Kommt die Reform des AGB-Rechts? Ein Blick in den Koalitionsvertrag

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 23. Mai 2025 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Am 5.5.2025 haben CDU, CSU und SPD den neuen Koalitionsvertrag unterzeichnet, welcher die Leitplanken der 21. Legislaturperiode vorgeben wird.


Am 5.5.2025 haben CDU, CSU und SPD den neuen Koalitionsvertrag unterzeichnet, welcher die Leitplanken der 21. Legislaturperiode vorgeben wird. In dem Koalitionsvertrag findet auch eine bereits seit längerem diskutierte Reform des AGB-Rechts Berücksichtigung. So heißt es bezüglich der Reform des AGB-Rechts ab Randnummer 2783 des Koalitionsvertrags:


„Wir werden das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) reformieren, um sicherzustellen, dass sich große Kapitalgesellschaften nach § 267 Absatz 3 HGB, wenn sie untereinander Verträge unter Verwendung der AGB schließen, darauf verlassen können, dass das im Rahmen der Privatautonomie Vereinbarte auch von den Gerichten anerkannt wird.“


Die Koalitionspartner beabsichtigen folglich, eine Reform umzusetzen, um großen Unternehmen, insbesondere Kapitalgesellschaften, mehr Rechtssicherheit bei der Nutzung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zu bieten – bzw. haben dies vor. 

Ziel ist es, im B2B-Bereich klare rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen, sodass die in den AGB enthaltenen Vereinbarungen auch vor Gericht anerkannt werden. Das soll dazu beitragen, Unsicherheiten und Streitigkeiten bei der Vertragsdurchführung zu verringern, insbesondere bei Geschäften zwischen großen Kapitalgesellschaften, die im Sinne des § 267 Absatz 3 des Handelsgesetzbuches (HGB) als Kapitalgesellschaften gelten.

Das rechtliche Fundament für AGB ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert, genauer gesagt in den §§ 305 bis 310 BGB. Für den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen (B2B) gelten dabei mit den in § 310 Absatz 1 und 1a BGB enthalten Ausnahmen spezielle Regelungen. Trotz dieser Regelungen kommt es in der Praxis häufig zu Unsicherheiten, weil Gerichte bei der Überprüfung der Wirksamkeit einzelner Klauseln sehr stark auf die konkreten Umstände des Einzelfalls eingehen sowie häufig den für Verbraucher geltenden Prüfmaßstab heranziehen. Das bedeutet, dass faktische Handelsbräuche nicht selten unberücksichtigt bleiben und die Rechtsprechung oftmals wenig Allgemeingültigkeit bietet, was für Unternehmen ein Risiko darstellt, da unklar ist, ob bestimmte Klauseln rechtlich Bestand haben. Diese Unsicherheiten können oftmals zu langwierigen und kostenintensiven Streitigkeiten führen und auch die Geschäftsbeziehungen nachhaltig belasten. 

Die geplante Reform soll diese Probleme beheben, indem sie die Rechtssicherheit bei der Verwendung von AGB für bzw. zwischen großen Kapitalgesellschaften deutlich erhöht. Zusätzlich soll die Reform dazu beitragen, das deutsche Rechtssystem im internationalen Geschäftsverkehr attraktiver zu machen, indem sie klare und verlässliche Rahmenbedingungen schafft.

Die genaue Umsetzung des geplanten Reformvorhabens wird im Koalitionsvertrag nicht beschrieben und bislang lässt sich auch noch nicht absehen, welche Änderungen von der Bundesregierung im Detail verfolgt werden. Es ist jedoch denkbar, dass eine Änderung des § 310 BGB – ähnlich der des 2021 erfolgten Zusatzes von Absatz 1a – vorgenommen wird, um Verträge zwischen großen Kapitalgesellschaften künftig stärker oder gar vollständig von der Kontrolle durch AGB-Regelungen auszunehmen. 

Wie vorausgeschickt hat die Koalition bereits jetzt die Zielgruppe des Reformprojekts benannt: Es sollen Verträge zwischen großen Kapitalgesellschaften im Sinne des § 267 Absatz 3 HGB betroffen sein. Diese Unternehmen zeichnen sich dadurch aus, dass sie mindestens zwei der folgenden drei Größenmerkmale überschreiten:
  • eine Bilanzsumme von 25 Millionen Euro
  • einen Jahresumsatz von 50 Millionen Euro
  • im Durchschnitt des Jahres mindestens 250 Mitarbeitende

Zusätzlich fallen auch kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften unter diese Regelung, wie sie in § 264d HGB definiert sind.

Doch wie genau die Ausnahmeregelung tatsächlich ausgestaltet werden könnte und wie sie alle relevanten Interessen berücksichtigen wird, bleibt abzuwarten. Schließlich darf nicht außer Acht gelassen werden, dass bei einer Ausnahme nur für große Kapitalgesellschaften gleichzeitig eine Diskriminierung von Unternehmen bestehen könnte, die nicht in den Anwendungsbereich des § 267 Absatz 3 HGB fallen. Zudem würden Ausnahmeregelungen für Geschäfte zwischen großen Kapitalgesellschaften bedeuten, dass die großen Kapitalgesellschaften gegenüber Ihren „kleineren“ Geschäftspartnern andere AGB verwenden müssten – dies würde zunächst einen praktischen Mehraufwand bedeuten. Und auch darüber hinaus könnte die praktische Umsetzung problematisch sein: Schließlich werden die für den § 267 Absatz 3 HGB maßgeblichen Zahlen nur bedingt und in der Regel nicht tagesaktuell veröffentlicht, sodass eine praktische Lösung zu finden ist. Dieser bedarf es, um die für die Marktteilnehmer erforderliche Transparenz und somit diesbezügliche Rechtssicherheit zu schaffen. ​​

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