Grenzen des erlaubnisfreien Finanztransfergeschäfts: Onlinebestellung als Zahlungsgeschäft

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Aufgrund der Vereinfachung und Vereinheitlichung des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs durch die erste Richtlinie über Zahlungsdienste (Payment Services Directive, PSD) im Jahr 2007 und die anschließende Umsetzung der aufsichtsrechtlichen Vorschriften in nationales Recht, wurden neben üblichen Bankgeschäften wie Überweisungen, Lastschriften und Kartenzahlungen weitere Felder wie das Finanztransfergeschäft den neuen Regelungen des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) unterworfen.
 

Harmonisierung des EU-weiten Binnenmarkts für den Zahlungsverkehr

Für die Erreichung eines EU-weit funktionierenden Binnenmarkts auch auf der Ebene des Zahlungsgeschäfts war die Harmonisierung von 27 verschiedenen nationalen Rechtssystemen durch die EU erforderlich. So wurde auf Gemeinschaftsebene ein moderner Rechtsrahmen für Zahlungsdienste erreicht, um neben der Verbesserung des Wettbewerbs auch neuen Zahlungsdienstleistern den Zugang zum Markt zu gewährleisten sowie einheitliche Rechte und Pflichten von Zahlungsdienstnutzern und -leistern festzulegen.
 
Mit der Umsetzung der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments in deutsches Recht zum 31. Oktober 2009 wurde erstmals ein einheitliches nationales Rechtsgerüst für alle Arten von Zahlungsaufträgen geschaffen. Die Regulierungsdichte hat sich dadurch deutlich erhöht.
 
Neben den konventionellen Zahlungsdiensten wie dem Zahlungs- und Überweisungsverkehr erfassen die Erlaubnistatbestände des ZAG auch solche Geschäfte, denen auf den ersten Blick keine aufsichtsrechtliche Relevanz beizumessen scheint, da sie vermeintlich außerhalb des Finanzsektors liegen. So kann ein sog. Finanztransfergeschäft bereits bei einer Pizzabestellung mittels Onlinezahlung, bei der Überweisung einer Spende an einen gemeinnützigen Förderverein, der die Gelder turnusmäßig im Rahmen des Förderzweckes weiterleitet oder bei dem Einsatz von Tank- und Kundenkarten vorliegen.
 
Für die Erbringung eines Finanztransfergeschäfts ist die Entgegennahme von Geldbeträgen ausschließlich zur Weiterleitung an eine dritte Person (Zahlungsempfänger) tatbestandserfüllend, unabhängig davon, ob der Geldbetrag in bar, per Überweisung oder Verrechnung entgegengenommen wird. Damit rücken auch die Geschäftsmodelle von Nicht-Banken in den Fokus der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).
 

Ausnahmen von der Erlaubnispflicht

Bei dem Finanztransfergeschäft durch gemeinnützige Körperschaften und Stiftungen kann eine Erlaubnispflicht bei kleineren Organisationen bereits dadurch in Zweifel gezogen werden, dass diese keinen kaufmännischen Geschäftsbetrieb erfordern und damit materiell die Voraussetzungen eines Zahlungsdienstes schon nicht erfüllt sind. Zudem kann eine reine Vermittlertätigkeit vorliegen, die eine Bereichsausnahme darstellt.
 
Steht zu befürchten, dass das geplante Geschäftsmodell den Tatbestand eines Zahlungsdienstes erfüllt, richtet sich der Blick sogleich auf mögliche gesetzlich anerkannte Ausnahmefälle. Bei dem Einsatz von Tank- und Kundenkarten kann die Bereichsausnahme des Verbundzahlungssystems eingreifen, solange das Netz der Akzeptanzstellen hinsichtlich des Einsatzgebietes oder der zu beziehenden Waren und Dienstleistungen eng begrenzt ist.
 
Ob die Onlinebestellung zum Zahlungsdienst wird, hängt von der Struktur der Bezahlmöglichkeit ggf. unter Zwischenschaltung eines regulierten Dienstleisters ab.
 

Ausblick

Nicht nur im Segment des klassischen Finanzgeschäfts muss die Frage nach einer BaFin-Erlaubnis gestellt werden. Ob ein Geschäftsmodell, das Zahlungstransfers beinhaltet, erlaubnispflichtig ist, bedarf einer genauen Strukturanalyse. Auch aufgrund der aufkommenden Diskussion, die einen erneuten Anpassungsbedarf des Zahlungsdiensterechts im Hinblick auf die stetig zunehmenden Zahlungen im Internet in den Vordergrund stellt, sollte nach Alternativstrukturen gesucht werden oder gerade die Beantragung einer Erlaubnis in enger Abstimmung mit den Aufsichtsbehörden erwogen werden. Mit der Überarbeitung und Ergänzung der Zahlungsdiensterichtlinie durch die sog. PSD II, deren Umsetzung in einzelstaatliches Recht den EU-Mitgliedsstaaten nun aufgegeben ist, wird die Regulierung zusätzlich erweitert und bestehende Ausnahmetatbestände weiter eingeschränkt.
 
zuletzt aktualisiert am 25.01.2017

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Thomas Fräbel

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