Wettbewerbsverstoß durch fehlende Produktkennzeichnung

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​veröffentlicht am 1. Oktober 2019 | Lesedauer ca. 3 Minuten

von Ines Maier und Daniela Jochim

 

Das Fehlen einer gesetzlich vorgeschriebenen Produktkennzeichnung ist durchaus dazu geeignet, die Kaufentscheidung eines Verbrauchers zu beeinflussen. Unternehmen, die sich – bewusst oder unbewusst – gesetzlichen Kennzeichnungs­pflichten widersetzen, verschaffen sich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber ihren Konkurrenten. Diesem „Vorsprung durch Rechts­bruch“ hat die Rechtsprechung jüngst im Falle des allseits bekannten Abfall­symbols für Elektrogeräte eine Absage erteilt. Die sog. Product-Compliance wird damit für Unternehmen immer wichtiger.
 


 
Was war passiert: Es kam zum Streit zwischen zwei Wett­­bewerbern anlässlich des Vertriebs von Lampen, insbesondere Tischlampen. Das deutsche Elektro- und Elektronikgerätegesetz sieht vor, dass Elektrogeräte und damit auch die streitigen Tisch­lampen, mit dem Symbol der durchge­strichenen Abfall­tonne gekenn­zeichnet werden müssen, was dem Käufer des Produkts vermittelt, dass diese Lampen nicht im „normalen” Hausmüll entsorgt werden dürfen. Eines der beiden Unternehmen hatte diese Kenn­zeichnung auf ihren Lampen nicht angebracht. Zwar war das Symbol in der Tat in der Gebrauchsanleitung der Lampe abgedruckt. Das reichte in diesem Fall nach den gesetzlichen Vorgaben aber gerade nicht aus.

  

Nach der Ansicht des OLG Frankfurt (Urteil vom 25. Juli 2019, Az. 6 U 51/19) kann nicht angenommen werden, dass alle Verbraucher die Gebrauchs­anweisung zur Kenntnis nehmen bzw. aufbe­wahren und zudem hätte das Symbol problemlos – ohne Funktionsbeeinträchtigung – am Boden der Lampe angebracht werden können. § 9 Abs. 2 Elektro- und Elektronik­gerätegesetz sieht insofern nämlich vor, dass die Kennzeichnung „dauerhaft“ auf dem Gerät selbst angebracht sein muss. Nur in Ausnahmefällen, wenn es aufgrund der Größe oder der Funk­tion des Gerätes „erforderlich“ ist, kann das Symbol statt auf dem Gerät auf die Verpackung, die Ge­brauchs­anweisung oder den Garantieschein aufgedruckt werden. Damit verstieß die Art der Kennzeich­nung gegen die gesetzlichen Vorgaben. Die Lampen waren folglich nicht verkehrsfähig, was zunächst einmal nach § 45 Abs. 1 Nr. 8 Elektro- und Elektronik­gerätegesetz eine Ordnungswidrigkeit darstellt und mit einer Geldbuße von bis zu 100.000 Euro belegt werden kann. Zudem droht die Gefahr, dass die Behörde das weitere Inverkehrbringen der nicht ordnungs­gemäß gekennzeichneten Lampen untersagt.

 

Ob das Weglassen dieses Symbols darüber hinaus auch einen Wettbewerbsverstoß darstellt, war bislang streitig. Das OLG Frankfurt hat dies nun bejaht: Das ElektroG diene zwar vorrangig abfall­wirtschaftlichen Zielen, mittelbar aber auch dem Verbraucherschutz. Der Verbraucher könne nämlich anhand des Symbols bereits beim Kauf erkennen, dass er das Produkt später nicht im Hausmüll entsorgen kann, also mgl. einen aufwändigeren Versorgungsweg wählen muss. Lässt der Her­steller die Kennzeichnung weg, werde dem Ver­braucher eine wesentliche Information vorenthalten, mit der Folge, dass er u.U. das vermeint­lich „leichter entsorgbare” Produkt ohne Kennzeichen dem ordnungsgemäß gekennzeich­­neten und damit in der Entsorgung aufwändigeren Produkt eines Konkurren­ten vorzieht.

 

Die gesetzes­konforme Kennzeichnung von Produkten ist für Unternehmen also auch wettbewerbsrechtlicher Sicht extrem wichtig. Dabei ist die Prüfung dessen, was alles auf einem Produkt und dessen Aus­stattung angegeben werden muss, im Vorfeld oftmals alles andere als einfach. Zur Kennzeich­nung von Produkten gibt es eine regelrechte „Vorschriften-Flut” auf EU-Ebene sowie unzählige formelle Gesetze und Rechtsver­ordnungen in Deutschland, die je nach Art und Zielgruppe des konkreten Produkts mehr oder weniger umfang­reich ausgestaltet sind. So müssen neben der Kennzeichnung mit verschiedenen Symbolen wie dem CE-Zeichen oder eben der hiesigen Abfalltonne zum Beispiel bei Arzneimitteln, Chemikalien, Spiel­­zeugen und Kosmetika auch bestimmte Warnhinweise zu Inhaltsstoffen, Verwendungs­zwecken oder zum sicheren Ge­brauch des betreffenden Produkts angebracht sein. Wieder andere Vorgaben gelten bspw. für Textilien und Lebensmitteln. Damit im „worst-case” weder „Ärger“ von Wettbewerbern noch die Verhängung von Bußgeldern einschließlich der Anordnung eines Vertriebsstopps durch die Marktüberwachungs­­behörden droht, sollten Unternehmen vor In-verkehrbringen ihrer Produkte ganz genau prüfen, ob deren Kennzeich­nung auch wirklich allen gesetz­lichen Anforderungen entspricht. 

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Ines Maier, LL.M.

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