ten­ent­wurf

Gesetzentwurf (Bun­des­re­gie­rung, Bun­des­rat, aus den Reihen des Bun­des­tags) 

Bundesrat: Finanzaus­schuss Bundestag:
1. Lesung
Bundesrat: Stellung­nahme

Finanzaus­schuss des Bundes­tags 

Bundestag:
2./3. Lesung 

Bundesrat:
Beschluss 

Verkündung im BGBl 

12.2.2021

31.3.2021

Votum im Um­fra­ge­ver­fahren bis 22.4.2021  6.5.2021 Ausschüsse: 26.4.2021
Bundesrat: 7.5.2021
5.5.2021 10.6.2021 25.6.2021

30.6.2021

 

zuletzt aktualisiert am 23. Dezember 2021 | Lesedauer ca. 4 Minuten

 

Angesichts diverser Skandale zu Steueroasen und der damit verbundenen Steuerver­meidung – man denke nur bspw. an die „Panama Papers“ oder jüngst die „Pandora Papers“ – verfolgt die EU seit geraumer Zeit verschiedene Ansätze, inter­nationale steuerliche Mindeststandards auch in anderen Ländern durchzusetzen. So führt die EU eine sog. „schwarze Liste“ nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuer­zwe­cke (Steueroasen). Deutschland und die anderen EU-Mitgliedstaaten haben ver­ein­bart, die Schlussfolgerungen des Rates der Europäischen Union zu dieser schwarzen EU-Liste in allen EU-Mitgliedstaaten bis spätestens 1. Juli 2021 umzu­setzen. Es soll ein koordiniertes Vorgehen der Mitgliedstaaten und damit eine größtmögliche Effektivität der Maßnahmen gegen Steueroasen erreicht werden.

 

 

 

 

Deutschlands Maßnahmenumsetzung erfolgt im Rahmen des sog. „Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb und zur Änderung weiterer Gesetze“. Ausgehend von den Schlussfolgerungen des Rates der Europäischen Union zur schwarzen Liste vom Dezember 2019 sowie den seitdem in diesem Zusammenhang durch die Gruppe Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung) verhandelten und vom Rat gebilligten Maßnahmen sieht das Gesetz verschiedene (Abwehr-)Maßnahmen vor, die im Verhältnis zu Steuer­hoheitsgebieten Anwendung finden, die sich auf der schwarzen Liste der EU befinden. Personen und Unter­nehmen sollen durch gezielte verwaltungsseitige und materiell-steuerrechtliche Maßnahmen davon abgehalten werden, Geschäftsvorgänge zu natürlichen und juristischen Personen in den Steuerhoheitsgebieten fortzusetzen oder aufzunehmen.
 
Den Hauptteil des Gesetzes stellt die Einführung eines „Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb“ (sog. Steueroasen-Abwehrgesetz, kurz: StAbwG) dar. Daneben enthält es entsprechende Änderungen in weiteren Gesetzen (u.a. Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Abgabenordnung, Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz, Finanzverwaltungsgesetz, Bewertungsgesetz, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Grunderwerbsteuergesetz) und sieht die Aufhebung der damit überholten Steuerhinterziehungsbekämpfungsverordnung vor. Im Folgenden finden Sie die wichtigsten Punkte des StAbwG:

 

Voraussetzungen für die Anwendung des StAbwG

  • Anwendbar auf natürliche Personen, Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen (§ 1 Abs. 1 StAbwG) einschließlich Betriebsstättensachverhalte.
  • Erfasst werden Ertragsteuern (§ 1 Abs. 2 StAbwG); nicht erfasst werden die Umsatzsteuer (einschließlich der Einfuhrumsatzsteuer), Einfuhr- und Ausfuhrabgaben sowie Verbrauchsteuern.
  • Es werden  Geschäftsbeziehungen oder Beteiligungsverhältnisse in oder mit Bezug zu einem (oder mehreren) nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet(en) (= Geschäftsvorgang) unterhalten.

    Hinweis: Als Umgehungsschutz ist die Anwendung des Gesetzes auch bei Einschaltung einer in einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet belegenen Betriebsstätte vorgesehen.

    Nicht kooperative Steuerhoheitsgebiete sind nach dem StAbwG Steuerhoheitsgebiete, die anerkannte Standards in den Bereichen Transparenz in Steuersachen nicht erfüllen, die unfairen Steuerwettbewerb betreiben oder sich nicht zur Umsetzung der BEPS-Mindeststandards verpflichtet haben. Zusätzlich müssen die Steuerhoheitsgebiete in der im Amtsblatt der EU veröffentlichten „EU-Liste nicht-kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke” (sog. schwarze Liste) und in einer vom Bundesfinanz- und Bundes­wirt­schafts­ministerium gemeinsam zu erlassenden Rechtsverordnung aufgeführt sein. (§§ 7 i.V.m. §§ 4-6 StAbwG)

    Folgende Länder und Gebiete befinden sich auf der vom EU-Rat am 5. Oktober 2021 angenommenen schwarzen Liste der EU: Amerikanisch-Samoa, Fidschi, Guam, Palau, Panama, Samoa, Trinidad und Tobago, die Amerikanischen Jungferninseln und Vanuatu. Die Liste erhält mit der am 12. Oktober 2021 erfolgten Veröffentlichung im Amtsblatt der EU Gültigkeit.
     

Bei Vorliegen der Voraussetzungen sind folgende Abwehrmassnahmen und Mitwirkungs­pflichten vorgesehen:

  • Versagung des Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzugs (§ 8 StAbwG): Betriebsausgaben und Werbungskosten, die in Bezug zu einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet stehen, können nicht mehr steuerlich berücksichtigt werden.
     
    Ausnahme: Die den Aufwendungen entsprechenden Erträge unterliegen beim Empfänger der deutschen Steuerpflicht oder es wird aufgrund der aus den Aufwendungen resultierenden Einnahmen ein Hinzu­rech­nungsbetrag nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Außensteuergesetz angesetzt.
  • Verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung (§ 9 StAbwG): Hinzurechnungsbesteuerung auch bei aktiven Tätigkeiten, wenn eine Zwischengesellschaft in einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet (Steueroase) ansässig ist: Sowohl die niedrig besteuerten Einkünfte der Zwischengesellschaft aus passiven als auch aus aktiven Tätigkeiten unterliegen damit der Hinzurechnungsbesteuerung, unabhängig von den Voraus­set­zungen des Außensteuergesetzes.
     
    Rückfallklausel: Falls ohne Anwendung von § 9 StAbwG die Besteuerung höher wäre, kommt § 9 StAbwG nicht zur Anwendung.
     
    Für in einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet gelegene Betriebsstätten gilt ebenfalls eine verschärfte Regelung.
  • Quellensteuermaßnahmen (§ 10 StAbwG): Erhebung einer Abzugssteuer unter Erweiterung der be­schränk­ten Steuerpflicht des § 49 Einkommensteuergesetz auf Einkünfte aus Finanzierungsbeziehungen (ins­be­sondere Darlehensverhältnisse und Finanzierungsleasing), Versicherungs- und Rückversicherungs­leis­tun­gen, der Erbringung von sonstigen Dienstleistungen (insbesondere Rechts- und Beratungsleistungen und Onlinewerbung) und dem Handel, soweit sie als Aufwendungen oder Werbungskosten bei einem anderen, unbeschränkt Steuerpflichtigen ungeachtet des § 8 Satz 1 StAbwG im Rahmen einer inländischen Veran­lagung zu berücksichtigen wären. Beispiel: Zinsaufwendungen, die an in Steueroasen ansässige Personen geleistet werden. Der Abzugs­steuersatz beträgt 15 Prozent zzgl. Solidaritätszuschlag.
  • Gewinnausschüttungsmaßnahmen (§ 11 StAbwG): Versagung der Begünstigung bei Gewinnaus­schüt­tungen und Anteilsveräußerungen. § 11 Abs. 1 und Abs. 2 StAbwG entspricht den §§ 3 und 4 der bisherigen Steuerhinterziehungsbekämpfungsverordnung.
     
    Weist der Steuerpflichtige nach, dass die Ausschüttungen aus Beträgen stammen, die bei der ausschüt­tenden Gesellschaft bereits der inländischen Quellenbesteuerung nach § 10 StAbwG unterlegen haben, kommt die Versagung der Steuerbefreiung bei Gewinnausschüttungen und Anteilsveräußerungen nach § 11 StAbwG nicht zur Anwendung. Entsprechendes gilt, wenn für die Beträge bereits das Abzugsverbot nach § 8 StAbwG angewendet wurde.
  • Gesteigerte, d.h. über § 90 Abgabenordnung hinausgehende Mitwirkungspflichten für Steuerpflichtige, die Geschäftsbeziehungen in die vorgenannten Steuerhoheitsgebiete unterhalten. Insbesondere: Offenle­gung von Verträgen, detaillierte Beschreibung von Funktionen und Risikoübernahmen sowie Aufzeichnung der eingesetzten (auch immateriellen) wesentlichen Vermögenswerte.
     

Doppelbesteuerungsabkommen schränken die Vorschriften des StAbwG weder ein noch schließen sie sie aus; deutsche Besteuerungsrechte werden nicht durch Doppelbesteuerungsabkommen mit nicht kooperativen Steuerhoheitsgebieten berührt (qualifizierter Treaty Override), § 1 Abs. 3 StAbwG.
 
Zeitliche Anwendung der Abwehrmaßnahmen und Mitwirkungsvorschriften des StAbwG: Grundsätzlich ab dem Folgejahr des Inkrafttretens der Rechtsverordnung, in der ein Steuergebiet als nicht kooperativ genannt wird, erstmalig ab 1. Januar 2022. Die erforderliche Rechtsverordnung wurde am 23. Dezember 2021 im Bundesgesetzblatt bekanntgegeben. Die Liste der in der Rechtsverordnung genannten nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiete entspricht der Staatenliste in der Black List der EU.

 

Die vorgesehene Ausnahme (Anwendung erst ab 1. Januar 2023) für Steuer­hoheits­gebiete, die am 1. Januar 2021 nicht auf der im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke genannt waren, betrifft aktuell kein Steuerhoheits­gebiet. Dominica, das 2021 zwischenzeitlich auf die Liste gesetzt worden war, wurde bei der letzten Aktuali­sierung wieder von der Liste gestrichen.

 

Fallen die Voraussetzungen für die Anwendung des StAbwG im Laufe eines Kalender- bzw. Wirtschaftsjahres weg, finden die Abwehrmaßnahmen bereits ab Beginn des betreffenden Jahres (rückwirkend) keine Anwendung mehr.
 
In folgenden Fällen gilt abweichend von der grundsätzlichen Anwendung im Folgejahr des Inkrafttretens der Rechtsverordnung eine längere Frist:

  • Verbot des Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzugs (§ 8 StAbwG): Anwendung ab dem Beginn des vierten Jahres nach Inkrafttreten der Verordnung
  • Maßnahmen bei Gewinnausschüttungen und Anteilsveräußerungen (§ 11 StAbwG): Anwendung ab dem Beginn des dritten Jahres nach Inkrafttreten der Verordnung.
     

Weicht das Wirtschaftsjahr vom Kalenderjahr ab, ist auf den Beginn des nächsten Wirtschaftsjahres abzu­stellen.
 
Inkrafttreten des Gesetzes: Am 1. Juli 2021 (Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt).

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Prof. Dr. Florian Haase, M.I.Tax

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerberater

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