Wandeldarlehen rechtssicher gestalten: Formfragen und Praxisempfehlungen

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​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 21. Mai 2025 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

Wandeldarlehen (engl. „convertible loans“) gelten nicht nur im Venture Capital Bereich in der Frühphase eines Unternehmens zu dessen Finanzierung, sondern auch zur Überbrückung kurzfristiger Liquiditätsengpässe als anerkanntes und beliebtes Finanzierungsinstrument. So bieten Wandeldarlehen eine schnell verfügbare und flexible Alternative zu klassischen Eigenkapital und Fremdfinanzierungen und ermöglichen eine rasche Beschaffung von Kapital unter vergleichsweise geringem Aufwand. Gleichzeitig bieten sie dabei den investierenden Darlehensgebern die Option und je nach Ausgestaltung der Wandeldarlehensvereinbarung die Pflicht ihr investiertes Darlehenskapital zu einem späteren Zeitpunkt in Eigenkapital und damit eine Beteiligung an dem darlehensnehmenden Unternehmen umzuwandeln. Hierzu enthält das Wandeldarlehen in der Regel die Vereinbarung, dass der Darlehensgeber gegen Abtretung seines Darlehensrückzahlungsanspruches an die Gesellschaft neue, im Rahmen einer künftigen Kapitalerhöhung zu schaffende Anteile an der Gesellschaft erhält. Aufgrund der Identität von Schuldner und Gläubiger erlischt der Darlehensrückzahlungsanspruch in Folge der Abtretung (sog. Konfusion). Der Darlehensrückzahlungsbetrag wird dabei gem. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB in die freie Kapitalrücklage des Unternehmens gebucht.

Über die formalen Anforderungen an den Abschluss von Wandeldarlehensverträgen insbesondere in Bezug auf Geschäftsanteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung („​GmbH”) wird bis heute in Rechtsprechung und Literatur kontrovers diskutiert. Insbesondere stellt sich die praktisch relevante Frage, ob bzw. in welchem Umfang für die Wirksamkeit solcher Vereinbarungen die notarielle Beglaubigung oder aber eine notarielle Beurkundung der Vertragsdokumentation (samt Nebendokumenten) erforderlich ist. 

Festhalten lässt sich zunächst, dass die Beantwortung dieser Frage in jedem Falle in Abhängigkeit der konkreten Ausgestaltung des Wandeldarlehens zu erfolgen hat.

Einigkeit besteht insoweit, als dass es einer notariellen Beurkundung gem. § 15 Abs. 4 GmbHG jedenfalls in den Fällen bedarf, in denen die Wandeldarlehensvereinbarung in Bezug auf Geschäftsanteile einer GmbH unter bestimmten Bedingungen eine Pflicht des Darlehensgebers zum Erwerb von Geschäftsanteilen oder zur Veräußerung von Geschäftsanteilennteilen vorsieht. Diese Fallgestaltungen enthalten typischerweise Regelungen, nach welchen der Darlehensgeber unter Bedingungen, deren Eintritt er nicht zu beeinflussen vermag, zur Wandlung seines Darlehensrückzahlungsanspruches verpflichtet ist und im Rahmen dieser Wandlung einer Gesellschaftervereinbarung beizutreten hat, welche wiederum gewisse beurkundungspflichtige Regelungen zum Anteilserwerbs- bzw. zu Veräußerungspflichten (bspw. Put- und Call Optionen, Tag- und Drag-Along Regelungen) enthält.

Bislang sowohl innerhalb der Literatur als auch innerhalb der Rechtsprechung umstritten ist hingegen die Frage, ob allein die Vereinbarung einer über ein reines Wandlungsrecht hinausgehenden Wandlungspflicht, d.h. einer Pflicht des Darlehensgebers zur Übernahme der im Rahmen einer künftigen Kapitalerhöhung neu zu schaffender Geschäftsnteile, das Formerfordernis einer notariellen Beglaubigung oder gar Beurkundung bedingt.

Zuletzt hatte sich hierzu seitens der Rechtsprechung in einer vielbeachteten und insbesondere von der Literatur stark kritisierten Entscheidung das OLG Zweibrücken (Urteil vom 18. September 2022 – 8 U 30/19) geäußert. Nach Auffassung des OLG Zweibrücken bedarf eine Wandeldarlehensvereinbarung dann einer notariellen Beglaubigung, wenn diese eine verbindliche Wandlungspflicht des Darlehensgebers vorsieht und es sich bei dem Darlehensgeber um eine gesellschaftsfremde Person handelt. Der in der Folge im Rahmen des bzgl. der vorgenannten Entscheidung des OLG Zweibrücken anhängigen Revisionsverfahrens (Beschluss vom 25. April 2023, Az. II ZR 96/22) mit der Entscheidung befasste BGH hatte die Rechtsfrage bedauerlicherweise nicht zu klären, wies jedoch im Rahmen seines Beschlusses darauf hin, dass der Übernehmer eines Geschäftsanteils nach der im Schrifttum überwiegenden Meinung eine auf die Übernahme gerichtete Verpflichtung formfrei eingehen dürfe, soweit der Übernehmer sich nicht zur Übernahme von Nebenleistungen gemäß § 55 Abs. 2 S. 2 GmbHG (bspw. korporationsrechtliches Aufgeld, Nachschusspflichten) verpflichte. Ergänzend wies der BGH darauf hin, dass die Rechtsauffassung des OLG Zweibrücken in der obergerichtlichen Rechtsprechung keine Stütze finde, sodass zumindest die Vermutung naheliegt, dass der BGH in der Frage der Anforderungen an die Form einer Wandeldarlehensvereinbarung eher der Ansicht der Literatur folgen würde. 

Ungeklärt bleibt die Formfrage bis dato schließlich auch hinsichtlich der Fallkonstellation, in der die Wandeldarlehensvereinbarung statt einer Wandlungspflicht lediglich ein Wandlungsrecht des Darlehensgebers und dabei keine Pflicht zum Beitritt zu einer Gesellschaftervereinbarung vorsieht.

Fazit

Im Ergebnis bedarf es stets einer Betrachtung der individuellen Ausgestaltung der Wandeldarlehensvereinbarung.

Auch in denjenigen Fallkonstellationen, in denen die Hinzuziehung eines Notares nicht ohne​hin aufgrund der oben genannten Gestaltungsoption zwingend erforderlich ist, sollte aufgrund der dem finanziellen und zeitlichen Vorteil einer privatschriftlichen Vereinbarung gegenüberstehenden schwerwiegenden Risiken und Folgen einer Formunwirksamkeit –​ sofortige Fälligkeit des Darlehensrückzahlungsanspruches und damit ggfs. einhergehend der Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung – im Sinne des Gebots des sichersten Weges weiterhin eine notarielle Beurkundung der Wandeldarlehensvereinbarung erfolgen.
Alternativ können Unternehmen und Investoren eine gesonderte Wandlungsvereinbarung abschließen. In der Darlehensvereinbarung wird dann lediglich das Recht, nicht aber die Pflicht zur Umwandlung geregelt. Die tatsächliche Umwandlung erfolgt in dem Fall später durch eine gesonderte, notariell zu beurkundende Erklärung.

Weiter könnte die Schaffung genehmigten Kapitals eine erwägenswerte Alternative zum Abschluss eines Wandeldarlehens bieten. Zwar bedarf auch die Schaffung genehmigten Kapitals einer notariellen Beurkundung, jedoch bietet das einmal geschaffene genehmigten Kapital der Geschäftsführung der Gesellschaft für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren die Möglichkeit das Stammkapital der Gesellschaft flexibel und mittels eines lediglich privatschriftlich zu fassenden Beschlusses der Geschäftsführung zu erhöhen.

Ein Aspekt, der ebenfalls nicht übersehen werden darf, ist die Frage der Formbedürfigkeit von Nebendokumenten wie Gesellschafterbeschlüsse oder Gesellschaftervereinbarungen. Diese spielen eine wesentliche Rolle bei der Umsetzung und Absicherung der Wandlung des Darlehens in Geschäftsanteile. Auch diesbezüglich richtet sich die Formbedürftigkeit nach ihrer inhaltlichen Gestaltung.

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